„Da haste Dir ja was ausgesucht! Also, wir können uns diesen Schrottplatz ja gerne mal ganz kurz ankucken, aber dann suchen wir uns ein anständiges Restaurant!“ beschied mein holdes Eheweib, als wir vorsichtig über die zerborstenen und schief stehenden Betonplatten holperten und Schlaglöcher umkurvten, aus denen wir, sollten wir vielleicht hineinfallen, nicht ohne Leiter wieder heraus hätten klettern können. Ein verfallenes, vergammeltes altes Industriegebäude; verrostete Militärfahrzeuge, vom Kranwagen über Radpanzer und Kanonen bis hin zum alten Kettenfahrzeug. Und mit gelber Farbe aus der Sprühdose war auf eines der Fahrzeuge geschrieben: Restaurace. Mit verschmierten Pfeilen nach rechts.
Ich muss zugeben, auch ich hatte jetzt so meine Zweifel, und mutig holperten wir mit unserem alten Diesel in den Innenhof des Schrottplatzes. Und wie ein völliger Fremdkörper inmitten dieser Industriebrache stand es plötzlich vor uns, das renovierte Gebäude der Rodinný Pivovar Berounský Medvěd. Die Sonne schien, eine kleine Terrasse, die als Biergärtchen fungiert, die Menschen ließen es sich draußen gut gehen, obwohl es noch kalt war. Und obwohl direkt am Rand der Terrasse der Schrottplatz beginnt…
Drinnen der große Schankraum. Rappelvoll. Alle Tische eng besetzt; bestimmt hundert Leute. Ein gewaltiger Lärmpegel, Bombenstimmung, die Bedienungen schleppen große Tabletts mit großen Biergläsern durch die Menge; es riecht nach Schweiß, nach Bier und, leider, auch nach Rauch. Hier herrscht noch kein Rauchverbot.
Wir quetschen uns zu einer Gruppe mit an den Tisch und erfahren, dass man bei diesem herrlichen Wetter zwanzig Kilometer hierher gewandert sei. Und da der Rückweg genauso lang sei, müsse man sich nun natürlich erst stärken. Ich habe da so meine Zweifel, ob eine Stärkung in diesem Ausmaß wirklich hilfreich oder doch nicht eher kontraproduktiv ist, aber nach dem ersten Schluck des kräftig-herben Schwarzbiers Berounský Medvěd Tmavé verfliegen diese im Nu. Das Bier ist verdammt lecker. Pfeif‘ auf den Heimweg, schnell noch eins! Klepáček Polotmavé, ein würziges Braunbier, ist die nächste Sorte. Süffig und aromastark. Na, und eins geht noch, das Lord Světlé, ein helles Starkbier. Malzig und süffig, ein schweres, helles Bockbier.
Beschwingt und mit geröteten Wangen geht es zurück zum Auto; welch ein Glück, dass ich auf den Beifahrersitz darf, und in der warmen Nachmittagssonne vor mich hindösen. Vier weitere Biere hätte es noch gegeben, aber dann wäre es mir gegangen, wie den Wanderern an unserem Tisch, die mittlerweile selbst begonnen haben, daran zu zweifeln, ob sie problemlos die zwanzig Kilometer bis nachhause schaffen werden…
Doch bevor wir vom Hof fahren, sehe ich, dass die Hintertür zur Brauerei offensteht. Schnell noch ein Blick ins Sudhaus. Was für eine seltsame Konstruktion. Fast könnte man den Eindruck bekommen, ein begabter Installateur hätte aus den draußen herumstehenden Fahrzeugen die passenden Blechteile ausgeschnitten und zurechtgedengelt. Eine von einem Metallrahmen gehaltene Backsteinkonstruktion trägt die Kessel und Pfannen, die aussehen, als seien sie aus einfachem, verzinktem Blech. Rußspuren am der Esse unter den Kesseln deuten auf direkte Befeuerung hin. Ungewöhnlich. Aber die Biere haben es ja bewiesen: Das Produkt ist ausgezeichnet. Und mir ist eine etwas wunderlich konstruierte Brauerei mit exzellenten Bieren lieber als ein Hochglanzprodukt aus dem Katalog von Kaspar-Schulz, auf dem ein minderbegabter Brauer untrinkbaren Sudel produziert.
Die Familienbrauerei zum Berouner Bären, denn das heißt Rodinný Pivovar Berounský Medvěd, liegt etwa drei Minuten vom Bahnhof Berouns entfernt, ist also mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Wenn man mit dem Auto kommt, parkt man einfach zwischen den Panzern und Kanonen. Geöffnet ist täglich ab 10:00 Uhr mindestens bis Mitternacht. Und wen zu ungewöhnlichen Zeiten der Durst übermannt, der kann rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, beim Pförtner des Schrottplatzes 1,5-l-PET-Flaschen mit dem leckeren Berouner Bier erstehen. Eiskalt, frisch abgefüllt, alle sieben Sorten! Vorbildlich, wie hier auch an die gedacht wird, die vielleicht einmal morgens um halb vier mit trockener Kehle aus dem Schlaf aufschrecken!
Rodinný Pivovar Berounský Medvěd
Tyršova 135
266 01 Beroun
Tschechien
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