En Stoemelings
Brüssel
BEL

Reklame?*

Für einen Moment schauen wir etwas irritiert auf das verschlossene Tor mit der Nummer 37 mitten in einem gesichtslosen Gewerbegebiet im Norden Brüssels. Nichts deutet darauf hin, dass sich hier eine Brauerei befindet. Und noch viel weniger darauf, dass wir hier an einem frühen Sonntagmorgen irgendeiner Menschenseele begegnen werden, die uns weiterhelfen kann auf der Suche nach En Stoemelings, einer der jüngsten Brauereien in Belgiens Hauptstadt.

Wie aus dem Nichts steht plötzlich eine junge Dame zwischen uns, mit ein paar großen Plastiktüten bepackt. „En Stoemelings?“, fragt sie uns und fragen wir sie. Gleichzeitig. Wir müssen lachen.

Sophie Lepercq wird uns heute früh die Brauerei zeigen, und damit das nicht so fürchterlich trocken bleibt, stehen drinnen im Kühlschrank schon ein paar Biere für uns bereit, und für diese Bierprobe wiederum hat sie reichlich Käse und frisches Brot eingekauft. Fröhlich schwenkt sie ihre Plastiktüten, in denen genug Leckereien stecken, um eine halbe Hundertschaft Brauer durch einen kalten Winter zu bringen.

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En Stoemelings, Halle 37.10

Wir gehen durch das große Tor zu einer der Hallen weiter hinten, und erst dort sehen wir den ersten Schriftzug, der auf die Brauerei hinweist. Der Blick durch das Hallentor beweist: Hier wird nicht präsentiert, sondern gearbeitet. Ein buntes, aber nicht unstrukturiertes Durcheinander herrscht hier. Man kann im Eingangsbereich zwar Bier und Werbeartikel kaufen, aber in erster Linie geht es hier um den Brauprozess.

„Entschuldigt das Durcheinander“, sagt Sophie und packt Brot und Käse aus, öffnet das erste Bier und beginnt, zu erzählen. Denys Van Elewyck und Samuel Languy hießen die beiden Brauer, die En Stoemelings vor ein paar Jahren erst gegründet hätten. Als Hausbrauer hätten sie begonnen, mit einer 30-l-Anlage, aber dann rasch auf 250 Liter umgestellt. Die ersten kommerziell hergestellten Biere wären gut angekommen und hätten sich prima verkauft, erfahren wir.

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Papy Vandepils

Ein Schluck vom Papy Vandepils, einem recht leichten (nur 4,5% Alkohol) Pilsner mit ausgeprägter Hopfenaromatik und feinen, kräuterigen und leicht pfeffrigen Aromen, überzeugt uns davon, dass Denys und Samuel ihr Handwerk verstehen. Ein sehr schönes, gefälliges Bier, das nah genug am Mainstream ist, um Otto Normalbiertrinker nicht zu verschrecken, aber dennoch mit einem eigenen Charakter aufwartet.

Über zwei Crowd-Funding-Aktionen habe man sich dann aber schnell weiter vergrößert, fährt Sophie fort, zu erzählen, denn auch die 250-l-Anlage sei viel zu klein gewesen. Nun habe die neue Brauerei, in der wir stünden, eine Sudlänge von 18 hl, und die Lagertanks würden jeweils zwei Sude, also 36 hl fassen. Zweimal hintereinander würde gebraut, dann würde vergoren, sorgfältig gelagert, und schließlich auf Flaschen gefüllt.

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Vogelpik

Bevor wir uns auf einen kleinen Rundgang durch die Halle machen, probieren wir aber erst das zweite Bier, das Vogelpik. Der Name steht im Flämischen für Darts, und eine Darts-Scheibe ziert auch das Etikett. Ein belgisches Witbier soll es sein, allerdings kommt es dafür recht kräftig daher. Eigentlich hat es von allem zu viel, um ein echtes Wit zu sein. 6,0% Alkohol ist zu stark, der Koriander ist zu präsent, die Zitrusnoten zu dominant, die Spundung zu hoch. Und trotzdem: Es schmeckt hervorragend. Eben nur nicht dem eigentlichen Stil entsprechend. Vielleicht so eine Art Imperial Wit, schlagen wir scherzhaft vor. Ein sehr sympathisches Bier, aber wer es als Durstlöscher an einem heißen Sommertag wegzischen möchte, könnte überrascht sein.

Die blitzsaubere Brauerei gefällt uns. Wir lugen in die Bottiche und Pfannen, bummeln am Malzlager vorbei, schauen uns die Flaschenabfüllung von allen Seiten an und beäugen die Kartons mit den bereits abgefüllten Flaschen, die überall herumstehen.

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Moderne Kunst? Oder doch nur ein Maischebottich?

Ein Saison verkosten wir als nächstes, und zwar das 6,0%ige Tanteke. Ein stabiler weißer Schaum, eine kräftige und leicht phenolische Hefecharakteristik, ein solider Körper. Ein selbstbewusstes Bier, das mir persönlich richtig gut gefällt. Robust genug ist es, um den Kampf mit den würzigen Käsen und dem frischen, knusprigen Brot aufzunehmen. Sophie schneidet die Stücke zurecht, und wir lümmeln uns vor die kleine, etwas improvisierte Verkaufstheke, auf der sie die Leckereien anrichtet.

Herrlich: Kräftiger und aromatischer Käse, teils recht streng, aber immer begeisternd. Das ordentlich gespundete Saison vermag es, die Zunge frei zu spülen, mit der Kohlensäure das Fett zu neutralisieren und den Gaumen wieder frei zu machen für die nächste Käsesorte. Eine sehr schöne Kombination.

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Brot, Käse und Bier

Das Пушкин Project, ein dunkles Rauchbier, das wir als nächstes verkosten, passt ebenfalls gut zu Käse und Bier, aber auf eine ganz andere Art. Brachte das Saison Säure und Frische als Kontrapunkt, so liefert das 6,0%ige Пушкин Project eher herzhafte und rauchige, fast schon ins fischige (geräucherte Makrele!) abdriftende Aromen. Sehr schmackhaft, aber auch recht rasch sättigend. Eine nur auf solche Geschmäcker setzende Bier- und Käse-Verkostung wäre wohl recht rasch vorbei – zu saturierend wirken die intensiven sensorischen Erlebnisse und würden wohl schnell ermüden. Aber als interessante Kombination zwischendurch gefällt es uns schon gut.

Das Hoppy Madame mit nur 4,0% Alkohol tritt dann wieder leichter auf. Erneut ein belgisches Wit, aber von ganz anderem Charakter als das Vogelpik. Leichter, spielerischer, fruchtiger. Weniger Alkohol, und die Zitrus- und Fruchtaromen stammen auch eher von den verwendeten Hopfensorten (Saphir und Hüll Melon) als vom Koriander. Nach dem schweren Rauchbier ist es schön und erfrischend.

Das ist auch ganz wichtig, denn schließlich ist es immer noch früher Vormittag. Der Sonntag ist noch lang, und würden wir länger bei Bieren wie dem Пушкин Project hängen bleiben, könnten wir den Rest des Tages wohl streichen beziehungsweise ihn gut im Hotelbett verbringen, um uns vom Aromen-Overkill zu erholen.

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ein schöner Einblick in eine kleine und ehrgeizige Brauerei

Wir haben einen schönen Einblick in eine kleine und ehrgeizige Brauerei bekommen. 2013 erst haben Samuel und Denys sich entschlossen, im Verborgenen, flämisch En Stoemelings, ihre 30-l-Sude zu produzieren, und schon drei Jahre später, 2016, konnten sie ihre jetzige recht große Brauerei in Betrieb nehmen – eine sehr schöne Erfolgsgeschichte. Einen herzlichen Dank an Sophie, dass sie ihren Sonntagvormittag für uns geopfert und gemeinsam mit uns Käse, Brot und Bier verkostet und uns die Brauerei gezeigt hat.

Die Brauerei En Stoemelings ist montags bis freitags zwischen 10:00 und 17:30 Uhr geöffnet, man kann dann die Biere und ein paar Werbeartikel wie T-Shirts direkt vor Ort erwerben und vom Verkaufstresen aus einen Blick in die Brauerei werfen. Mit der Metro (Linie 6, Haltestelle Pannenhuis) kommt man bis auf 400 m an die Brauerei heran, hat dann also nur noch fünf Minuten Fußweg vor sich.

Bilder

En Stoemelings
Rue Dieudonné Lefèvre 37
1020 Brüssel
Belgien

* Reklame? Es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Berichte in meinem Blog als Reklame verstanden werden können. Im Zweifelsfall sollte ein Blogbeitrag also entsprechend gekennzeichnet werden. Daher: Der Besuch in der Brauerei En Stoemelings und die Bier-, Brot- und Käseverkostung wurde mir ermöglicht und gesponsort von #VisitFlanders, der Touristenorganisation für Flandern und Brüssel. Ich sage für diese einzigartige Gelegenheit herzlichen Dank.

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