Maison Høps
Orléans
FRA

Die Gebäude in der Altstadt von Orléans atmen Geschichte. Uralte Natursteinbauten, Holzbalken, die der Ewigkeit zu trotzen scheinen, Inschriften aus dem Mittelalter, Spuren von alten Schlachten. Persönlich schaue ich lieber in die Zukunft als in die Vergangenheit, denn erstere kann ich mitgestalten und beeinflussen, wohingegen letztere unveränderlich daliegt und nur analysiert und nicht geformt werden kann, aber trotzdem kann ich mich der Faszination der Jahrhunderte nicht entziehen.

Noch größer wird die Faszination, wenn in einem der mittelalterlichen Steinhäuser ein kleines Schaufenster den Blick auf ein Regal voller Bierflaschen und -dosen freimacht, wenn hinter der Glasscheibe Menschen sitzen, die die unterschiedlichsten Biere genießen, und wenn ich ganz hinten eine kleine Theke entdecke, hinter der ein Barmann steht, der mit Freude seinen Gästen die spannendsten Kreationen serviert.

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Maison Høps

Das Maison Høps, vor dem wir gerade stehen, hat im Januar 2019 erst eröffnet und verleiht dem alten Gebäude neuen Glanz. Nur ein dezentes schwarzes Schild mit schlichtem, weißem Schriftzug weist auf den bezaubernden Bierladen hin, und auch die Panoramascheibe unter dem sich unter der Last der Jahrhunderte nach unten wölbenden Eichenbalken trägt nur ganz dezent einen kleinen Schriftzug: Maison Høps.

Neugierig drücken wir die Tür auf und stehen unmittelbar zwischen den Regalen und kleinen Tischen. Links und rechts stehen Flaschen und Dosen wie Pokale in den Regalfächern, jede einzelne liebevoll ausgerichtet, beschriftet und präsentiert. Wir schauen von einer zur anderen und sind überrascht: Dass es in kleinen Bierfachgeschäften keine Industriebiere gibt, ist selbstverständlich, aber hier gibt es nicht einmal die großen Marken der Craftbierszene, sondern nur ganz seltene, dafür aber mit besonderer Sorgfalt ausgewählte Biere. Bei den meisten von ihnen habe ich noch nicht einmal den Namen der Brauerei gehört, geschweige denn den des jeweiligen konkreten Biers.

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in den Regalen stehen – sorgfältig sortiert – die besten Biere

Mit großen Augen treten wir an die kleine Theke heran und nehmen auf den Barhockern Platz. Sechs Zapfhähne zählen wir – nicht gerade viel. Und aus einem davon läuft nur frisches Wasser. Gerade einmal fünf verschiedene Fassbiere, also. Kleine Holzleisten auf der Wand hinter der Theke tragen Holzbuchstaben, und sorgfältig sind dort die fünf Sorten angeschrieben, zwischen denen wir heute wählen können. Bellenaert, Northern Monk, Popinh, Siren und Third Circle sind die Brauereien, und die Stile reichen von Bitter und IPA über Porter bis zum Barley Wine.

Wir schauen uns an und nicken anerkennend. Eine winzige, aber umso sorgfältigere Auswahl.

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eine schöne, wertige Getränketafel

Freundlich fragt uns der junge Barmann, ob wir schon gewählt hätten, oder ob wir etwas Beratung möchten. „Ach, wir probieren uns jetzt einfach mal durch“, entgegnen wir und bestellen das BelleBlond, ein Flemish Bitter der Brasserie Bellenaert mit 5,9%, und das Chasing Shadows, ein Belgian Porter der Third Circle Brewery mit 5,6%.

Der Barmann greift in das Gestell über sich und nimmt zwei Teku-Pokale heraus, zapft uns sorgfältig die beiden Biere und stellt sie vor uns hin. „Lasst es Euch schmecken. Wenn Ihr Fragen zu den Bieren habt, dann gebt Bescheid!“

Während er sich um die anderen Gäste an den kleinen Tischen im Schankraum kümmert, verkosten wir die beiden Biere. Das BelleBlond gefällt uns mit einer netten Kombination mit ganz leicht fruchtigen, estrigen Aromen und einer kräftigen, klassisch kräuterigen Bittere, wie sie ein britisches Bitter auszeichnen würde. Die Farbe vielleicht etwas zu hell, der Schaum etwas zu viel, aber vielleicht sollten wir uns auch von der Erwartungshaltung eines klassischen Bitters lösen und einfach nur die kreative Kombination der Aromen würdigen. Und die gefällt durchaus sehr. Ein wirklich schönes Bier.

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Brasserie Bellenaert – BelleBlond – Flemish Bitter

Das Chasing Shadows ist ebenfalls ein Crossover – die klassischen Porteraromen treffen auf den phenolischen Charakter einer belgischen Hefe, der ganz dezent einen wilden, ungestümen Akzent in das Bier setzt. Sehr interessant.

Der Barmann beobachtet einen Moment, wie wir fachsimpeln, und wir kommen rasch mit ihm ins Gespräch. Er erzählt uns ein wenig über die noch kurze Geschichte des kleinen Bierladens mit Ausschank, davon, dass er sehr viel Wert darauf lege, nur Biere anzubieten, die er auch selbst verkostet und für gut befunden habe, und dass es jedes Bier, dass er vom Fass ausschenke, auch in Dose oder Flasche zum Mitnehmen gebe. Zu schade sei es schließlich, wenn Gäste auf den Geschmack gekommen seien und das Bier dann nicht mitnehmen könnten. „Seht her“, zeigt er auf das Regal neben der Theke. „Die Biere sind separat mit einem schwarzen Punkt und der Nummer des Zapfhahns gekennzeichnet!“

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ein schwarzer Punkt kennzeichnet die Biere, die es gerade auch vom Fass gibt

Er könnte bestimmt noch viel erzählen, aber der kleine Laden ist ein Ein-Mann-Betrieb, und so muss er schon wieder losflitzen und die anderen Gäste versorgen, jedoch nicht, ohne uns noch zwei weitere Biere gezapft zu haben.

Das mit 4,5% relativ leichte Session IPA von Northern Monk, das Patrons Project 18.02, gefällt uns sehr gut. Eine gleichmäßige, strohgelbe Trübung, ein feiner, weißer Schaum, fruchtige Aromen und durch den reichlich verwendeten Hopfen ein erstaunlich starker Geschmack – wir merken gar nicht, dass dieses Bier leichter als ein handelsübliches Alltags-Helles sein soll.

Genauso spannend, wenn auch von ganz anderem Charakter, das 7,0%ige Oatmeal IPA der Brasserie Popihn. Kräftige Hopfennoten, ein kräftiger Malzkörper – die typischen IPA-Charakteristika dominieren. Hinzu kommt aber eine feine, seidige Textur vom Hafer. Hafer in einem hellen Bier? Das gibt es noch nur recht selten, meistens sind es ja doch Oatmeal Stouts, in denen dieses Getreide eine Rolle spielt.

Hochzufrieden sind wir mit dem kleinen Lädchen nebst Ausschank. Wenn wir von unserem etwas übertrieben deftigen Mittagessen im 3 Brasseurs Saran doch nur nicht immer noch pappsatt wären… Nicht nur, dass wir vor lauter Ranzenspannen noch gar keinen rechten Durst entwickelt haben, nein, auch die schönen, kleinen Käse- und Wurstbrettchen, die hier zum Bier serviert werden, müssen wir ans uns vorübergehen lassen. Zu schade…

Ein Kleinod haben wir hier entdeckt. Eine feine und sehr edle Probierstube. Ein Fachgeschäft, dem Qualität über alles geht und das sein genussfreudiges und zahlungskräftiges Publikum gefunden hat. Ja, die Preise sind nicht niedrig, wahrlich nicht, aber die Qualität hat ihren Preis.

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die Auswahl fällt schwer

Wenn wir auch nicht mehr weitertrinken können (geschweige denn essen), so nehmen wir uns aber doch eine ganz besondere Bierspezialität als Andenken an diesen wunderbaren kleinen Laden mit, und zwar das Bon Vivant – Bière de Garde – Vieillie en Barrique de Nuit-Saint-George. Ein fassgereiftes Bier der Brasserie au Baron. Es wird noch rund einen Monat dauern, bis wir dieses achtprozentige Bier daheim im Wohnzimmer ganz bewusst genießen, aber es wird uns rundum begeistern in seiner Komplexität und Ausgewogenheit. Eine perfekte Empfehlung!

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am Abend können wir hier das Bier auch im Freien genießen

Beschwingt und zufrieden bummeln wir wieder zum Hotel zurück – ein wunderbarer Zufallsfund mitten in der Altstadt von Orléans. Hoffen wir, dass dieser kleine Laden mit seinem Konzept nachhaltig Erfolg hat und dass er noch existieren wird, wenn wir wieder einmal in diese hübsche Stadt kommen. Eine ganz große Bierempfehlung!

Das Spezialbiergeschäft mit Probierstube Maison Høps ist freitags und sonnabends ab 11:00 Uhr vormittags durchgehend geöffnet. Neben fünf Fassbieren gibt es zahlreiche Dosen und Flaschen, auch zum Mitnehmen, dazu sorgsam ausgewählte Käse- und Wurstsorten. Vor dem kleinen Geschäft kann man auch draußen sitzen; bei schlechtem Wetter mit Heizpilzen. Zu erreichen ist das Lädchen mit der Straßenbahn, Haltestelle Royale-Châtelet, und vor dort, wenn man den Weg im Zickzack durch die Altstadtgässchen findet, in drei Minuten zu Fuß.

Bilder

Maison Høps
5 Place Louis XI
45 000 Orléans
Frankreich

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