Verdrießlicher Nieselregen, der nur ganz langsam nachlässt. Von der Innenstadt aus grobe Richtung Westen. Lustlos schlappen wir die Fürther Straße entlang. Der Verkehr tost an uns vorbei, das Ambiente wird immer ungemütlicher. Zerschlagene Schnapsflaschen auf dem Bürgersteig, zwielichtige Typen in den Hauseingängen.
So richtige Kiez-Stimmung will nicht aufkommen, wir sind weder in Hamburg noch in Berlin, und hier, in der fränkischen Provinz, in ihrer Provinz-Metropole, wirkt das wie gewollt und nicht gekonnt. Die Gesichter werden länger.
Da, endlich, unser Weg zweigt ab, und es geht weiter in den Stadtteil Gostenhof hinein. Die Atmosphäre wird besser, die Farben wieder bunter, die internationale Mischung ebenfalls. Die schönen Seiten des Multi-Kulti kommen zum Tragen. Mit polyphoner arabischer Musik als Klingeltönen melden sich die Mobiltelefone aus den Taschen der Passanten, es riecht nach Sandelholz und Knoblauch.
Und dann taucht sie auch schon vor uns auf – die Schanzenbräu Schankwirtschaft. Der Biergarten im Nieselregen zwar im satten Grün, aber völlig verwaist. Dafür die Gaststube um so gemütlicher. Dunkle Holzpanele, wie in einer Bahnhofsgaststätte der sechziger Jahre. Die Wände darüber roh und unbehandelt. Karl Marx grüßt mit einem Bier in der Hand. Die Gäste sitzen an Resopal-Tischen und auf einfachen, alten Stühlen. Eine junge Kellnerin wuselt zwischen den Tischen hin und her und serviert aus lustigen blauen Emaille-Töpfen („Nein, liebe Rechtschreib-Korrektur, nicht eMail, sondern Emaille!“) rote Linsensuppe. Eine dicke Scheibe Brot dazu, mit leuchtend gelber Serviette, verschnürt mit einem bunten Bändchen.
Farben scheinen eine große Rolle zu spielen, denn auch das Bier kommt bunt daher. Blondes, rotes, schwarzes Bier. Nicht gefärbt, auch nicht mit Fruchtzusatz, wir sind hier nicht in Belgien, sondern nur mit unterschiedlichen Malzen gebraut. Im Nu beginnen die Gäste, die bunten Biere zusammenzustellen. Die deutsche Flagge, die belgische, die spanische. Würde man genug trinken, könnte man wahrscheinlich auch ein Mosaik des Münchner Kindls oder des preußischen Adlers aus den Gläsern zusammensetzen.
Ein Bier schmeckt besser als das andere, aber nach Meinung der Mehrheit sticht das Rotbier doch deutlich nach oben heraus. Das Auge trinkt mit. Was so schön rot leuchtet, muss einfach besonders gut schmecken.
„Da oben auf der schwarzen Tafel steht ‚Weißer Franke‘, mit dem können wir bestimmt noch Pastelltöne in unser Mosaik mischen!“, heißt es humorig. Die Pastelltöne bringt der Weiße Franke dann aber auf seinem Etikett schon von selbst mit. Ein rosa Hintergrund, mit immer neuen Pastellfarben abgesetzt, davor der Heilige Georg als Ritter auf einem weißen Pferd, eine leuchtend blaue Pferdedecke, der sterbende Drache in giftgrün.
Nur die junge Kellnerin scheint mit ihrer vorwiegend schwarzen Kleidung in der Kakophonie der Farben nicht mitspielen zu wollen. Das ist aber egal, denn ihr Lächeln überstrahlt auch die grellsten Farben des Weißer-Franke-Etiketts.
Und die positive Überraschung ganz am Schluss: So wenig Geld für so viel Bier und leckeres Essen. Und das Lächeln der Kellnerin gab es sogar gratis!
Die Schanzenbräu Schankwirtschaft liegt mitten im Stadtteil Gostenhof und ist täglich außer montags von 11:00 bis 01:00 Uhr durchgehend geöffnet. Von der S-Bahn-Station Rothenburger Straße aus sind es drei Minuten zu Fuß, vielleicht vier. Fahrrad ist auch sehr beliebt. Die Anfahrt mit dem Auto ginge theoretisch auch, es sind nur wenige Meter vom Frankenschnellweg, aber Stau und Parkplatznot dämpfen die Begeisterung des Kraftwagenlenkers rasch.
Schankwirtschaft der Brauerei Schanzenbräu GmbH & Co KG
Adam Klein Straße 27
90 429 Nürnberg
Bayern
Deutschland
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