Das Blaubeurer Brauzentrum war Gastgeber der Haus- und Hobbybrauertage 2013 der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer Deutschlands und hatte dafür mit dem Konferenzzentrum Hessenhöfe, nur wenige Kilometer nördlich von Blaubeuren, eine sehr schöne Infrastruktur gefunden. Ein großer Saal für die Hauptversammlung und den Hausbrauerabend mit einer sehr guten Beschallung, ein Betreuungsbereich mit Bistro, viele Parkplätze, und zahlreiche Teilnehmer an den HHBT konnten sogar direkt hier untergebracht werden. Dazu zwar ein schon herbstlich-trübes Wetter mit bedecktem Himmel, aber noch erträglichen Temperaturen und vor allem: Kein Regen.
Ideale Bedingungen also.
Der Freitag, der 27. September 2013, begann – natürlich – mit der Anmeldung und der Abgabe des selbstgebrauten Biers für den Wettbewerb, und danach konnte im Blaubeurer Ortsteil Sonderbuch das Blaubeurer Brauzentrum besichtigt werden. Mitten im Ort befindet sich das Bräustüble, eine kleine, unprätentiöse, aber gemütliche Kneipe mit freundlicher Bedienung, in der die Biere der Marke Pumator aus dem Brauzentrum ausgeschenkt werden. Ein verhältnismäßig dunkles Helles, ein Bier im Oktoberfest-Stil, ein Weizen und ein ungemein sämiges, aber überraschend helles Roggenbier waren im Ausschank und konnten verkostet werden.
Die sich anschließende Brauereibesichtigung war ebenfalls sehr schön: Unauffällig in einer ehemaligen Fleischerei in zweiter Reihe, zweihundert Meter vom Bräustüble entfernt, befindet sich die in großen Teilen selbst konstruierte Brauerei. In verschiedenen Edelstahlbehältern werden hier die Pumator-Biere gebraut, vergoren und in einem großen Kühlraum gelagert, und nebenbei wird ständig an der Erweiterung der Brauerei gearbeitet – geplant, gebastelt, geschweißt, geschraubt, gebohrt und gedengelt. Und natürlich auch getrunken – zwar nicht bei der Arbeit, aber danach.
Nach diesem schönen Auftakt fand am späteren Nachmittag in den Hessenhöfen das Verkostungsseminar statt. Unter Leitung von Roland Singer und mit Unterstützung von Walter Geißler wurden – in deutlich professionellerer Weise als in den Vorjahren – fünf Referenzbiere verkostet, die auf die drei Kategorien des morgigen Wettbewerbs einstimmen und vorbereiten sollten: Spezial Hell, Roggenbier und Weizenbock Dunkel. Auch wenn die Disziplin der Seminarteilnehmer wie üblich etwas zu wünschen übrig ließ (es gab im Vorfeld wohl schon das eine oder andere Bier zu viel…), war es ein sehr systematisch aufgebautes Seminar. Großes Lob!
Mit einer deftigen Brotzeit vom Büffet begann dann die Jahreshauptversammlung. Neben den üblichen, durch die Satzung vorgeschriebenen Abschnitten waren drei Dinge erwähnenswert:
Roland Singer, der nach mehr als 15 Jahren im Amt des Kassierers sich in Zukunft mehr der Verkostung und dem Hausbrauwettbewerb widmen möchte (und der im Seminar schon unter Beweis gestellt hatte, dass er das wirklich gut kann, „es einfach drauf hat“!), stellte sein Amt zur Verfügung. Bereits im Vorfeld hatte sich Peter Götze als einziger Kandidat für diesen Posten zur Verfügung gestellt (manch lästerliche Stimme behauptete, er sei shanghait worden) und wurde, zwar in Abwesenheit, aber mit Vorliegen einer schriftlichen Erklärung, mit allergrößter Mehrheit zu Rolands Nachfolger als neuer Kassierer gewählt.
Der zweite erwähnenswerte Teil der Jahreshauptversammlung war die lebhafte Diskussion über den zukünftigen Modus des Hausbrauwettbewerbs und die Auswahl der Bierkategorien. Vom leidenschaftslosen Auslosen über durch unverändert durch den Vorstand bestimmte Kategorien bis hin zur völligen Freigabe aller Bierstile („Free Style“) gingen die Argumente, und die spannende Diskussion wurde lediglich durch einen Teilnehmer gestört, der sein fehlendes Niveau durch eine Tirade der Intoleranz für das Reinheitsgebot und gegen Fernsehbiere unter Beweis stellte. In einem Rundumschlag verband er Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, zu wunderlichen Argumentationsketten und wetterte schließlich noch in geradezu nationalistischer Weise gegen die – und jetzt muss ich zitieren – „verfickten amerikanischen Hopfen“, die „einen Scheiß taugen“, und die „wir in Deutschland mit unserem Reinheitsgebot gar nicht nötig haben“.
Von distanziertem Amüsement bis zu angewiderten Buhrufen reichte die Reaktion der anderen Anwesenden, und der Vorsitzende Markus Metzger vermochte es nur mit viel diplomatischem Geschick, eine Eskalation der Diskussion zu vermeiden.
Nachdem der Friede wieder hergestellt war, konnte die Jahreshauptversammlung weiter geführt werden und – als dritter erwähnenswerter Sachverhalt – der Ausrichtungsort der Haus- und Hobbybrauertage 2014 bekanntgegeben werden: Die Gasthausbrauerei Schmitz-Mönk in Willich-Anrath in der Nähe von Düsseldorf wird vom 26. bis zum 28. September 2014 Gastgeber der Veranstaltung sein. Zwar war im Vorfeld diese Information schon im Internet durchgesickert, aber für die Masse der anwesenden Hausbrauer war es eine neue Nachricht, die mit Anerkennung und Vorfreude aufgenommen wurde.
Nun konnte die Jahreshauptversammlung mit kleineren Diskussionsbeiträgen zu ihrem ordentlichen Ende geführt werden, und der Abend klang bei zahlreichen selbstgebrauten Bieren langsam aus.
Der Sonnabend begann mit der Vor- und der Hauptverkostung; leicht gesundheitlich angeschlagen und seines Geruchs- und Geschmackssinnes vorübergehend beraubt musste sich der Chronist aus diesem Abschnitt der Haus- und Hobbybrauertage jedoch zurückziehen und beginnt daher seine Berichterstattung erst wieder mit dem Programm des frühen Nachmittags:
Traditionsgemäß fand wieder ein kleiner Hausbrauermarkt statt, und mehrere Aussteller, von Speidel bis Braupartner, vom Fachverlag Hans Carl bis Hopfen und mehr, boten den Hausbrauern Literatur, Rohstoffe oder ganze Brauanlagen an.
Gegen 14:00 Uhr fuhr dann der Bus zur Brauereibesichtigung nach Ehingen, in den dortigen Ortsteil Berg, zur Bergbrauerei Ulrich Zimmermann. In zwei Gruppen aufgeteilt bekamen wir hier eine ausführliche Führung durch eine grundlegend neu aufgebaute und hervorragend renovierte Brauerei, die neben ihrem Ulrichsbier, einem malzigen, leicht dunkel gefärbtem Bier, auch durch sage und schreibe zwölf weitere Biersorten bekannt ist. Wir bekamen Gelegenheit, das naturtrübe und sehr hopfig-herbe Kellerpils direkt aus dem gewaltigen ZKG zu zwickeln, und konnten uns dann auch Flaschen mit Würze aufspeisen, auf dass im Rahmen der häuslichen Flaschengärung nun ein ordentliches Hefeweizen daraus werde. Zu Vergleichszwecken gab es auch eine „richtige“ Flasche Hefeweizen zum Mitnehmen, und im Bräustüble verkosteten wir noch das Ulrichsbier. Eine schöne Brauereibesichtigung, die die Anfahrt von über zwanzig Kilometer sicherlich wert war.
Wie jedes Jahr war die sich anschließende Siegerehrung auch gleichzeitig der Startschuss für die Verkostung der selbstgebrauten Biere, und in Windeseile wurden Fässer und Flaschen aus den Autos und Hotelzimmern geholt, um sie verkosten zu können. Ob Pumpernickel Porter, hopfengestopftes India Pale Ale, Whisky Ale mit Brettanomyces Hefe oder einfach nur ganz normales Helles – es war wieder für jeden Geschmack etwas dabei, und im gleichen Maße, wie der Alkohol die Zunge löste, nahmen auch die Diskussionen und Biergespräche an Intensität zu. Wie üblich ging es wieder lange hoch her…
Erwartungsgemäß – und dieser Satz ist für den Chronisten mittlerweile schon zur Routine geworden – ging es am Sonntagmorgen beim Fachvortrag etwas ruhiger und gemäßigter zu. Der eine oder andere hatte schon abreisen müssen, und die vor Ort verbliebenen Interessierten kämpften trotz ihres inhaltlichen Interesses mit den Auswirkungen der Bierverkostung vom Vorabend. Trotzdem: Der Vortrag von Herrn Andrea Fadani vom Brotmuseum Ulm über historische Getreidesorten war spannend und informativ.
Mit einigen noch notwendigen Abstimmungsgesprächen mit dem Vorstand insbesondere über eine mögliche Zusammenarbeit der deutschen mit der polnischen Hausbrauervereinigung gingen die Haus- und Hobbybrauertage 2013 dann gegen Mittag zu Ende. Herzlichen Dank an die Organisatoren, und bis zum Wiedersehen nächstes Jahr in Willich-Anrath!
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