Deutschlands südlichste Brauerei, die Oberstdorfer Dampfbierbrauerei Ch. + M. Venzky, präsentierte sich am 13. März 2008 wie immer – rappelvoll mit Touristen, Kurzurlaubern und einigen wenigen Einheimischen. Zum Teil recht adrette, aber ein wenig kurz angebundene Bedienungen servieren ordentliche Portionen kräftigen Essens – keine „Haute Cuisine“, sondern auf Kücheneffizienz getrimmte und rasch sättigende Allerweltsgerichte, schnell mit ein bisschen Schnickschnack für’s Auge hergerichtet, egal, ob die Garnierung geschmacklich passt oder nicht…
Die Brauanlage steht dekorativ mitten im Raum, direkt gegenüber der kleinen Bühne, auf der – wie jeden Donnerstag? – ein Alleinunterhalter mit Pseudo-Folklore die Ohren der Gäste malträtiert und verzweifelt zum Mitschunkeln animiert. Neben der Bühne die Gärbottiche, hinter Glas natürlich, damit jeder die schönen Kräusen der offenen Gärung bewundern kann.
Das Bier, das ich heute verkostete (als Autofahrer mal wieder nur eine Sorte und nur ein kleines Gläschen), war nichts Besonderes: Ein Dunkles mit viel zu hoher Restsüße, kaum bis fast gar nicht gehopft und nach meiner Meinung noch nicht lange genug gelagert – es schmeckte noch ein wenig „grün“.
Aber auch, wenn diese Beschreibung wie ein Verriss klingt – auf ein Glas Bier oder zu einem gemütlichen Allgäuer Abend kann man trotzdem immer mal wieder herkommen. Touristenidyll halt – man weiß, worauf man sich einlässt.
Nachtrag 18. März 2008: Und ein kleines Post Scriptum sei mir gestattet: Am 18. März 2008, gerade fünf Tage später, hatte ich – was für ein Zufall – noch einmal die Gelegenheit eines Besuchs. Und diesmal war das Essen ohne Schnörkel und als regionale Spezialität exzellent. Allgäuer Kässpatzen, wie sie besser kaum sein können!
Das Bier jedoch (diesmal das Helle und das Weizen) wirkte erneut wie noch nicht ausgegoren – ob hier die Lagerkapazität mit dem Umsatz wohl nicht mithalten kann?
Nachtrag 11. August 2019: Elf Jahre später. Eine lange Wanderung liegt hinter mir, der Bahnhof vor mir. Es ist aber noch viel Zeit, bis der nächste Zug fährt. Ohne Hunger und mit nur begrenztem Durst setze ich mich auf die Terrasse der Oberstdorfer Dampfbierbrauerei und freue mich, in der Karte die Möglichkeit zu entdecken, alle drei „Dampfbierspezialitäten“ auf einmal verkosten zu können – drei Mal 0,2 Liter.
Der freundliche und aufmerksame Service bringt die Bierprobe blitzschnell und wünscht fröhlichen Genuss. Der Stil der Bierprobe bleibt allerdings auf der Strecke. Während andere Kleinbrauereien dafür ein extra Servierbrettchen und besondere Gläser haben, gibt es hier drei schmuck- und reizlose Becher ohne Pep auf Bierdeckel gestellt. Kann man machen, und erfolgt auch immerhin mit freundlichem Lächeln, ist aber wenig attraktiv.
Aber konsequent, denn auch die Biere sind … wenig attraktiv. Nicht schlecht gebraut oder gar fehlerhaft, aber eben nur solide und robuste Alltagsbiere. Nicht abstoßend, nicht hässlich, nicht unangenehm, aber ohne Pfiff und den geringsten Versuch, sich ein bisschen äußerlich, geschmacklich oder aromatisch attraktiv zu präsentieren. Selbst bei „Bauer sucht Frau“ peppt sich der Oberallgäuer Junglandwirt doch ein wenig auf, duscht sich, nachdem er den Stall verlassen hat, zieht eine frische Trachtengarnitur an und sprüht sich einen Hauch Kölnisch Wasser auf die Wangen. Zum sexiest Man alive reicht es dann zwar immer noch nicht, aber man sieht, dass er sich Mühe gibt. Und genau dieser Ansatz täte den Bieren hier vielleicht auch gut.
Oberstdorfer Dampfbierbrauerei Ch. + M. Venzky
Bahnhofplatz 6-8
87 561 Oberstdorf
Bayern
Deutschland
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