MAX + MUH Weiden
Weiden
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Man kann Menschen genauso gut konditionieren wir Tiere, stelle ich fest. Man nehme sich etwas Zeit und gebe sich etwas Mühe, und auf bestimmte Begriffe reagiert das Tier oder der Mensch, ohne dass es dazu einer wie auch immer gearteten bewussten Handlung bedarf. Iwan Petrowitsch Pawlow hat das mit Hunden gemacht, die nach entsprechender Konditionierung bereits auf ein Glockensignal hin mit verstärktem Speichelfluss reagierten, noch lange bevor das mit der Glocke angekündigte Leckerli serviert worden war – wohl jeder kennt den Pawlow’schen Hund aus der Schule.

Und Menschen?

Ein Spaziergang am 31. Mai 2018 durch Weiden in der Oberpfalz. Ein kurzer, geführter Stadtrundgang. Wir hören hier etwas über eine alte Poststation, dort etwas über eine Jugendstilkirche. Im Augenwinkel wird ein Schriftzug sichtbar: „Bräustüberl“. Wie von selbst lenken sich die Schritte in Richtung des Schriftzugs. Speichelfluss setzt ein. Die wortreichen Erklärungen des Stadtführers werden bedeutungslos, verschmelzen mit den Geräuschen der Stadt zu indifferentem Hintergrundrauschen. Bräustüberl!

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Bräustüberl!

Erst direkt vor dem Gebäude löst sich der Zwang wieder auf. Nein, keine Brauerei. Lediglich eine Burger-Braterei, die den offensichtlich früher einmal zutreffenden Schriftzug beibehalten hat. MAX + MUH heißt der Laden, Bräustüberl steht zwar noch dran, gebraut wird hier aber nicht mehr.

Enttäuschung macht sich breit, ich will schon wieder umkehren, doch bevor ich mich abwende, werfe ich noch schnell einen Blick auf die Speisen- und Getränkekarte im Glaskasten. Eine DIN-A-4 Seite voller Biere. Es macht Klick, und fortan kann sich der Stadtführer noch so viel Mühe geben – ab jetzt gilt es nur noch, das Ende seiner Vorträge abzuwarten und dann hier einzukehren…

Die Stadtführung ist vorbei, rasch kehren wir zum MAX + MUH zurück. Ein kurzer Blick in die Gaststube: Hier sieht es tatsächlich noch wie in einem klassischen bayerischen Bräustüberl aus. Dunkle Holzmöbel, ein Geweih an der Wand. Auf den zweiten Blick aber wird deutlich, dass es sich um einen Rinderschädel handelt, nicht um einen Hirsch. Auch der Käfig im Eingangsbereich, der Biere, Gläser und Krüge präsentiert, würde nicht so ganz in ein altmodisches Bräustüberl passen, fügt sich aber trotzdem in eine einladende und harmonische Atmosphäre ein.

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rustikale Bierstüberl-Atmosphäre drinnen

Aber das Wetter ist heute gar zu schön, und so setzen wir uns stattdessen in das kleine Biergärtchen auf der gegenüberliegenden Seite der kleinen, verkehrsberuhigten Straße. Ein blaues Warnschild weist auf den regen Fußgängerverkehr hin – Bedienungen mit großen Bierkrügen queren die Straße.

Wir finden einen Platz unter den Kastanien und werfen jetzt erst einmal einen detaillierteren Blick in die Getränkekarte. 25 verschiedene Biere, die meisten davon aus der Flasche – na, da werden wir eine Weile verkosten können.

Was noch auffällt, sind die seltsamen Preise – cent-genau. Die Biere kosten 2,97 EUR oder 3,41 EUR, 2,85 EUR oder 3,73 EUR. Witzig. Wer den Pfennig nicht ehrt…

Aber statt jetzt noch lange über die Preise zu philosophieren und mit den Ewiggestrigen zu diskutieren, die die Preise immer noch in D-Mark umrechnen und dann, die Inflationsrate von mittlerweile 16 Jahren vergessend, jammern, wie teuer der Euro alles gemacht habe, fangen wir doch einfach mit der Verkostung an.

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reger Biertransport draußen

Das erste Bier, das naturtrübe Superale der Lang Bräu wird in einem schlichten Willibecher serviert, der mit dem MAX + MUH Logo verziert ist: Ein hellblauer Trecker, an dessen Steuer eine Kuh sitzt. Leider ist das Bier etwas zu warm, ansonsten gefällt es mit feinen fruchtigen Noten, 4,9% Alkohol und einem milden, süffigen Geschmack.

Der Lilly Bock, ein Weizenbock mit 6,5% Alkohol aus der kleinen Familienbrauerei Rhaner kommt als nächstes. Fruchtig, estrig und recht komplex in der Aromatik – so soll ein Weizenbock schmecken. Ganz vorzüglich!

Der ROB aus demselben Hause, der Rhaner Oak Aged Bock. 7,0% Alkohol, kräftige Whisky-Aromen, ein schokoladiger Malzkörper. Ein sehr schönes Bier, allerdings eher etwas für kalte Winterabende, nicht so sehr für den warmen, sonnigen Biergarten geeignet.

Und noch einmal Rhaner: RPM, das Rhaner Pale Märzen 1904. 5,6%, sehr süffig und weich. Große Schlucke, voller Geschmack. Dazu ein sehr schönes Etikett, mit dem die Flasche im Regal eines Getränkemarkts sofort auffallen würde.

Wir sind sehr zufrieden. Gute, teilweise auch spannende Biere, und nach kurzen Anlaufschwierigkeiten auch ein rascher und freundlicher Service. Gemütlichkeit unter schattenspendenden Kastanien, und was das Essen anbelangt, können wir zwar nicht aus eigener Erfahrung werten, aber wir sehen die appetitlichen Portionen und die zufriedenen Gesichter an den Nachbartischen.

Kein Bräustüberl, aber doch eine lohnenswerte Bierdestination mitten in Weiden.

Nachtrag 1. Juni 2018: Nur einen Tag später können wir der Versuchung nicht widerstehen, erneut hier einzukehren. Ein kleines Zeitfenster, ein bisschen Bierdurst, und immer noch so schönes Biergartenwetter. Wir probieren das Bad Windsheimer Freilandmuseum Zwickel, ein schönes würziges Alltagsbier, das in der Bügelflasche verkauft wird und hier in einem zünftigen Steinkrug serviert wird. 4,8% machen es zu einem Bier, das perfekt zum Biergartenwetter passt.

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Poculator Dunkler Doppelbock

Ganz anders hingegen der Poculator, der dunkle Doppelbock vom Kloster Scheyern (allerdings ebenso wie das Bad Windsheimer eben beim Tucher im Nürnberg gebraut). Kräftig, malzig, dunkel, stark. 7,6%. Ein Bier für kleine Schlucke. Und für Gelegenheiten, bei denen man bereits weiß, dass man danach nichts anderes mehr vorhat. Ein Bier, um den Tag abzurunden und zu beschließen. Oder wenigstens, um danach ein ausgiebiges Mittagsschläfchen zu halten.

Das MAX + MUH Weiden (es gibt auch noch welche in Regensburg, Deggendorf, Passau und Ansbach) ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Es gibt neben der recht großen Bierauswahl leckere Burger, und bei gutem Wetter ist Biergartenbetrieb direkt auf der anderen Straßenseite. Das mit Bräustüberl auffällig markierte Lokal liegt am Rand der Fußgängerzone, schräg gegenüber der St. Josefskirche. Direkt neben dem Biergarten befindet sich die Einfahrt zur Tiefgarage, wer also mit dem Auto kommt und nichts trinken will… Alle anderen nehmen den Bus oder die Bahn und haben etwa 500 bis 700 m Fußweg hierher.

Bilder

MAX + MUH Weiden
Bürgermeister Prechtl Straße 22
92 637 Weiden in der Oberpfalz
Bayern
Deutschland

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