Wer durch Erlangen bummelt, kommt irgendwann zwangsläufig auch am Burgberg vorbei. Ein paar Gehminuten nördlich der Altstadt befindet sich diese Anhöhe, die auch dem umliegenden Stadtteil ihren Namen gegeben hat. Eigentlich wäre es nur ein simpler Sandsteinhügel, für den sich höchstens ein paar Geologen interessieren würden oder vielleicht noch diejenigen, die aus diesem Sandstein ihre Häuser errichtet haben, wären nicht gegen Ende des 17. Jahrhunderts die ortsansässigen Brauereien auf die Idee gekommen, hier tiefe Stollen und Keller zu graben, in denen sie ihre Biere bei kühlen acht Grad lagern und frisch halten können.
Über zwanzig Kilometer lang ist das Labyrinth der Gänge, das in den folgenden 150 Jahren entstand und sich bis heute durch den Burgberg zieht. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte es zwar schlagartig seine ursprüngliche Bedeutung verloren, als die Kältemaschine erfunden wurde und kühle Keller nicht mehr zwingend für die Bierlagerung notwendig waren, aber der Brauch, hier auf den Kellern im Sommer Bier auszuschenken, und vor allem die Erlanger Bergkirchweih, das große Volksfest auf diesen Bierkellern, sind bis heute erhalten geblieben. Viele der mehr als ein Dutzend Keller werden nur zur Bergkirchweih geöffnet, aber beispielsweise der Entla’s Keller, einer der ältesten und größten, hat die gesamte Sommersaison hindurch geöffnet.
Es ist der 8. September 2018, und wir haben nach einem schönen Spaziergang durch den Aromagarten am Schwabach und durch den Skulpturengarten am Burgberg, wo wir die siebzehn großen Bronzeskulpturen des Künstlers Heinrich Kirchner angeschaut haben, ein wenig Durst bekommen. Die beeindruckende und schier unendliche lange Kette von Biergärten, die sich am Südhang des Burgbergs von Ost nach West zieht, ist rasch zu finden, aber genauso rasch stellen wir fest, dass wir mit dem östlichen genau das falsche Ende erwischt haben. Vor uns sehen wir leere Bierbänke bis zum Horizont. Rund 11000 Sitzplätze bieten die Biergärten, die hier Keller genannt werden, und heute sind fast alle verwaist.
Langsam bummeln wir zwischen den Bierbänken hindurch. Das ganze Jahr hindurch fest installiert und nur zur Bergkirchweih für zwölf Tage genutzt, verleihen sie dem Burgberg einen irgendwie fast schon morbiden Charme.
Nach einer Weile tauchen vor uns aber die ersten bunt leuchtenden Lampions auf, und nur wenige Augenblicke später stehen wir im Entla’s Keller. Direkt am Eingang zu einem der Stollen, die tief in den Berg führen, ist eine Schank aufgebaut, an der die Biertrinker geduldig Schlange stehen und ihre Bierkrüge füllen lassen. Als eingespieltes Team brauchen wir uns nicht groß absprechen: Meine holde Ehefrau sieht sich nach einem schönen Sitzplatz um, während ich mich anstelle und Bier hole.
Das Schlangestehen bietet mir die Möglichkeit, die Getränkekarte, also die schwarze Kreidetafel, zu studieren, und ich entdecke, recht unauffällig angeschrieben, einen Spezialsud vom Kitzmann Bräu, hopfengestopft mit Hüll Melon Hopfen. Das klingt spannend, und so ist es auch sofort klar, was ich bestelle. Fünf Euro kostet das Pfand für den Bierkrug, 3,50 Euro das Bier.
Meine Frau hat unterdessen einen schönen Platz inmitten des bunten Trubels gefunden, und zufrieden nehmen wir unsere Bierkrüge in die Hand. Ein neugieriger erster Schluck, und: Begeisterung macht sich breit. Ein herrlich frisches Lagerbier, süffig und leicht herb, schön aromatisch, und durch ein dezentes, aber doch deutlich spürbares Hopfenstopfen mit feinen, fruchtigen Aromen, die dem Bier gerade so viel Kick verleihen, dass man gar nicht mehr absetzen möchte. In großen Schlucken rinnt es durch die Kehle, löscht den Durst nach einem langen Spaziergang in der Sommerhitze, und die Hopfenaromatik lässt die Geschmackspapillen auf der Zunge in einen Jubelchor ausbrechen. Herrlich! Hier bleiben wir erst einmal eine Weile sitzen; hier bringt uns so schnell niemand weg.
Direkt neben der Schank befindet sich die Bäckerei, aber wer hier nur Brot und Butterbrezen vermutet, liegt völlig falsch. Natürlich werden die Brote auch belegt. Ob Limburger, Obatzter, Emmentaler, Stadtwurst oder Leberkäse – Hauptsache, es ist kräftig-deftig und bildet eine gute Grundlage für den Biergenuss.
Im Nu kommen wir mit unseren Banknachbarn ins Gespräch; hier in Franken muss niemand allein und missmutig in seinen Bierkrug schauen – es sei denn, er will es ausdrücklich so.
Über uns hängen in den Bäumen bunt erleuchtete Lampions und verleihen dem Entla’s Keller ganz entfernt ein asiatisches Flair. Noch lange ist es bis zum Einbruch der Dunkelheit, aber die Sonne steht tief und das Blätterwerk der Kastanien, Linden und Eichen ist dicht, so dass die Lampions schon bunte, leuchtende Farbtupfer setzen können.
Ein wunderbares Ziel für den entspannten und rustikalen Biergenuss. Zur schnellen Einkehr nach dem Arbeitstag, zur Entspannung am Wochenende, zur Pause mal zwischendurch oder zum Treffen mit Familie und Freunden einfach mal so.
Der Entla’s Keller ist von April bis zum letzten Sonntag im September von 11:00 bis 23:00 Uhgr geöffnet; während der Bergkirchweih auch schon ab 09:00 Uhr. Von der Innenstadt aus ist es ein Fußweg von einer guten Viertelstunde; wem dies zu lang ist, der kann den Stadtbus Linie 289 nehmen und an der Essenbacher Brücke aussteigen. Dann sind es nur noch fünf Minuten.
Entla’s Keller
An den Kellern 5-7
91 054 Erlangen
Bayern
Deutschland
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