Es gibt Menschen, die strahlen mit ihrer Aura aus, dass sie ihre Berufung gefunden zu haben scheinen. Wenn man sie bei der Arbeit beobachtet, wirbeln sie vor sich hin, wirken begeistert, jeder Handgriff, jede Geste scheint Spaß zu machen, und dieser Spaß überträgt sich auf die Mitmenschen, und im Nu erfüllt sich ein Raum mit Zufriedenheit, Entspannung und guter Laune.
Als wir vor fast fünf Jahren, im Januar 2014, einmal in der Brauerei zur Malzmühle zu Gast waren, hatten wir allerdings das genaue Gegenteil erlebt, und so stehe ich denn heute, am 13. Dezember 2018, mit etwas Skepsis am Heumarkt und blicke auf die rot leuchtende Reklame MühlenBar.
Kurz nach unserem seinerzeitigen Besuch hatte die Brauerei zur Malzmühle für einige Monate ihre Pforten dicht gemacht und wurde grundlegend renoviert. Die rote Leuchtreklame auf der Front der rechten Gebäudehälfte ist geblieben, neu hinzugekommen ist im linken Teil des Hauses die MühlenBar. In warmem Rot illuminiert, zeitgemäß eingerichtet und frei vom barocken Interieur eines klassischen Kölner Bräuhauses bietet sie nicht nur Mühlenkölsch gegen den schnellen Durst, sondern eine große Palette aromatischer und kreativer Biere aus Deutschland und der Welt.
Ein kurzer Blick auf die Kreidetafel vor dem Eingang („Heute geschlossene Gesellschaft“, was aber zum Glück nur für den Höhner-Stall im oberen Stockwerk gilt), und wir betreten den Barraum. Es ist noch früh, vor wenigen Minuten wurde erst geöffnet, und so haben wir fast freie Platzwahl.
Kaum haben wir uns gesetzt, kommt die junge, dunkelhaarige Kellnerin an unseren Tisch und begrüßt uns nicht nur mit einem strahlenden Lächeln, sondern auch gleich schon mit dem ersten wertvollen Tipp: Mühlenkölsch könnten wir hier zwar haben, in beliebiger Menge, aber daneben hätte sie auch einen wunderbaren Weihnachtsbock aus eigenem Hause anzubieten, tiefschwarz und aromatisch, und ansonsten noch eine gaaanz lange Liste von tollen Bieren aus der ganzen Welt, wir könnten gerne mal schauen und in Ruhe blättern, sie käme gerne gleich wieder um uns bei Bedarf auch jedes einzelne Bier zu erklären.
Ach, für’s erste Bier täte eine Erklärung gar nicht not – der Weihnachtsbock klänge schon vielversprechend genug, signalisieren wir ihr, aber was viel wichtiger wäre, denn wir seien gerade erst von außerhalb gekommen: Ob es denn auch was zum Essen gebe?
„Alles!“, lautet die Antwort. „Äh, wie – alles?“ Der Groschen fällt bei uns nur langsam. „Naja, alles, was es im Brauhaus nebenan auch gibt“. Dies sei zwar eine Bar, aber auch die deftigen Gerichte bis hin zur dicken Haxe würde sie uns selbstverständlich auch hier servieren, strahlt sie und zaubert von irgendwoher zwei Speisekarten hervor.
Während sie uns die beiden Weihnachtsböcke in stilvolle Verkostungsgläser zapft, studieren wir die Karte. Jede Menge regionale Gerichte, in kölschem Platt beschrieben, aber für auswärtige Gäste immer auch ins Hochdeutsche übersetzt, finden wir. Und in der Tat, es ist alles dabei, vom kleinen Salat bis zur Mörderhaxe, nach der man bestimmt nur auf dem Rücken wird schlafen können.
Himmel un Äd, das sticht mir sofort ins Auge. Ein echtes Kölner Nationalgericht. Gebratene Blutwurstscheiben (Flönz), Kartoffelbrei (Ädäppelbreij), Apfelkompott (Apfelbreij) und gebratene Zwiebeln (Öllisch), das klingt doch nach einer perfekten Begleitung zu ein paar eher geschmacksstarken und aromatischen Bieren.
Die junge Dame bringt uns die Weihnachtsböcke – „6,8% Alkohol, also was für den bewussten Genuss!“ – und verschwindet wieder, um das Essen zu organisieren.
Der Weihnachtsbock ist vielleicht einen Hauch zu kalt gezapft, aber auch so schon erfreut er mit einem fruchtigen, weichen und malzigen Aroma. Auf der Zunge kräftig, und wenn man den Schluck einen Moment im Mund behält, dann merkt man, wie sich feine Fruchtnoten entwickeln und den ganzen Gaumen einnehmen. Nach dem Schluck wird’s dann für einen Moment angenehm bitter, und man merkt, wie das Bier sachte die Speiseröhre hinabfließt. Sehr schön.
Und da kommt auch schon unser Essen. Mit einer Abdeckhaube vor dem Abkühlen geschützt, kommen die Teller aus dem anderen Teil des Hauses, und blitzschnell werden sie an den Tisch gebracht. „Lasst es Euch schmecken“, wünscht unsere Bedienung und erklärt rasch noch, was es mit der Bezeichnung Himmel un Äd auf sich hat (die Äpfel hoch am Baum, also himmelhoch, und die Ädäppel, die Erdäpfel oder Kartoffeln, eben aus der Erde – Himmel un Äd, halt).
Das Essen schmeckt vorzüglich, und während wir jeden Bissen genießen, füllt sich die Bar um uns herum. Einige Gäste scheinen direkt aus dem Büro auf ein Feierabendbier zu kommen, andere haben schon einen ausgiebigen Rundgang auf dem Weihnachtsmarkt hinter sich und müssen sich dringend aufwärmen.
Wir beobachten die Bedienung, wie sie nach wie vor ganz allein die mittlerweile nun gut gefüllte Bar im Griff behalten muss. Wie ein Wirbelwind flitzt sie zwischen den Gästen hindurch, stets ein Kränzchen mit Kölsch in der Hand, um die Standardbestellungen quasi im Vorübergehen zu erledigen, und für jeden Gast hat sie ein offenes Ohr und ein aufmerksames Auge. Ein Lächeln hier, ein nettes Wort dort, und ein feines Gespür dafür, wen von den gerade zögernd durch die Tür hereinkommenden Gästen sie noch an welchen Tisch dazu quetschen kann. Eine Gruppe von acht Gästen und nur noch drei Stühle frei? Kein Problem: „Die drei Damen können sich setzen, die Herren dahinter und rundherum stehen, das passt schon, oder? Wieviel Kölsch darf ich Euch bringen? Acht, oder gleich sechzehn, für den ersten, schnellen Durst?“ Es ist eine Freude, ihr zuzusehen – sie ist in ihrem Element.
Als Dessertbier gönnen wir uns ein Imperial Stout aus der Schönramer Brauerei, ein tiefschwarzes, starkes und fast schon ölig in das Glas fließendes Bier mit 9,5% Alkohol. Ein feiner Digestif. Und einer, der gleich Gesprächsstoff bietet: Mindestens haltbar bis 9. April 2033, verkündet das Etikett nämlich. Fünfzehn Jahre! Ob da die Angabe des Tages wirklich noch wichtig ist? Ob es einen Unterschied machen wird, ob das Bier am 9. oder am 10. April dieses Jahres getrunken werden wird? Bierige Alltagsphilosophie…
Nach dem deftigen Essen und den schweren Bieren muss aber noch ein kühler Schluck gegen den Durst kommen, und so spülen wir als Abschlussbier noch schnell ein Mühlenkölsch den Rachen hinunter, bevor es hinaus in die frostige Luft und in den Trubel des Weihnachtsmarkts geht.
Es war ganz anders als bei meinem Besuch nebenan vor fast fünf Jahren. Keine unlustigen Köbesse, sondern eine Barfrau, die in ihrer Aufgabe aufzugehen scheint und ihre eigene Zufriedenheit und gute Laune auf alle Gäste zu übertragen weiß. Dazu deftiges, aber ausgezeichnet gekochtes Essen, spannende Biere aus einer Getränkekarte mit wirklich großer Auswahl – da hat heute Abend einfach alles gestimmt.
Wenn’s hier immer so ist, dann ist die MühlenBar eine große Empfehlung wert! Jood jemaat, leeves Mädche!
Die MühlenBar ist täglich ab 18:00 Uhr, freitags bis sonntags schon ab 17:00 Uhr geöffnet. Sie bietet eine große Auswahl an Kreativbieren an, aber auch für den, der es mag, mit Bier gemixte Cocktails. Dazu die gute und regionale Küche des Brauhauses nebenan. Zu erreichen ist die Bar mit den Öffis problemlos – am Heumarkt direkt vor der Tür halten U-Bahn (Linie 5), Straßenbahn (Linien 1, 7 und 9) und jede Menge Busse.
MühlenBar
Heumarkt 6
50 667 Köln
Nordrhein-Westfalen
Deutschland
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