Maskat (مسقط), die Hauptstadt des Omans. Rund eine halbe Million Menschen wohnt hier, wenn man die Vororte und Siedlungen im unmittelbaren Einzugsgebiet mit einrechnet. Groß genug für eine bunte und farbenfrohe Bierszene, sollte man meinen – wenn es sich nicht um eine Stadt handeln würde, die mehrheitlich von Muslimen bewohnt ist. Der Islam, auch in seiner toleranten Ausprägungsform, wie wir ihn im Oman vorfinden, gestattet seinen Gläubigen den Genuss von berauschenden Getränken nicht, und auch wenn es gelegentlich einmal Diskussionen darüber gibt, ob der Koran ein striktes Verbot ausspricht oder ob es nicht eher auf ein Verbot des Rausches an sich hinausliefe, ein einzelnes Bier, das noch keinen Rausch verursacht, also durchaus erlaubt sein könnte, heißt es in der Praxis doch üblicherweise, dass Bier konsequent verboten ist.
Zumindest alkoholhaltiges Bier.
Es gab erste Versuche von internationalen Braukonzernen, alkoholfreie Biere auf dem Markt zu platzieren, die aber zunächst daran scheiterten, dass diese Biere herstellungstechnisch bedingt einen Restalkoholgehalt von bis zu 0,5% aufweisen konnten (und nach europäischer Rechtsprechung auch durften) und damit der strengen Auslegung eines Alkoholverbots nicht Genüge taten.
Erst in jüngster Zeit sind die Brauer in der Lage, Biere herzustellen, die tatsächlich keinen Alkohol mehr enthalten – sie sind auf den Dosen und Flaschen üblicherweise mit 0,0% gekennzeichnet und finden sich jetzt auch in den Supermärkten der muslimisch geprägten Länder. In Maskat im Lulu, einem Supermarkt einer indischen Kette, finden sich beispielsweise die alkoholfreien Biere von Holsten oder von Three Horses, einer Marke der United Dutch Breweries.
So richtig scheint der leicht bittere Geschmack der klassischen Biere aber nicht anzukommen bei der Bevölkerung. In mehreren Gesprächen mit Einheimischen stoße ich auf Vorbehalte: „Bier? Nein, ich mag die Bittere nicht!“ Das mag überraschen, wird doch die Bittere des hier überall angebotenen lokalen, stark gerösteten und mit Cardamom und anderen Gewürzen verfeinerten Kaffees durchaus goutiert. „Aber das ist eine ganz andere Bittere, weißt Du?“, höre ich zu diesem scheinbaren Widerspruch immer wieder.
Die Konzerne haben es erkannt, und so werden alkoholfreie Biere angeboten, die mit Fruchtaromen verfeinert werden und so ihren leicht bitteren Charakter verlieren. Ob das dann noch viel mit Bier zu tun hat, bleibt fraglich, aber alkoholfreie Getränke auf Malzbasis mit Mojito-, Erdbeer- oder Granatapfelaroma erfreuen sich großer Beliebtheit und verkaufen sich deutlich besser als alkoholfreie helle Biere.
Für Reisende, Geschäftsleute und andere Expatriates gibt es aber auch „richtiges“ Bier, soll heißen, Bier mit einem ganz normalen Alkoholgehalt. Zwar nicht im Supermarkt, und auch nicht in jedem Restaurant oder Café an der Ecke, aber doch in den Bars und Restaurants der größeren Hotels. Ganz ungeniert wird mit einer zahlenmäßig durchaus beachtlichen Bierauswahl geworben – so weist beispielsweise die Getränkekarte des Muscat Holiday Hotels immerhin sechs verschiedene Dosenbiere, vier Flaschenbiere und sage und schreibe dreizehn Fassbiere (plus einen Cider) aus.
Dass es sich dabei in der Masse um helle, überspundete und geschmacksarme Lagerbiere handelt, die sich geschmacklich gar nicht so sehr unterscheiden, sei einmal außen vor gelassen – schließlich haben in den noch gar nicht so lange zurückliegenden dunklen Zeiten des Einheitsgeschmacks auch Kultkneipen wie das Haus der 111 Biere in München oder das Biermuseum in Heidelberg ebenfalls davon gelebt, eine riesige Auswahl von Bieren anzubieten, die sich nur im Etikett, kaum aber im Geschmack unterschieden.
Ärgerlicher ist eher, dass die Liste der Fassbiere auf der Bierkarte ein Angebot darstellt, das über die Monate hinweg nur ab und an mal am Hahn ist. Zwei, drei Biersorten gibt es gleichzeitig, die anderen erst dann wieder, wenn die aktuellen Fässer leer und nach der nächsten Bierlieferung einmal durchrotiert worden sind. So bleibt es denn heute bei der Auswahl zwischen Guinness, Fosters und Heineken, während die anderen Marken nur als Teaser dienen und vielleicht im Sommer mal wieder angeboten werden. Und als besondere Spezialität des Hauses wird ein Kingfisher aus der Flasche angepriesen.
Die Qualität der Biere ist überraschend gut, die Zapfanlagen werden offensichtlich gut gepflegt und das Personal ist geschult. Dass es zu kalt serviert wird, mag ein Zugeständnis an die Umgebungstemperatur sein – wenn es im Winter bereits 30° heiß ist, dann verlangt der Gast wohl eher ein eisgekühltes Bier, egal, wie geschmacksarm es dadurch noch wird.
Weniger gut ist die Pflege des Dosenbiers. Hier kann man als Reisender schon die eine oder andere schlechte Erfahrung machen. Die Konzerne drucken auf die Dosen recht großzügige Mindesthaltbarkeitsdaten, die dann zu Leichtsinn verleiten. So erweist sich ein frisch aus der Dose eingeschenktes Carlsberg Original als nahezu untrinkbar muffig, fast schon faulig. Trotz noch reichlicher „Restlaufzeit“ ist der Inhalt der Dose hinüber. Die Hinweise, dass eine Dose nicht kühl gelagert werden muss, werden wohl dahingehend interpretiert, dass sie es dann auch im Kofferraum eines Geländewagens ein halbes Jahr lang aushält. Täglich auf einer Wüstentour durchgeschüttelt, tagsüber 50° heiß, nachts kurz vor dem Gefrierpunkt. Am Tage des „Genusses“ dann rasch im Eiskasten heruntergekühlt, es wird schon passen.
Tut es aber nicht, und wenn der Gast ein solches Bier zum stolzen Preis von dreieinhalb oder vier omanischen Rial angeboten bekommt (das sind immerhin 8,50 bis 10,- EUR!), dann ist die Enttäuschung groß.
Vorsicht ist also angesagt, in der „Bierszene“ in Maskat. So verführerisch die Werbung vor den Hotelbars auch sein mag, so groß der Bierdurst nach einem langen Tag in der Wüste – es ist angeraten, zunächst mal ein Glas oder eine Dose zur Probe zu bestellen, ob das Bier denn auch wirklich halbwegs gepflegt ist. Wenn jeder in der Gruppe gleich ein eigenes Bier bestellt und sich das dann als untrinkbar erweist, sind ruckzuck fünfzig oder mehr Euro verschwendet. Ist das erste Bier hingegen in Ordnung, dann sind die Gläser und Dosen für die anderen in der Gruppe rasch nachbestellt, und die Laune bleibt gut.
Bierszene Maskat? Von einer richtigen Szene kann man nicht sprechen, aber immerhin: Der Reisende muss auf den Genuss nicht ganz verzichten. Wer es mag, darf bereits tagsüber und gerne auch in der Öffentlichkeit sein alkoholfreies 0,0%-Bier oder aromatisiertes Pseudobier trinken, und am Abend, etwas abgeschirmt von der lokalen, muslimischen Bevölkerung, sein helles Lagerbier oder auch mal ein Guinness genießen.
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