Der 5. April 2019 irgendwo in der niedersächsischen Provinz. Es ist ein noch etwas diesiger Wochentag, erst halb acht in der Früh. Der Wagen rollt über kleine Sträßchen, und ich versuche, am Laptop zu arbeiten. Aus den Augenwinkeln sehe ich etwas Gelbes, hebe den Kopf und …
„Anhalten. Fahr mal rechts ran und halt an! Wo sind wir hier?“
„Allersheim“, brummelt es hinter dem Lenkrad.
Allersheim, ach, ja! Sofort kommen Erinnerung an meine Jugend zurück. Neben dem Herforder war das Allersheimer das Bier meiner Jugend. Auf dem Schützenfest oder beim Osterfeuer direkt aus der Flasche, beim Griechen oder Jugoslawen aus dem Glas. Aber immer gedankenlos nebenbei. Gegen den Durst.
Die Brauerei Allersheim selbst hat mich seinerzeit überhaupt nicht interessiert.
Jetzt, rund 35 Jahre später, stehe ich vor der Brauerei. So früh am Morgen ist noch alles geschlossen. Ich sehe den langgestreckten Ziegelbau am Ortsrand von Allersheim und den wie eine Bierdose gelb angestrichenen Tank.
1854 ist die Brauerei als Baumgartens Brauerei gegründet worden – Brauerei Allersheim heißt sie erst seit Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Eine kleine, regionale Brauerei ist sie geblieben, versorgt in erster Linie die Region mit ihren klassischen Bieren, unter anderem auch dem Allersheimer Bügel-Pils. Neben der Marke Allersheimer versucht man sich noch mit einem zweiten Markenauftritt, dem Corveyer, benannt nach dem Kloster Corvey auf der anderen Seite der Weser, schon drüben in Nordrhein-Westfalen. Ganz vorsichtig tastet man sich auch an die Craftbier-Welt heran. Ein Selection gibt es, ein Bier, das mit fruchtig-aromatischem Cascade-Hopfen gebraut wird, und ein tiefschwarzes Baltic Porter.
Rund ein Drittel der Brauerei gehört zur Dortmunder Actien-Brauerei und damit zur Radeberger-Gruppe, während der Rest in privaten Gesellschafterhänden verblieben ist.
Neugierig laufe ich die paar Schritte den Feldweg entlang zur Brauerei hin. Durch große, leider etwas schmutzige und spiegelnde Glasscheiben kann ich das Sudwerk sehen. Edelstahl und schwarze Fliesen. Eleganz des vergangenen Jahrhunderts.
Erneut muss ich an meine jungen Jahre denken, zu denen die Allersheimer Bügelflaschen am Ende jeder Kellerparty überall auf dem Fußboden herumkugelten. Wilde Zeiten… Heute jedoch nur ein leicht diesiger und kühler Morgen im Vorfrühling…
Die Brauerei Allersheim bietet Mittwoch- und Freitagnachmittag nach Anmeldung Besichtigungen an. Sie liegt nur eine Minute von der Bundesstraße 64 entfernt, man sieht sie bereits von der Ausfahrt aus. Vor dem Haupttor gibt es auch eine Bushaltestelle, falls man mit dem öffentlichen Verkehr kommen möchte.
Brauerei Allersheim
Allersheim 6
37 603 Holzminden
Niedersachsen
Deutschland
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