Bereits im Jahr 1464 gab es auf dem Anwesen des heutigen Holzhauser Brauereigasthauses eine Taverre, meldet die Homepage der Brauerei stolz. Ob es eine direkte Linie von dieser alten Taverne bis zur heutigen Brauerei gibt, mag man bezweifeln, aber ich finde es trotzdem immer wieder zum Nachdenken anregend, irgendwo zu sitzen und mir vorzustellen, wie genau hier, genau an dieser Stelle, die Menschen vor hundert, zweihundert oder, wie in diesem Fall, 555 Jahren wohl gelebt haben. Ob sie die Sonne genauso genossen haben? Das Bier? Die Brotzeit?
Etwa auf halbem Weg zwischen Buchloe und Landsberg befindet sich das Dörfchen Holzhausen, das zur Verwaltungsgemeinschaft Igling gehört, und mittendrin das Holzhauser Brauereigasthaus. Stolz steht es da und präsentiert sich im strahlenden Sonnenschein sehr ansehnlich. Das Wirtshausschild, das den Heiligen Georg mit dem Drachen zeigt, trägt den Schriftzug Geyer und erinnert daran, das Dominicus Geyer die Wirtschaft im Jahr 1771 übernommen hat – seit dieser Zeit befindet sich das Anwesen in Familienbesitz.
Der Kies knirscht unter unseren Sohlen, als wir zum Haupteingang gehen. Drinnen im Vorraum begrüßen uns ein paar alte Möbel und eine kleine Durchreiche, die vom Vorraum direkt hinter die Theke führt: „d’Schënk“ Durch dieses Fenster wurde wohl früher das Bier direkt verkauft, sei es, um es im Stehen zu trinken, sei es, um es mit heim zu nehmen. Heute ist das wohl nicht mehr der Fall, den hinter der Glasscheibe, die die Durchreiche verschließt, sieht man Utensilien und Krimskrams abgestellt. Das Fensterchen hat wohl lange niemand mehr geöffnet.
Wir gehen geradeaus durch einen Gang, verlassen das Gebäude durch den Hintereingang und stehen mitten in einem klassischen Biergarten. Feiner Kies, einfache Biertische, Bänke und Gartenmöbel, und über allem wölben sich die Kronen von ein paar teils alten und großen, teils noch jungen Kastanienbäumen.
Es herrscht Selbstbedienung, und wie in jedem guten Biergarten kann man sich seine Brotzeit selbst mitbringen und hier beim frisch eingeschenkten Bier picknicken. Wer nichts dabei hat, bekommt zu seinem Bier natürlich auch gern frisch zubereitete Speisen, und so entscheide ich mich für eine Tellersülze. Nicht zu schwer bei dem schönen Sommerwetter, aber doch gehaltvoll genug, um einen großen Krug dunklen Biers zu begleiten.
Das Bier ist fein. Kräftig malzig, schön rund und sehr süffig. Verführerisch – ehe man sich’s versieht, hat man schon ein oder zwei Krüge mehr bestellt und getrunken, als eigentlich geplant waren.
Vom Biergarten sieht man auf das Nebengebäude, in dem die Brauerei untergebracht ist. Durch die Scheiben an der Seite kann man das Sudwerk sehen, wenn auch – leider – am Vormittag die Sonne genau so hineinscheint, dass sich alles spiegelt. Aber immerhin: Man sieht die schlichten, stählernen Geräte des Sudwerks, die Lagertanks und die frisch gefüllten Fässer, und fast schon glaube ich, den Schatten des Brauers zu sehen, wie er an den Armaturen hantiert. Einbildung natürlich nur, es war ein Reflex in der Scheibe, denn am Sonntagvormittag hat auch der Brauer frei.
Nicht frei haben die netten Damen und Herren an der Schänke im Biergarten, und je weiter es auf die Mittagszeit zugeht, desto schneller füllen sich Tische und Bänke. Vor wenigen Minuten haben wir hier fast allein gesessen, mittlerweile geht es aber schon zu wie im Bienenstock. Junge und ältere Pärchen, aber auch ganze Familien, über drei Generationen hinweg und mit einem Picknickkorb bepackt, der eine ganze Fußballmannschaft durch ein hartes Wintertrainingslager bringen könnte. Stilecht werden die großen Tischtücher ausgepackt, sorgfältig der Tisch mit einfachem, weißem Porzellangeschirr gedeckt, die Dosen und Tüten mit dem Essen geöffnet und alles schön arrangiert. Während ganz konservativ die Frau Mama sich um diese Tätigkeiten kümmert, steht der Herr Papa in der Schlange vor der Schänke, um bald darauf mit einem Tablett voller Getränke zurückzukommen. Oma und Opa albern derweil mit den Kleinen herum, bald aber, und es ist beste bayerische Tradition, dass dies fast exakt um 12:00 Uhr mittags geschieht, sitzen alle brav am Tisch und speisen.
Es mag erschütternd spießig und rückwärtsgewandt erscheinen, aber es hat auch seinen Reiz. Meine holde Ehefrau und sich sitzen und beobachten dieses Idyll, träumen in den Tag hinein, genießen die Sonne und das Bier. Wir sind uns einig: Oftmals bedarf es keiner exotischen Bierspezialität in einer Hipster-Umgebung, sondern es gibt zahlreiche Momente, in denen ein einfaches Dunkelbier, frisch aus der Brauerei, direkt am Ort des Entstehens, und eine zünftige Brotzeit in klassischer Umgebung ihren Reiz haben und uns den Augenblick genießen lassen.
Schön, dass das Holzhauser Brauereigasthaus den Generationenwechsel und das vorübergehende Einstellen des Braubetriebs im Jahr 2012 gut bewältigt hat. Familie Egner und ihr Brauer Markus Langer haben hier ein schönes Ausflugsziel geschaffen.
Das Holzhauser Brauereigasthaus ist täglich ab 16:00 Uhr, sonnabends und sonntags bereits ab 10:00 Uhr geöffnet; bei schönem Wetter ist Biergartenbetrieb. Es gibt Helles, Dunkles und Weißbier, das klassische und vielleicht doch etwas langweilige Brauhaus-Triplett, und jahreszeitlich kommt noch ein Bockbier dazu. Die Eisenbahn bringt uns lediglich bis Buchloe, und von dort sind es noch gute fünf Kilometer bis Holzhausen. Mit dem Auto ist es in diesem Fall einfacher. Am besten ist es, man wohnt schon so nah dran, dass man mit dem Fahrrad kommen kann…
HOLZHAUSER Brauereigasthaus
Hauptstraße 8
86 859 Holzhausen / Igling
Bayern
Deutschland
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