Gasthausbrauerei König von Flandern
Augsburg
DEU

Wir standen am 28. Februar 2009 direkt vor dem Eingang, und sahen sie nicht – die Gasthausbrauerei König von Flandern in Augsburg. Wir sahen lediglich die Schaufenster der Buchhandlung links und rechts, und erst nachdem wir noch einmal einen Schritt zurück gemacht hatten, sahen wir den kleinen Eingang, der in die Kellerräume unterhalb der Buchhandlung führte.

Hat man aber erst einmal die kleine Treppe gefunden und ist hinunter in die Brauerei mit ihren gemütlichen Schankräumen und Speisesälen gegangen, ist der Gedanke an anspruchsvolle Literatur schnell vergangen. Viel zu schön ist es hier unten. Eine urige und gemütliche Einrichtung, mittendrin die kupferglänzende Sudanlage, hübsche und außerordentliche freundliche Bedienungen und ein hervorragendes Bier.

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die kupferglänzende Sudanlage

Wir testeten das Helle (herrlich aromatisch und würzig), das Dunkle (leider zu mild, zu süßlich, geradezu zuckrig), den Doppelbock namens Alligator (dunkel, schwer, stark, aber nicht malzig klebrig und mastig, sondern kräftig und würzig – sehr gut!) und den Festtrank (mittelbraun und aromatisch rund). Auf nüchternen Magen ging das natürlich nicht, und so gönnten wir uns dazu eine Brotzeitplatte vom Feinsten. Zum herrlichen Treberbrot gab es Wurst, Schinken, Kassler, Schweinebauch, Käse, Schmalz, herrlich krosses Haxenfleisch, Leberwurst, Leberkäse, Sülze – es war einfach fantastisch.

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gemütliches Sitzen im Schalander

Das Ganze zu wirklich fairen Preisen und in unserem Fall serviert von einer jungen Dame namens Christina, die mit ihrer ansteckenden Herzlichkeit, Fröhlichkeit und Frische eine wunderbare Atmosphäre schuf. Einer der Fälle, wo wir uns bemüßigt fühlten, unsere Zufriedenheit auch im Nachhinein per eMail an den Chef der Brauerei auszudrücken (und eine ebenfalls sehr freundliche Antwort bekamen).

Hier werden wir mit Sicherheit einmal wieder einkehren – der König von Flandern ist, zumindest dem heutigen Eindruck nach, definitiv eine Reise wert!

Nachtrag 6. Juli 2019: Zehn Jahre sind vergangen. Heute sehe ich das Brauhausschild, das über dem Eingang der Gasthausbrauerei König von Flandern hängt, schon von weitem und wundere mich, wie wir das seinerzeit haben übersehen können. Oder hing es da vielleicht noch gar nicht? War verdeckt? Abgehängt? Zur Reparatur?

Wer weiß…

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da ist es, das Wirtshausschild

Ich gehe die Treppenstufen hinunter, sehe rechter Hand wie damals das kupferne Sudwerk stehen und suche mir linker Hand einen schönen Platz zum Sitzen. Ein bisschen Hunger hätte ich, ein bisschen Durst. Passt also.

Viel los ist nicht. Um genau zu sein, gar nichts. Außer mir nur ein mittelaltes Pärchen, das sich in die äußerste Ecke des Raums verkrochen hat und sich anschweigt.

Dementsprechend dauert es auch ziemlich lange, bis sich die Bedienung mal bemüht, vorbeizuschauen und sich um mich zu kümmern. In etwas herbem, aber nicht unfreundlichem Ton fragt sie nach meinen Wünschen, und ich bestelle mir ein Probierbrettchen. Alle vier Sorten Bier, die es derzeit im Ausschank hat, und in der fünften Aussparung des Brettchens steht ein Glas mit Karamellmalz. Nicht nur Karamellmalz im brautechnischen Sinn, sondern Malz, das tatsächlich mit Zucker karamellisiert worden ist. Ein leckerer, kleiner Snack.

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das Probierbrettchen mit vier Bieren und karamellisiertem Malz

Es dauert erneut eine Weile, bis das Bier kommt, aber immerhin sind es dann durchaus schmackhafte Proben. Das „Drei-Heller-Bier“ mit 4,9% Alkohol überzeugt mit recht kernigem Geschmack, der deutlich über das übliche, süßliche Brauhaus-Helle hinausgeht, das gefühlt 90% aller deutschen Gasthausbrauereien als Standardbier anbieten. „Das malzige Dunkel“ ist ein wenig zu süßlich und sättigt schon nach der winzigen Probe, die das Probierbrettchen enthält. Ein großes Glas wäre mir definitiv zu viel gewesen. Obwohl es nur 5,2% Alkohol hat, wirkt dieses Bier doch recht saturierend.

Die „fruchtige Bader-Weisse“ (5,0%) macht ihrem Namen alle Ehre. Schöne Fruchtnoten im Aroma, ein erfrischender und voller Geschmack – manchmal gefällt selbst mir als bekennendem Nicht-Weißbier-Trinker ein Weißbier richtig gut. Dieses gehört mit dazu.

Um das vierte Bier entwickelt sich eine Diskussion mit der Bedienung. Menü, Aushang und mündliche Erläuterung sprechen von drei verschiedenen Bieren. Ist es nun Augsburger Doppelbock? Alligator-Bock? Oder Maibock? Ich folge mal der von der Bedienung gewählten Bezeichnung Maibock. Für diesen Stil ist das Bier zwar zu dunkel und zu wenig hopfig, aber trotzdem ist es ein sehr schön gebrautes, vollmundiges und süffiges Bier. Davon würde ich fast schon ein großes Glas bestellen. Allein, es ist noch früher Nachmittag, und ich möchte heute noch mindestens eine weitere bierige Adresse in Augsburg abklappern.

Augenblicke später bin ich erleichtert, mich zum Gehen entschlossen zu haben. Die Ruhe im Schankraum ist nämlich schlagartig vorbei, als eine große Gruppe relativ junger Männer die Treppe herunterkommt – ein Junggesellenabschied. Im Nu ist der Raum von Geschrei erfüllt. Bier wird in großen Gebinden bestellt, dazu immer wieder eine Runde Absturzbeschleuniger in Form von irgendwelchen Spirituosen. Bierdunst, Alkoholgeruch, Männerschweiß. Und ein Lärmpegel… Ein Lärmpegel wie im Oktoberfestzelt kurz vor Schankschluss…

Die Bedienung und ich schreien uns in aller Freundlichkeit an, um uns gegen den Lärm zu verständigen und die Bezahlung abzuschließen.

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dieses Schild scheint Junggesellen wie Junggesellinnen anzulocken…

Wer jetzt allerdings gedacht hätte, dass dieses Inferno nicht mehr zu steigern wäre, der hat sich geirrt. Erneut kommt eine größere Gruppe junger Menschen die Treppe hinunter. Die Stimmlage etwas höher, die Dissonanz vergleichbar. Ein Junggesellinnenabschied. Absprache oder Zufall – ich weiß es nicht. Aber das Zusammentreffen zweier vom am frühen Nachmittag bereits völlig enthemmten Gruppen, Männlein auf der einen, Weiblein auf der anderen Seite, hat schon etwas ganz Spezielles an sich.

Vermutlich bin ich einfach nur viel zu nüchtern, um diesem Ereignis jetzt die wahre Freude abgewinnen zu können. Gut, dass ich mittlerweile bezahlt habe und die Flucht ergreifen kann.

Wie ruhig eine stark befahrene Straße in der Großstadt doch sein kann, stelle ich später fest, als ich wieder in der Stadt unterwegs bin, und mit ein bisschen Mitleid denke ich an die Kellnerin, die sich jetzt ganz allein durch dieses Chaos kämpfen muss…

Die Gasthausbrauerei König von Flandern ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Durch ihre Lage mitten in der Stadt ist sie problemlos zu erreichen, beispielsweise mit der Straßenbahn bis zum Rathausplatz und von dort zwei Minuten zu Fuß in Richtung Norden.

Bilder

Gasthausbrauerei König von Flandern
Erste Augsburger Gasthaus-Brauerei Betriebs GmbH
Karolinenstraße 12
86 150 Augsburg
Bayern
Deutschland

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