Gut, dass heute meine holde Ehefrau nicht dabei war. Was hätte sie sich aufgeregt. Und mit Recht! Ein Brauereibesuch, bei dem so gut wie gar nichts stimmte und der in der Empfehlung gipfelt, am besten woanders hinzugehen.
In dieser Schärfe urteile ich selten, aber was ich heute, am 16. September 2019 in der Pivovar a Restaurace Vojanův Dvůr erlebt habe, war wirklich keine Freude.
Es sind nur ein paar Schritte von der Straßenbahnhaltestelle bis zum Eingangstor zum Biergarten der kleinen Brauerei. Den Restaurantbetrieb im Hof Vojan existiert schon lang, aber die eigene Bierproduktion vor Ort hat man erst vor kurzem begonnen.
Auf den ersten Blick sieht der Biergarten ansprechend und gemütlich aus, und am späten Nachmittag ist auch noch nicht allzu viel los, so dass ich freie Platzwahl habe. Aber da geht es schon los. Freie Tische gibt es genug, aber es dauert einen Moment, einen Tisch zu finden, der nicht mit Essens- oder Getränkeresten verklebt ist.
Ich nehme Platz, und bereits nach einem kurzen Moment kommt der Kellner zu mir herüber. Grußlos wirft er im Vorübergehen die Speisekarte auf den Tisch und würdigt mich ansonsten keines Blickes. Merkwürdig und durchaus unangenehm.
Nicht viel besser wird es, als er auf dem Rückweg wieder bei mir vorbeikommt und nach meinen Wünschen „fragt“: Er stellt sich wortlos neben mich und wartet, ob ich etwas bestelle, und wenn ja, was. Nun, ich entscheide mich für ein einfaches Helles, das Světlý Ležák Domáci, was so viel wie hausgemachtes helles Lager bedeutet, und dazu ein Hühnerbrustfilet. Beides kommt nach kurzer Zeit schon, wird aber ähnlich lust- und kommentarlos auf den Tisch geknallt, wie zuvor die Speisekarte.
Das Malastrana Lager ist unauffällig und süffig. Kann man gut trinken, gerne auch in großen Schlucken gegen den Durst nach einem heißen und staubigen Tag in der Stadt. Nichts Erwähnenswertes allerdings, sondern solider Durchschnitt. Schön, wenn man vom Hühnerfilet gleiches sagen könnte. Dicke Knochen stecken im Fleisch, da ist nichts mit „Filet“, und zu allem Überfluss sind die Knochen auch so ungeschickt geschnitten oder besser zerhackt, dass immer wieder kleine Splitter im Fleisch stecken und den Genuss gewaltig trüben. Geschmacklich wäre es ja soweit in Ordnung gewesen, aber wenn ich bei jedem Bissen vorsichtig sein muss, dass ich mir nicht einen Knochensplitter ins Zahnfleisch ramme, esse ich nicht gerade mit großem Appetit.
„Oh, er kann doch sprechen“, denke ich, als der Kellner den Teller abräumt und dabei fragt, ob es mir geschmeckt habe. Die Antwort scheint ihn aber schon nicht mehr zu interessieren, denn während ich ihm noch antworte, wendet er sich ab und geht.
Eigentlich hätte ich spätestens jetzt auch gehen sollen, aber ich bin noch neugierig auf das Milkshake Fruit Ale, darauf, wie dieser neuartige Stil hier auf Prags Kleinseite interpretiert wird. Die Bestellung gestaltet sich wieder ein wenig umständlich – es dauert, bis der Kellner seine Unterhaltung mit seiner Kollegin zu unterbrechen bereit ist. Und das Bier erweist sich des Bestellaufwands nicht wert. Künstlich parfümiert wirkt es, so, als habe der Brauer es zwar mit viel, viel fruchtigem Hopfen eingebraut, anschließend aber noch mit künstlichen Aromen aus dem Dosierfläschchen nachgeholfen. Keine kulinarische Offenbarung.
Ich schaue noch kurz in die Gaststube. Hier sieht es, ähnlich wie im Biergarten, durchaus gemütlich aus, aber ob hier der Service besser gewesen wäre?
Beim Rausgehen versuche ich, einen Blick ins Sudhaus zu werfen. Hinter den Glasscheiben stehen stählerne Tanks und Geräte im Stockfinstern, nur schemenhaft sind sie zu erkennen. Schade. Nicht einmal auf eine schöne Präsentation des Sudwerks wird hier geachtet.
Tja, abgesehen von einer einladenden Einrichtung und Innenarchitektur gibt es von meinem heutigen Brauereibesuch leider so gar nichts Positives zu berichten. Schlechter Service, mäßige Bierqualität und Essen, das einem die Lust am Genuss verleidet.
Prag hat mittlerweile über vierzig Brauereien, recht gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt. Außer für Hardcore-Fanatiker, die überall einmal gewesen sein müssen, gibt es also keinen Grund, hier einzukehren. Leider eine ausdrückliche Nicht-Empfehlung.
In der Pivovar a Restaurace Vojanův Dvůr wird seit Juli 2018 eigenes Bier gebraut, davor kam das hier ausgeschenkte Bier aus dem Schwesterbetrieb Pivovar U Tří Růží in der Altstadt. Das alte Gebäude war im 13. Jahrhundert die Residenz des Prager Bischofs, ging Anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz der österreichischen Adelsfamilie Windisch-Grätz über und wurde als kaiserlicher Hofstall genutzt. Heute ist es ein touristisch orientiertes Restaurant mit böhmischer und internationaler Küche.
Die Pivovar a Restaurace Vojanův Dvůr ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, kein Ruhetag. Von der U-Bahn- und Straßenbahnstation Malostranská (U-Bahnlinie A, Straßenbahnlinien 2, 5, 7, 12, 13, 14, 15, 18, 20, 22 und 23) ist sie in zwei bis drei Minuten zu Fuß zu erreichen.
Pivovar a Restaurace Vojanův Dvůr
U Lužického Semináře 21
110 00 Praha
Tschechien
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