Kronprinz Bamberg
Bamberg
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Die fränkische Bierszene, und insbesondere die der Stadt Bamberg, ist im positiven Sinne konservativ.

Sie ist historisch gewachsen, viele Betriebe blicken auf eine mehrere hundert Jahre lange Tradition zurück. Sie ist familienbetont, zahlreiche Brauereien befinden sich seit vielen Generationen im Familienbesitz. Sie ist kleinteilig, statt einiger, weniger Großbrauereien findet man ‘zig, wenn nicht gar hunderte kleine und ganz kleine Brauereien in der Region verstreut. Sie ist traditionell, das fränkische Lager oder Rauchbier braut man hier gefühlt schon immer, und warum sollte man daran irgendetwas ändern?

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das alte Fischerhofschlösschen

Ganz geht der Wandel des Zeitgeists aber auch an Bamberg nicht vorbei, wie wir heute feststellen. Auf der Straßenseite gegenüber sehen wir eine alte Jugendstilvilla, und rechts davon einen modernen Anbau. Von bunten, immer wieder changierenden LEDs poppig illuminiert steht dort ein nagelneues, im Licht glänzendes Edelstahlsudwerk, das sich nun so überhaupt nicht traditionell inszeniert. Die noch junge Brauerei Kronprinz Bamberg.

Das Jugendstilgebäude ist vor über 150 Jahren als Fischerhofschlösschen erbaut worden und stand viele Jahrzehnte an einem kleinen Ensemble von Fischteichen. Von diesen ist außer dem Namen Fischerhof nichts mehr geblieben, sie wurden zugeschüttet und überbaut.

Im März 2016 wurde in diesem Schlösschen die Gasthausbrauerei Erlkönig eröffnet, eine bewusste Abkehr von der traditionellen Bierszene und eine Hinwendung zur Craftbierbewegung. Der Anbau mit dem Sudwerk wurde von Beginn an ultramodern ausgestaltet; der Schankraum dem Stil der Bewegung angepasst und in einer Mischung aus Industrial Chic und traditionellen Stilelementen eingerichtet. Während die älteren Bamberger diese Mischung misstrauisch beäugten, kam das Konzept bei der jüngeren Generation und den Touristen gut an.

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der moderne Anbau beherbergt das knallbunt illuminierte Sudwerk

Bereits nach einem halben Jahr wurde die Brauerei aber umbenannt in Kronprinz Bamberg. Auf ihrer Website behauptet sie, der Name Erlkönig hätte zu häufig zu Verwechslungen geführt, Gerüchte behaupten jedoch, Hintergrund sei ein handfester Rechtsstreit um den geschützten Begriff Erlkönig gewesen. Heute, mehr als drei Jahre später, spielen diese Hintergründe aber keine Rolle mehr, der Name Kronprinz hat sich etabliert. Auch wenn er mir persönlich nicht gefällt …

Fast eine halbe Stunde hat uns der Fußweg aus der Altstadt bis in die Gaustadt gekostet, immer am Ufer des linken Regnitzarms entlang, und nun sind wir hungrig und durstig.

Im kräftig geheizten und warm erleuchteten Schankraum fühlen wir uns auf Anhieb wohl. Es ist noch früh am Abend, und so haben wir keine Probleme, auch ohne Reservierung einen Platz am Fenster mit Blick auf die Straße zu finden. Ein kleines Heftchen liegt vor uns auf dem Tisch, „Die kleine Bierfibel“, und sie führt uns durch das reichhaltige Bierangebot der Brauerei: Zehn verschiedene Biere vom Fass, zwei barrel-aged Bierspezialitäten aus der Flasche.

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die kleine Bierfibel

Ich beginne die Verkostung mit einem Weißen Rauchbier, dem Habemus Papam, mit 5,1% Alkohol. Der junge Kellner macht mich noch darauf aufmerksam, dass es sich hier um eine ungewöhnliche Kombination handeln würde – vielleicht hat er da schon unterschiedlich gute Erfahrungen mit seinen Gästen gesammelt. Mir mundet das Bier ganz vorzüglich – die Raucharomen sind nur dezent und paaren sich gut mit den leicht hopfigen, sonst aber typischen Aromen eines Weißbiers. Das Bier passt in keine Stil-Schablone, gefällt aber.

Nachdem so der erste Durst gestillt ist, schwenke ich aber um zu dem angebotenen Testbrettchen, fünf kleine Gläschen mit fünf verschiedenen Bieren. Die konkrete Wahl gestaltet sich etwas umständlich, denn in der Bierfibel sind mehr Biere verzeichnet, als am Hahn sind, und umgekehrt sind nicht alle angebotenen Biere in der Fibel enthalten. Ich schaue also nachdenklich auf die Kreidetafel hinter der Theke, die tagesaktuell die zehn verfügbaren Biere aufführt. Aber auch hier: Es ist nicht einfach. Beispielsweise steht hinter der Bezeichnung Habemus Papam nichts weiter als der Alkoholgehalt. Wenn ich es nicht eben getrunken hätte, wüsste ich also nicht, um was für einen Bierstil es sich dabei handelt.

Was verbindet sich hinter Ebony Smoke? Was hinter Gnärzla Flüssig Brot? Und was ist Woolloo Mooloo? Ach ja, letzteres ist ein India Pale Ale, das steht doch noch dabei. Aber die anderen Biere?

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Blick zum Thekenbereich

Zum Glück ist der Kellner hochmotiviert, uns zu beraten. Zu jedem Bier weiß er etwas zu erzählen, und immer wieder bietet er uns an, doch einen winzigen Schluck zu probieren, um einen Eindruck zu bekommen, was uns erwartet. Sehr schön, auch wenn es den Bestellprozess natürlich ein wenig in die Länge zieht.

Irgendwann steht dann aber das Testbrettchen vor mir, und ich mache mich an die Verkostung.

Den Auftakt macht das Ebony Smoke, ein dunkles, fast schwarzes Rauchbier mit 4,9%. Der Name ist also Programm. Das Raucharoma ist intensiv, aber nicht zu aufdringlich, das Bier kräftig und robust, ganz in der Tradition der fränkischen, speziell der Bamberger Biere.

Das zweite Bier, ein American Pale Ale mit 5,2%, entführt uns hingegen in die große, weite Welt. Amerikanische Hopfenaromen mit viel Frucht, eine leichte Malzsüße auf der Zunge und eine kernige Herbe im Abgang machen dieses hellbernsteinfarbene Bier ebenfalls zu einem Genuss, wenn auch zu einem völlig anderen.

Wir bleiben international und probieren mit dem dritten Bier ein Belgian Style Wit mit 5,2% Alkohol. Fruchtige Koriander- und Orangenschalennoten riechen wir, aber es fehlt als Tüpfelchen auf dem „i“ eine frische und spritzige Leichtigkeit, das Bier wirkt etwas behäbig, was bei diesem Stil immer ein wenig enttäuscht. Bei einem Wit sollte man den Frühling und den Sommer auf der Zunge spüren, sich in Gedanken an den Sandstrand versetzen können; hier bleibt man eher an einem der ersten warmen Tage im letzten Grau des scheidenden Winters, in das die Sonnenstrahlen noch nur mit Mühe eindringen können.

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das Testbrettchen

Mit dem Amber Lager 1.0 geht es stilistisch wieder in Richtung Nordamerika. 4,9% Alkohol, kräftige Bernsteinfarbe, kremiger Schaum, im Aroma eine ausgewogene Mischung aus Hopfennoten und einer recht intensiven Malznote, die mir persönlich vielleicht etwas zu mastig ist und sich auf der Zunge auch wiederfindet. Kein schlechtes Bier, aber nach einem Glas hätte ich davon vermutlich genug, dann beginnt sich ein gewisser Trinkwiderstand aufzubauen.

Schließlich das fünfte und letzte Glas auf dem Brettchen: Das Blond Munich. 5,2% Alkohol, ein schöner und stabiler Schaum, eine ansprechende, goldene Farbe. Soll es ein klassisches Hell sein? Dafür wäre es zu estrig, nicht rein genug. Soll es eher in Richtung eines belgischen Blond gehen? Dann wäre es nicht alkoholstark genug und hätte wiederum zu wenig Ester. Es eiert ein wenig herum, ist durchaus gut trinkbar, aber keine perfekte Punktlandung.

Nach den vielen kleine Gläschen steht mir zum Essen nun der Sinn nach einem etwas größeren Glas. Es muss nicht gleich ein halber Liter sein, aber wenigstens einen großen Schluck sollte ich schon nehmen können, und so bestelle ich mir ein Imperial Pils. Auch so ein seltsamer Name. Ein stärker eingebrautes („Imperial“), ordentlich gehopftes („Pils“) Lagerbier nannte man früher einfach Heller Bock. Aber dafür ist es mit 5,5% nicht stark genug. Aber diese Prozente reichen für das Attribut „Imperial“ eben auch nicht… Aber egal, wie es heißt, es schmeckt vorzüglich. Kräftige Hopfennoten, eine schöne Mundfülle (man spürt, dass es etwas stärker ist) und eine kernige Herbe im Abgang. Ein schöner Begleiter zum Essen, das ganz vorzüglich schmeckt, appetitlich arrangiert ist und zu sehr fairen Preisen serviert wird.

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das Essen schmeckte vorzüglich

Allein schon der Name verleitet mich nun noch dazu, ein letztes Bier zu trinken, das Woolloomooloo. Ein India Pale Ale, wie ganz klein neben dem auffälligen Namen notiert ist, mit 6,8% Alkohol. Ein sehr schöner Vertreter seines Stils. Bernsteinfarben, üppiger und haltbarer Schaum, schöne Hopfennoten in der Nase und auf der Zunge, ein bisschen Malzkörper, der die Bittere ausbalanciert, die ansonsten sehr kernig auf der Zunge und im Rachen spürbar bleibt. Gelungen!

Für heute soll es reichen, beschließen wir. Es war ein sehr schöner Brauereibesuch, die Biere waren interessant und fast alle sehr gut, das Essen prima, der Service sehr freundlich und kommunikativ. „Wir möchten zahlen“, signalisieren wir, aber der Kellner schüttelt grinsend den Kopf: „Ich habt doch das Gnärzla noch nicht probiert, und dabei ist das doch eine wirkliche Besonderheit! Die dürft Ihr nicht verpassen!“

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es schmeckt besser als es aussieht: das Gnärzla

Und so verkosten wir tatsächlich noch ein letztes, ein wirklich aber allerletztes Bier, das Gnärzla Flüssig Brot. Die Besonderheit ist: Es wird mit Brotresten gebraut. Altes Brot, dass in der Bäckerei nicht verkauft wurde, dient als Zutat und ergänzt die Malzschüttung. Eine schöne Idee, um gegen die Verschwendung in unserer Gesellschaft ein wenn auch nur eher symbolisches Signal zu setzen. 5,7% Alkohol hat es, schmeckt sehr vollmundig, ein bisschen süßlich, etwas brotig, entwickelt aber nahezu keinen Schaum. Ein bisschen erinnert es an meine ersten Hausbrauversuche, bei denen oft auch ein sehr estriger Hefecharakter über brotigen Noten schwebte. Durchaus interessant.

Das war’s jetzt aber wirklich – nun zahlen wir und gehen. Wir haben schließlich noch eine halbe Stunde Fußweg bis ins Hotel vor uns. Schön war’s!

Die Gasthausbrauerei Kronprinz Bamberg ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Sie liegt etwas außerhalb, in der Gaustadt, und man erreicht sie entweder mit einem langen Spaziergang entlang des linken Regnitzarms, oder man nimmt den Stadtbus, der an der Haltestelle Gaustadt Fabrikbau direkt gegenüber hält.

Bilder

Kronprinz Bamberg
Gaustadter Hauptstraße 109
96 049 Bamberg
Bayern
Deutschland

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