Schongauer Brauhaus
Schongau
DEU

Entspannt lehne ich mich zurück. Leise knarzt der Korbsessel unter mir. Einzelne Sonnenstrahlen finden ihren Weg durch das dichte Laub der Kastanie und kitzeln ab und an in der Nase. Gedämpft durch die hohe Hecke höre ich manchmal ein Auto vorbeirauschen. Martin aus Landsberg, so hat er sich vorhin vorgestellt, spielt auf der nur leicht verstärkten Akustik-Gitarre Popsongs aus den vergangenen Jahrzehnten. Die Beatles, Simon & Garfunkel, Rod Stewart. Deeply relaxing.

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zum Auftakt ein Helles

Die Gedanken gehen auf Reisen. Weit in die Vergangenheit. „I am Sailing“ im Partykeller des Klassenkameraden. Weit über vierzig Jahre ist das her. Wie sorgenfrei die Welt damals doch noch schien. Die Abiturprüfung war noch eine Weile hin, wir lebten im hier und heute. Lernen können wir auch morgen noch, hieß die Devise.

Aber auch jetzt fällt einiges von mir ab. Dreieinhalb Monate „Systemrelevanz“. CoViD-19 Pandemie. Sorgen um die Familie. Endlich die wichtigsten Probleme gelöst. Das erste richtig freie verlängerte Wochenende ohne Verantwortung. „Blackbird singing in the dead of night“, höre ich Martins dunkle Stimme, und passend dazu singt eine Amsel im Garten nebenan.

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das Schongauer Brauhaus

Seit ein paar Stunden sitzen wir schon hier im Biergarten des Schongauer Brauhauses. Gemütlich habe ich mich durch das Bierangebot getrunken und hervorragend dazu gegessen. Den Auftakt machte ein simples Helles, mit feiner, duftiger Hopfennote, nur einer ganz milden Herbe und recht niedriger Spundung. Obwohl es gerade erst Mittag geschlagen hatte, zischte das Bier schon ganz wunderbar und machte Appetit. Appetit auf ein weiteres Bier, Appetit aber auch auf etwas Deftiges.

„Heute hätten wir Spanferkel als Tagesgericht“, empfahl die Chefin, Frau Albrecht, und ahnte gar nicht, wie sehr sie damit in Schwarze traf. Ohne auch nur einen Blick in die Speisekarte zu werfen, nickte ich: „Genau das Richtige!“

„Und wenn ich Ihr T-Shirt richtig interpretiere“, lachte Frau Albrecht und deutete auf den großen Bierkrug auf meiner Brust, „dann wollen Sie die anderen Biere dazu auch noch durchprobieren, oder?“

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ein virenfreies Kaltgetränk: NoViD-19

Ich nickte, und sie empfahl mir das NoViD-19, ein „pandemiefreies, fermentiertes Kaltgetränk, also ein Bier, das nicht Bier heißen darf, weil unser Brauer, der Stephan, dazu Gerste und Maisflocken verwendet hat. Und mit der Hallertauer Lilly hat er es hopfengestopft.“ Der Stephan ist der Sohn, vor kurzem erst hat er seine Brauer- und Mälzer-Ausbildung abgeschlossen, sich aber blitzschnell in die Herzen der Gäste gebraut. „Ein bisschen ist im Tank noch drin, das Bier hat sich wunderbar verkauft und wird jetzt auch wieder nachgebraut!“

Ein kräftiges Karamellaroma und leichte Maisnoten rieche ich, und auf Zunge und Gaumen ist das 4,5%ige Bier sehr weich und rund. Noch bevor mein Spanferkel kommt, ist mein zweites Bierglas leer. Meine holde Ehefrau, die sich derweil an ein alkoholfreies Weizen hält, runzelt die Stirn: „Du hast ja heute nichts mehr vor, oder? Wenn du auf nüchternen Magen so weiter machst, ist der Sonntag noch vor dem Nachmittagskaffee gelaufen!“

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Spanferkel

„Und wenn schon!“, halte ich dagegen. „Das habe ich mir jetzt verdient!“ Zusammen mit dem Spanferkel kommt das Dunkle, ein sehr malziges, leicht röstiges, vollmundiges und rundes Bier. Perfekt zum deftigen Spanferkel, zum Rotkraut, zu den Knödeln und ganz besonders zu der dicken, sämigen Soße passend. Biergartenkultur vom Feinsten. Martin spielt irgendetwas aus den frühen Siebzigern, während ich die Kruste kleinsäbele und in die dicke Soße tunke. Gesund ist anders, aber ab und an darf man auch mal hemmungslos genießen, erlaube ich mir großzügig.

Die Sonne wandert weiter, aber wir haben unseren Platz strategisch gewählt. Der Rand des Schattens, den die Kastanie wirft, geht unverändert mitten über unseren Tisch, lediglich der Winkel ändert sich. Meine Frau schwitzt wunschgemäß in der Sonne, ich sitze im Schatten und schwitze lediglich vom Essen und Trinken.

„Darf’s noch ein Nachtisch sein?“, meldet sich Frau Albrecht. „Wir machen unser Parfait selbst!“ – „Oh, ja, gerne“, antworten wir im Chor und sehen uns lachend an. „Und dazu bitte noch das Red Ale“, füge ich hinzu.

Ken I Kill You nennt sich das Bayrisch-Irish Red Ale, hat 4,9%, einen feinen, an Brotkruste erinnernden Geruch, eine ausdrucksvolle und kernige Herbe und einen schönen, runden Abgang. Das beste von jetzt schon vier guten Bieren. Sowohl der leicht brotige Charakter als auch die Herbe paaren sich hervorragend mit der Süße der beiden Parfait-Sorten, mit dem Vanille-Parfait gut, mit dem Schokoladen-Minze-Parfait sogar perfekt. Was für ein herrlicher Abschluss.

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Schokoladen-Minze-Parfait

Wir sacken auf unseren Korbstühlen ein bisschen zusammen. Der Ranzen spannt, aber es war wunderbar. So halb fallen mir die Augen zu, und die Gedanken gehen auf Reisen …

An den Nachbartischen wird es ruhiger. Die meisten Paare und Familien haben durchgegessen und machen sich auf den Heimweg, den Rest des Sonntagnachmittags genießen. Auch für uns wäre es jetzt eigentlich Zeit. Jeder noch einen Kaffee, gegen die Lethargie und die Verdauungsschwere, beschließen wir. „Kaffee? Kein Problem. Aber Sie …“, wendet sich Frau Albrecht an mich, „… Sie sind doch mit den Bieren noch gar nicht ganz durch. Wir haben noch ein helles und ein dunkles Weizen! Da werden Sie wohl ein Six-Pack mitnehmen, oder?“

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ein Teil des kleinen Sudwerks

Lachend stimmen wir zu, und ich trotte hinter ihr her in den gemütlichen Schankraum. Rechter Hand sehe ich die kleine kupferne Anlage, auf der die Schongauer Biere alle entstehen, und gegenüber ist ein kleiner Verkaufsstand eingerichtet. Die Biere stehen auf Halbliterflaschen gezogen im Kühlschrank, davor ein bisschen bierige Dekoration. Holzfässer, Malzsäcke und dergleichen, um zum Kauf zu animieren.

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bierige Deko

Da steht auch schon Stephan Albrecht neben mir, der Jungbrauer, und sortiert mir die Biere in kleine Sechserkartons. „Das Flaschenbiergeschäft hilft uns, die Corona-Krise besser zu bewältigen“, erzählt er. „Wie alle Gastronomen haben wir es die letzten Monate schwer gehabt. Zum Glück packt die ganze Familie mit an, aber die Arbeitszeit darf man eigentlich gar nicht berechnen. Jetzt wird es aber langsam wieder besser. Wir müssen noch ein bisschen die Zähne zusammenbeißen.“

Schwer bepackt mit mehreren Six-Packs, die Kollegen auf der Arbeit sollen auch mal in den Genuss dieses Biers kommen, gehe ich zum Tisch zurück. „Packen wir’s?“, fragt meine Frau und möchte schon aufstehen. Doch ich schüttele den Kopf. „Nein. Das dunkle Weißbier gibt es nicht in Flaschen, das schäumt zu sehr, hat der Brauer mir gerade gesagt. Das muss ich jetzt noch vor Ort probieren.“

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dunkles Weizen vor Lavendel

„Das eine noch, und dann gehen wir“, füge ich hinzu, und seufzend fügt sich meine Frau in ihr Schicksal. Und auch das fünfte Bier für heute fügt sich wunderbar ein in ein rundum stimmiges Bild. Feine Biere, deftiges und schmackhaftes, sorgfältig zubereitetes Essen, ein herzlicher, freundlicher Service, ein urgemütlicher Biergarten, tief entspannende und unaufdringliche Livemusik – das war jetzt genau das Richtige, um wieder eine Minimal-Normalität zu starten, nachdem die Lastspitzen auf der Arbeit hinter mir liegen.

Wenn’s hier immer so ist, wie heute, dann soll das Schongauer Brauhaus wohl eine dicke Empfehlung wert sein!

Das Schongauer Brauhaus ist dienstags bis donnerstags von 11:30 bis 14:00 Uhr und von 17:00 bis 21:00 Uhr geöffnet, freitags und sonnabends nur von 17:00 bis 21:00 Uhr, und sonntags von 11:30 bis 20:00 Uhr; montags ist Ruhetag. Es liegt nur ein paar Minuten zu Fuß nordwestlich der historischen Altstadt Schongaus; kommt man mit der Bahn, dann durchquert man die Altstadt einmal diagonal, und dann ist man da. Wer mit dem Auto kommt, kann hinter dem Brauhaus kostenfrei parken.

Bilder

Schongauer Brauhaus
Altenstadter Straße 13
86 956 Schongau
Bayern
Deutschland

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