Nach eigenen Angaben der größte Craft Bier Store des Landes – 800 verschiedene Biere von mehr als 120 Brauereien aus der ganzen Welt heißt es auf der Homepage des BeerLovers Craft Beer Store, und als ich am 25. Februar 2016 vor der Glastür in der Gumpendorfer Straße stehe, glaube ich das, noch bevor ich den Laden betreten habe: Eine lange Fensterfront, durch die man den hell erleuchteten Laden sehen kann, ein Regal neben dem anderen…
Ich öffne die Tür, betrete das Geschäft und staune trotzdem erneut. Eine große Verkaufsfläche, dazwischen die Regale, sauber nach Bierstilen sortiert, sehr sorgfältig beschriftet, gut leserlich, alles sehr eingängig. Wenn ich wüsste, wonach ich suchen sollte, würde ich alles sofort finden. Und trotzdem fühle ich mich von dieser Auswahl, dieser Präsentation erschlagen.
Ich wandere zunächst ziellos zwischen den Regalen hin und her, schaue hier eine Flasche an, bestaune dort ein paar auf Strohballen präsentierte Gimmicks. Manche ganz besonders seltenen und teuren Spezialitäten stehen ganz oben im Regal hinter Gittern, so dass man weder drankommt noch eine solche Flasche in einem unbeobachteten Moment in die Einkaufstasche oder den Rucksack gleiten lassen könnte. Verständlich, denn der Laden ist so weitläufig, dass nicht jede Ecke für das Personal einsehbar ist. Für’s Bier ist das vielleicht nicht wirklich gut, denn es ist warm hier. Meines Erachtens viel zu warm. Für eine kurze Zeit kann man das Bier so lagern, aber auf die Dauer schaden so hohe Temperaturen dem Bier mit Sicherheit. Und gerade das teure Bier, das wahrscheinlich nicht so häufig gekauft wird und lange im Regal steht, steht ganz oben, wo es am wärmsten ist. Hm, ich weiß ja nicht…
An der Seite des Ladens ein Regal mit Craft-Bier-Literatur. Eine ganze Reihe schöner Bücher über Bier, aufwändig präsentiert. Viel deutschsprachige Literatur über Spezialbiere gibt es noch nicht, aber alle wichtigen Bücher sind da.
Ein paar Stufen führen hinunter in ein Tiefgeschoss, wohl ein Eventbereich, in dem auch mal Biere verkostet werden können.
Hinter der Kasse ein großer begehbarer Kühlraum – wer möchte, kann sich unmittelbar vor der Verkostung das Bier hier gekühlt abholen, eigentlich unmittelbar trinkfertig. Obwohl: Bei ungefilterten Bieren würde ich es persönlich bevorzugen, die Flasche nach dem Heimtransport noch ein paar Tage im eigenen Kühlschrank aufzubewahren, auf dass sich der Bodensatz wieder fest absetzen möge. Aber jeder, wie er will…
Und als besondere Idee kann man sich aus vier ständig wechselnden Fassbiersorten einen Krug mit einem oder zwei Litern Inhalt, einen sogenannten Growler, füllen lassen. Nette Idee.
Ein paar Flaschen kaufe ich mir, greife mal hier, mal da zu, muss mich aber beschränken, um den Rucksack, der mich noch den ganzen langen Tag begleiten wird, nicht zu voll zu machen. Disziplin ist angesagt. Trotzdem bin ich zufrieden, der kleine Abstecher vom Naschmarkt, nur zwei- oder dreihundert Meter Fußweg, hat sich gelohnt. Leckeres Bier und ein paar schöne Eindrücke.
Auch wenn ich persönlich kleine, enge, wuselige Biergeschäfte bevorzuge, die mehr Atmosphäre ausstrahlen und nicht so steril und zu perfekt wirken (nicht wahr, liebe Esther, lieber Ludger?), so ist der BeerLovers Craft Beer Store doch trotzdem jederzeit einen kleinen, bierigen Ausflug wert.
Der BeerLovers Craft Beer Store ist montags bis freitags von 11:00 bis 20:00 Uhr und sonnabends von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Zu erreichen ist er in wenigen Minuten zu Fuß von der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse. Nach eigenen Angaben ist geplant, im Store noch im März 2016 eine eigene kleine Brauerei einzurichten und zusammen mit Gastbrauern eigene Biere zu produzieren.
Nachtrag 5. April 2018: Zwei Jahre sind ins Land gegangen seit meinem ersten (und bisher einzigen) Besuch. Die kleine geplante Brauerei ist mittlerweile installiert und in Betrieb: Die Muttermilch Vienna Brewery. Aber auch sonst haben sich einige Kleinigkeiten geändert: Vor der Brauerei befindet sich nun ein Verkostungsraum, in dem Bierseminare abgehalten werden, und das Bierangebot wurde um Brauzubehör erweitert. Hopfen, Hefe, Kleinkram – noch mehr Gründe (neben den 800 Sorten Bier), um dem BeerLovers Craft Beer Store einen Besuch abzustatten.
Nachtrag 2. August 2018: Wir sind seit längerem mal wieder auf einer Städtetour de Bier. Markus Betz, der Chef vom BeerLovers Craft Beer Store wartet schon auf uns, um uns seinen Laden zu zeigen und sein Konzept zu erläutern. Und hinten in der Muttermilch Vienna Brewery wartet Marina Ebner, um uns durch ihre Brauerei zu führen. Die Zeit ist begrenzt, aber ausreichend. Was aber viel schlimmer ist: Es ist erst früher Vormittag, und der Tag ist vollgepackt mit weiteren Terminen. Keine Chance also, leckere Biere zu kaufen, weil ich sie dann den ganzen lieben langen Tag lang im Rucksack herumschleppen muss. Also: Wir hören uns nur an, was Markus uns über seine Vision der Craftbier-Zukunft erzählt.
Für einen Moment klappt das auch ganz gut, bis meine holde Ehefrau mir ins Ohr flüstert: „Kuck mal da, da stehen fassgereifte Biere!“ Behutsam nimmt sie eine Flasche aus dem Regal, mustert sie aufmerksam, dreht sie ein, zwei Mal in der Hand und stellt sie dann entschieden … nein, nicht zurück, sondern auf den Tresen an der Kasse. Schon greift sie wieder ins Regal. Das gleiche Spiel.
Und Markus erzählt und erzählt. Als er endlich ein Ende findet und ich mich umdrehen kann, sehe ich die Bescherung: Eine solide Rucksackfüllung bester Biere steht auf dem Tresen!
Gezahlt ist schnell, eingepackt auch, aber dann beginnt eine wahre Tortur. Der Rucksack wiegt nun gute zehn Kilogramm und wird mich bis zum bitteren Ende des heutigen Tourtags begleiten. Nur gut, dass die sorgfältig handverlesenen Biere diesen Aufwand wert sind. Beste, fassgereifte Qualität aus verschiedenen Ländern…
BeerLovers Craft Beer Store
Gumpendorfer Straße 35
1060 Wien
Österreich
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