Nachtrag 24. Juni 2024: Viel ist passiert in den siebzehn Jahren, seit ich das letzte Mal hier war … Die alten Besitzer des Brauhauses am Waldschlösschen, die die Gasthausbrauerei seit ihrer Eröffnung im Jahr 1997 betrieben hatten, gaben nach dem Corona-Lockdown auf. Zwar waren Umbau- und Renovierungsarbeiten bereits beschlossen und in Teilen begonnen worden, aber offensichtlich führten die Pandemie-Einschränkungen zum finanziellen Genickbruch.
Sollte in dem altehrwürdigen Brauereigebäude der ehemaligen Societäts-Brauerei von 1836 der Braubetrieb nun endgültig zum Erliegen kommen?
Nun, zum Glück fand sich ein neuer Investor, und seit März 2023 ist das Brauhaus am Waldschlösschen nun ein Franchise-Unternehmen der Paulaner Brauerei. Zwar gehört sie damit zum Schörghuber- und Heineken-Imperium, aber das ist halt immer noch besser, als ganz geschlossen zu sein.
Nach einem langen, sonnigen Spaziergang entlang der Elbe finden wir einen schönen Platz auf der Terrasse oberhalb des Biergartens und kommen hier in den Genuss, von drei jungen Menschen, zwei Damen und einem Herrn, außerordentlich freundlich und aufmerksam bedient zu werden. Blitzschnell sind die drei, und nur Augenblicke nach unserer Bestellung steht bereits ein Tester mit den fünf hier angebotenen Bieren vor mir auf dem Tisch. Zu jedem Bier gibt es ein kleines Infokärtchen mit allen „technischen Daten“, die er Bierliebhaber gerne von seinem Bier wissen möchte, und unserer Kellnerin, einer jungen Ukrainerin, gefällt es sichtlich, unser Interesse zu sehen.
vier Standardbiere und ein Saisonbier
Die Biere, vier aus dem Standardsortiment und das fünfte als Saisonbier, sind mehrheitlich ganz ausgezeichnet, aber auch hier gilt: Wo viel Licht, da viel Schatten:
- Bier Nummer 1, das Bräuhaus Hell mit 4,9% Alkohol, kommt als vorzüglicher, überraschend rund und aromatisch ausbalancierter Vertreter dieses oft unterschätzten, derzeit aber in Mode gekommenen Bierstils daher.
- Bier Nummer 2, das Bräuhaus Zwickl, ist ein wenig kräftiger im Alkohol (5,2%), noch etwas runder und schon recht würzig.
- Bier Nummer 3, das 5,5%ige Bräuhaus Dunkel mit ebenfalls 5,2% Alkohol, enttäuscht ein wenig durch einen fast schon künstlich wirkendes Röstmalzaroma, dem die Fülle und feine, röstige, teils vielleicht schon ins ganz leicht mokkaartig gehende Sensorik fehlt.
- Bier Nummer 4, das Bräuhaus Weißbier, markiert den Tiefpunkt der Verkostung – 5,3% Alkohol, ein extrem phenolischer und dumpfer Geruch und ein Geschmack mit fast schon ins Faulige reichenden Noten. Wie kann so etwas sein?
- Bier Nummer 5, das Sommerbier Pale Ale mit 5,2%, versöhnt dann wieder. Fruchtig, frisch, hopfig herb, schlank, aber nicht zu trocken – ein perfektes Bier für einen schönen, warmen Sommerabend. Und vor allem: Es weist eine so hohe Durchtrinkbarkeit auf, dass ich mir gleich noch ein großes Glas davon bestelle – jetzt nicht mehr zum Verkosten, sondern zum unbeschwerten Genuss in großen Schlucken.
Das Essen dazu – Schupfnudeln auf der einen Seite des Tischs, Matjes mit Bratkartoffeln auf der anderen – ist vorzüglich, und so zählen wir den heutigen Besuch im Brauhaus am Waldschlösschen mal trotz des misslungenen Weissbiers zu den gelungenen.
Ein paar schöne Bilder vom heute angesichts des tollen Wetters verwaisten Innenraum mache ich noch, und dann trollen wir uns langsam wieder. Ein schöner Spaziergang im warmen Licht der untergehenden Sonne entlang der Elbe zurück in die Altstadt liegt noch vor uns.
Brauhaus am Waldschlösschen
Irgendwie hatte es das Brauhaus am Waldschlösschen gar nicht verdient, dass wir am 19. Juli 2007 hier obwohl schon müde und satt doch noch eingefallen sind. Wir waren den ganzen Tag unterwegs gewesen und hatten gerade vorher noch gut gegessen. Schwierige Bedingungen, auch für eine gute Brauerei: Wir saßen beim Bier, hatten keinen Hunger und sehnten uns nach einem Bett.
Außenansicht
Und trotzdem war es schön. Das Weißbier schmeckte schön aromatisch und leicht kümmelig, das Dunkle war weich und mild, und das Helle glänzte mit einem runden, aromatischen Geschmack, zu dem in diesem Fall auch die leichte Diacetylnote passte, die sonst im Bier doch immer verpönt ist.
das aromatische Helle
Gemütlich war’s und urig, und wir hatten eine recht nette Bedienung. Vom Biergarten kann man (noch …) über die Elbe in Richtung von Dresdens Innenstadt schauen und ganz entspannt das Leben genießen. Langsam geht die Sonne unter, taucht alles in warme Farben – ein schöner Moment, der noch lange in Erinnerung bleibt.
Das Fazit kann also nur lauten: Auch unter schwierigen Bedingungen ist die Prüfung bestanden!
das kupferne Sudwerk
(Und in der Historie der Brauerei findet sich eine nette Anekdote, aus der hervorgeht, dass am Waldschlösschen die Bedingungen gelegentlich ganz andere waren [zitiert nach Emil Ulischberger]: Ein wichtiger Tag für die Entwicklungsgeschichte der Dresdner Bierverhältnisse war der 26. März 1838, an welchem Tage die Sozietätsbrauerei auf dem Waldschlößchen für den öffentlichen Ausschank eröffnet wurde. Man vertilgte 5675 Krügel trotz der noch ziemlich rauhen Witterung. Es muß bei dem Gedränge nach dem edlen Naß schon etwas stürmisch hergegangen sein, denn es fanden sich am anderen Tag in dem Schanklokal verschiedene Hutkrempen, Krawattenschleifen, zerrissene Manschetten, Hutfutter, ein halbes Vorhemdchen, eine Mützenblende, mehrere Stückchen Tuch usw. vor. Sehr gut erinnerlich sind mir noch die Versuche, welche die vornehmen Kreise, namentlich die Damenwelt, mit diesem neuen Gebräu machten. Eine halbe Kanne Waldschlößchen wurde in Weingläsern verteilt, mit Vorsicht geschlürft, und erwartungsvoll harrte man der Folgen dieser Ausschweifung.)
Brauhaus am Waldschlösschen
Am Brauhaus 8b
01 099 Dresden
Sachsen
Deutschland
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