Miejski Browar Stargard
Stargard Szczeciński
POL

28. Oktober 2023: Diesmal waren wir so pfiffig und haben im Voraus reserviert. Was für eine gute Entscheidung. Gemeinsam mit Bierpapst Conrad Seidl und seiner lieben Frau haben wir einen Tisch im Erdgeschoss ergattert – dort, wo die Miejski Browar Stargard am gemütlichsten ist (was nicht heißen soll, dass es im Obergeschoss oder auf der Dachterrasse ungemütlich sei …).

Das Essen ist – wie immer – vorzüglich und sehr appetitlich arrangiert, und insbesondere die Golonka, also die deftige Schweinshaxe mit Kraut mundet vorzüglich.

Und das Bier?

mit dem Bierpapst Conrad Seidl auf ein Helles Lager und ein Weizen mit grünem Tee

Das helle Lager weist einen Hauch von DMS auf und schrammt damit ganz knapp an einer überdurchschnittlichen Wertung vorbei, während das Weizen mit grünem Tee einen tiefen Eindruck nicht nur bei mir, sondern auch beim Bierpapst hinterlässt. Erfrischend, ausgewogen und durch den Tee-Zusatz mit einem dezenten Twist versehen, der zum Weitertrinken anregt. Die Kunst liegt in der Zurückhaltung, nur gerade so viel aromatisierten grünen Tee hinzuzugeben, dass der Grundgeschmack und eine feine zitronige Fruchtigkeit zu erahnen sind, sie aber das Weizenbier nicht dominieren.

Bestens gelungen.

Und der alkoholfreie kleine Bruder, also das Bezalkoholowe Tea Ale steht dem alkoholischen Bier in nichts nach; es erfreut sich bei unseren Ehefrauen allerhöchster Beliebtheit.

Miejski Browar Stargard? Ihr habt die Prüfung bestens bestanden!

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Miejski Browar Stargard

Nachtrag 1. Oktober 2023: Ein paar zusätzliche Bilder in der …

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Miejski Browar Stargard

Nachtrag 3. Juni 2023: Bei herrlichstem Frühsommerwetter finden wir heute eine schönen Platz auf der Terrasse im oberen Stockwerk. Der Kellner war ausgesprochen guter Laune und behielt selbst angesichts einer sehr chaotischen Gruppe von zwölf jungen Leuten am Nachbartisch sowohl die Übersicht als auch sein Lachen. Souverän beherrschte er das Chaos und war tatsächlich in der Lage, die durcheinandergerufenen und gefühlt ‘zigmal korrigierten Bestellungen zu verstehen, umzusetzen und anschließend auch alles korrekt am Tisch zu verteilen. Wir waren vom Zuschauen schon erschöpft und tief beeindruckt.

alkoholfreies Weizen mit grünem Tee und Zitrone; Meeräsche; Dinkelbier mit Morellen

Unsere Bestellung gestaltete sich wesentlich simpler – ein Hauptgang für jeden, dazu etwas Bier und Limonade, und fertig. Fertig allerdings auch im Sinne von hochzufrieden. Die Meeräsche schmeckte vorzüglich, war appetitlich arrangiert und mit spannenden Gemüsesorten kombiniert, und das Alkoholfreie Weizen mit grünem Tee und Zitrone das perfekt zu diesem Wetter passende Autofahrergetränk.

Nicht schlechter, allerdings völlig anders, das 3,8%ige Dinkelbier mit Morellen – knallorangefarben, süß und fruchtig, und im Hintergrund eine nussig-kernige Note vom Dinkel. Was für ein spannendes Bier!

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Miejski Browar Stargard

Stargard – eine Mittelstadt etwa dreißig Kilometer ostwärts von Szczecin – nennt sich selbst die „Perle der pommerschen Gotik“. Jetzt ist es mit solchen selbst gegebenen Bezeichnungen oft so, dass sie viel mehr versprechen, als sie in der Realität halten können, aber ich muss zugeben: Auf einem Spaziergang durch den Grüngürtel einmal rund um die alte Stadtmauer sehe ich tatsächlich eine beeindruckende Anzahl von gotischen Gemäuern. Alte Stadttore, Wehrtürme, Kirchen – schmucke Ziegelbauten allerorten. Auch das Rathaus in der Stadtmitte mit seinen üppigen Verzierungen gefällt gut.

An einem der Stadttore aus dem 15. oder 16. Jahrhundert steht eine sehr schöne Villa, Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut vom Besitzer der Stargarder Zuckerfabrik, in der kommunistischen Zeit als Pfadfinderquartier und als Bibliothek genutzt, und dann ziemlich heruntergekommen, wie man in einer Fotostrecke zur Geschichte der Brauerei sehen kann.

Bis … sich mit Marek Szubert ein Investor fand, der dieses alte Gebäude renovieren und in ihm eine Gasthausbrauerei einrichten ließ. 2019 wurde die Miejski Browar Stargard, die Stadtbrauerei Stargard, eröffnet.

Außenansicht

Ich drücke die Eingangstür der Villa auf, gehe ein paar Stufen hoch und schon stehe ich in einem schmucken Gang zwischen der Theke auf der rechten Seite und den kupfern glänzenden Braukesseln auf der linken. Schon der erste Eindruck ist sehr positiv – alles wirkt heute, am 5. November 2022, gepflegt, durchdacht und einladend.

Ein paar Schritte weiter, und ich stehe vor der Wahl zwischen zwei Schankräumen, beide durch eine Wand mit einem großen Durchgang getrennt. Sie sind beide ähnlich eingerichtet, und die Trennwand steht wohl nur deswegen, weil die Statik der Villa ein Entfernen nicht zulässt.

Ob gemütliche dunkelgrüne Sofas oder eher aufrechte Holzstühle – die Wahl ist wohl davon abhängig, ob man sich beim Bier hinlümmeln oder doch lieber gepflegt essen möchte.

die Einrichtung ist sehr einladend

Essen“, entscheidet meine holde Ehefrau, und so setzen wir uns an einen der höheren Holztische mit den passenden Stühlen. Der aufmerksame und sehr freundliche junge Kellner bringt uns eine englische und eine polnische Speisekarte und erläutert, dass es seit heute zwei neue Gerichte gebe, und zwar gegrilltes Schweinefilet sous vide mit Süßkartoffel-Sellerie-Püree, Stangenbohnen und Senfsoße sowie Fischrisotto mit Kapern, Dorschfilet und einer Riesengarnele. Beides sei vorzüglich, und weil die Gerichte so neu seien, würde der Koch sich sogar noch mehr Mühe geben als sonst …

Wir nehmen den Vorschlag gerne an und bestellen genau diese beiden Gerichte. Dazu einen Tester mit allen sechs Biersorten, die derzeit hier am Hahn sind.

Der Koch macht sich ans Werk, und der Kellner bringt uns den Biertester. Kleine Kartonkärtchen sind mit simplen Haargummis an den Gläsern festgemacht und informieren uns über die Biere. Witzig – das Set sieht als, als seien es sechs Teegläser mit Teebeuteln.

der Biertester

Ich mache mich an die Verkostung und starte mit einem 5,3%igen Polish Wheat z Zieloną Herbatą, also einem Weizenbier mit grünem Tee. Es ist mit Zitrone und Mango aromatisierter grüner Tee, der im Lagertank zum Bier hinzugegeben wurde, und das Resultat schmeckt deutlich besser als die Beschreibung klingt. Die Zitronen- und Mangoaromen sind deutlich spürbar und passen hervorragend zum frischen, spritzigen Charakter des Weizenbiers, und der grüne Tee bringt eine leicht adstringierende Bittere hinein, die verhindert, das das Ganze zu fruchtig und parfümiert wirkt. Gut trinkbar!

Das zweite Bier ist das ebenfalls 5,3%ige einfache Weizen. Ein Standard-Weißbier ohne Höhen und Tiefen. Feine Bananenaromen, erfrischen und trotzdem vollmundig – ein rundum solides Hefeweizen, wie es auch im tiefsten Altbayern goutiert würde.

Als drittes probiere ich das 5,0%ige Lager und bin enttäuscht. Muffig und alt schmeckt es – entweder ist es tatsächlich schon uralt, oder es ist aus altem Malz gebraut worden, oder … es ist das abgestandene Bier, der Nachtwächter, aus der Leitung. Leider untrinkbar.

Bevor ich mich jedoch zu sehr ärgern kann, kommt der Kellner mit dem Essen – und das ist wirklich so vorzüglich, wie er es auch angepriesen hatte. Optisch sehr schön arrangiert, ganz frisch und heiß serviert und vorzüglich zubereitet und abgeschmeckt. Fein!

zwei neue Gerichte auf der Speisekarte

Wir fokussieren uns eine ganze Weile auf das Essen, sind hochzufrieden, und mittlerweile ist mein Ärger über das Lagerbier abgeklungen.

Weiter geht es mit der Bierverkostung. Bier Nummer 4 ist ein alkoholfreies Tea Ale – dem ersten Weizen mit grünem Tee ein bisschen ähnlich. Gar nicht so verkehrt für ein Alkoholfreies, weil der hinzugegebene Tee mit seinen Gerbstoffen die für alkoholfreies Bier typische Restsüße und den leicht getreidigen Geschmack ausbalanciert. Durchaus gelungen!

Das 4,9%ige Pils ist dann wieder eine Enttäuschung. Ähnlich wie das Lager schmeckt es muffig, dumpf und erdig. Nee, beide untergärigen Biere sind hier leider voll daneben.

Das sechste und letzte Bier, das 4,7%ige Dry Stout, vermag das Ruder aber nochmal herumzureißen. Feine Röstaromen, Schokoladen- und Kaffeenoten und eine Komplexität, die angesichts des niedrigen Alkoholgehalts überrascht, gefallen uns sehr gut – das ist der Favorit des heutigen Tages.

das Sudwerk

Ende gut, alles gut? Nun ja, nicht ganz. Es ist leider nicht das erste Mal, dass wir eine Gasthausbrauerei besuchen, in der das Essen besser ist als das Bier. So fein die obergärigen Biere einschließlich des Dry Stouts auch sind, so stark fallen die beiden untergärigen Biere ab – hart an der Grenze der Ungenießbarkeit.

Vielleicht kommen wir bald mal wieder, das Essen ist wirklich ungewöhnlich gut, und die Atmosphäre gefällt uns außerordentlich, aber dann werden wir beim Bier sehr vorsichtig sein und es noch einmal ganz sorgfältig verkosten. Vielleicht ist es heute nur ein einmaliger Aussetzer. Hoffentlich!

Die Miejski Browar Stargard ist täglich ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Das hier gebraute Bier kann auch in Flaschen mitgenommen werden, ebenso wie einige Backwaren, die hier in der Brauerei selbst hergestellt werden. Zu erreichen ist die Brauerei in ein paar Minuten zu Fuß vom Bahnhof Stargard – man muss also nicht zwingend mit dem eigenen Auto kommen.

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Miejski Browar Stargard
ulica Bolesława Krzywoustego 1
73-110 Stargard Szczeciński
Polen

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