Nachtrag 12. Juni 2021: Ein Freund und guter Kenner der deutschen Brauerszene macht mich drauf aufmerksam, dass Ulrike Doll im Frühjahr dieses Jahres nach etwas über zwanzigjähriger Geschichte das Brauhaus Jupiter geschlossen hat. Ein kleines Extrablatt auf ihrer Website berichtet davon.
das Brauhaus Jupiter wird geschlossen
Sie sagt es nicht direkt, aber ihre guten Wünsche an alle anderen Gastronomen lassen darauf schließen, dass die CoViD-19-Pandemie und die damit zusammenhängenden Betriebsschließungen der Grund waren: „Mein „Wirtschaftszweig“ geht nach 20 Jahren zu Ende, doch hoffe und wünsche ich, dass alle anderen Gastbetriebe überall auf der Welt die aktuellen Herausforderungen meistern und alte Geselligkeit zurückbringen können.“
Sehr schade.
Brauhaus Jupiter zu Steinsfurt
Brauhaus Jupiter – ein etwas ungewöhnlicher Name für eine Gasthausbrauerei. Ist der Brauer oder Geschäftsführer Hobby-Astronom? Oder ist das Bier hier geradezu kosmisch gut? Nein, es stellt sich heraus, dass nicht der Planet Jupiter gemeint ist, sondern der römische Gott Jupiter (nach dem der Planet natürlich benannt ist, wie wir wissen). Das Gebäude, das die Brauerei heute, am 8. Mai 2014, beherbergt, ist im Jahr 1959 errichtet worden, und bei den Bauarbeiten fand man seinerzeit eine Jupiter-Giganten-Säule. Nun denn, so kann das Brauhaus Jupiter zwar nicht auf fast 2000 Jahre Braugeschichte zurückblicken, aber dennoch stolz darauf sein, an einem Ort errichtet worden zu sein, dessen Siedlungswurzeln bis in das zweite oder dritte Jahrhundert zurückreichen.
eine ungewöhnliche Außenansicht
Das Brauhaus präsentiert sich von außen zunächst etwas ungewöhnlich. Das Gebäude ist klotzig, so gar nicht brauhaus-typisch, und der knallig bunte Schriftzug „Brauhaus Jupiter“ fällt ebenfalls etwas aus dem Rahmen. Erst mit Betreten des überraschend großen Schankraums macht sich „klassische“ Brauhaus-Atmosphäre breit. Der riesige Saal ist mit dicken Balken in kleinere Abschnitte unterteilt, in denen es sich gemütlich in kleiner oder großer Runde sitzen lässt. An der hinteren Wand des Saales steht das klassische Zwei-Geräte-Sudwerk der Firma Kaspar Schulz und glänzt kupfern. Daneben die kleine Theke, und dazwischen ein wuseliges Sammelsurium von Fünf-Liter-Partydosen und anderen Gimmicks.
das Kaspar-Schulz-Sudwerk
Ulrike Doll braut hier das klassische Brauhaus-Triplett – Hell, Dunkel, Weizen. Keine Experimente. Aber solide Qualität. Sowohl das Helle als auch das Dunkle sind sauber gebraut, sehr sortentypisch und rein. Offensichtlich wird viel Wert auf eine ausreichend lange und kalte Lagerung gelegt, was besonders dem Hellen sehr zugute kommt, und beim Dunklen wird scheinbar auch kein Farbmalz, sondern tatsächlich nur ein leicht färbendes Karamellmalz eingesetzt. Sehr gefällige und süffige Biere sind das Resultat, und sie munden sicher auch dem konservativen Biertrinker, wenn sie auch den Craft-Bier-Fan nicht zu begeistern wissen. Das Weizen haben ich angesichts der noch vor mir liegenden Fahrstrecke nicht verkosten können.
das Dunkle
Die Speisekarte bietet solide Kost, von der Grillhaxe bis zum Salatteller, saisonbedingt auch ein paar Spargelgerichte, sowie ein täglich wechselndes Tagesessen für kleines Geld. Keine großen Finessen, keine großen Experimente, aber leckeres Essen, das, wie wir an den Nachbartischen sehen konnten, auch bei den Gästen aus dem Ort gut ankommt: Fast alles schienen Stammgäste zu sein.
Das Brauhaus ist täglich ab 11:30 Uhr geöffnet (Montag ist Ruhetag). Man kann direkt vor dem Haus gebührenfrei parken oder mit der S-Bahn anreisen und fünf Minuten vom Bahnhof aus zu Fuß gehen.
Brauhaus Jupiter zu Steinsfurt
Keltergasse 21
74 889 Sinsheim-Steinsfurt
Baden-Württemberg
Deutschland
Wenn ich die Bilder von dem Gebäude sehe, bringt das die Problematik auf den Punkt: Viele neu gegründete Brauereien befinden sich, wohl auch aus Mangel an anderen Objekten in Gewerbegebieten. Zumindest bei mir kommt da keine Bierstimmung auf.
Da muss ich Dir Recht geben, Gernot.
Die Immobilienpreise, manchmal aber auch die missgünstigen Nachbarn (oder die, die Sorge haben, dass von einer Brauerei Lärm- und Geruchsbelästigungen und viel Verkehrsbelastung ausgehen) machen es schwierig, Neugründungen dorthin zu bringen, wo sie den Gästen am liebsten wären. Ich kenne zahlreiche Beispiele, dass (Gasthaus-) Brauereien in Industrie- oder Gewerbegebieten liegen. Nicht nur die Bierstimmung fehlt dann, sondern oft auch die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, so dass immer einer nichts trinken darf.
Mit bestem Gruß,
VQ