Altes Bier
(Leseprobe)

Reklame?*

Bier muss frisch sein, dann schmeckt es am besten. Oder etwa nicht?

Wer mich kennt, der weiß, dass ich da gelegentlich anderer Meinung bin und das eine oder andere Bier auch gerne mal gezielt ein paar Jahre im Keller reifen lasse. Manche Biere gewinnen dadurch an Qualität, andere verändern ihren Charakter auf interessante Art und Weise, und wieder andere … werden natürlich auch schlechter.

Von einem Erlebnis mit einem Bier, von dem ich schon vorher wusste, dass es mit der Lagerung an Komplexität und Geschmack gewinnt, lest Ihr hier, in diesem Text aus dem Bier-Brevier Unser täglich Bier gib uns heute, aus diesem wunderbaren Buch, in dem Ihr für jeden Tag des Jahres einen neuen Text, ein Gedicht, einen Aphorismus, eine Parabel oder eine Persiflage zum Thema Bier findet.

Der Text zum Thema „Altes Bier“ datiert vom 13. September. Lest selbst:

unser täglich Bier gib uns heute


Altes Bier

Nachdenklich dreht der Kneipier meines Vertrauens die Flasche mit dem Eisbock in seiner Hand. „Ich würde Dir gerne dieses Bier mal zum Probieren geben, aber das Mindesthaltbarkeitsdatum ist seit zwei Monaten abgelaufen. Es ist jetzt vierzehn Monate alt.“

„Egal, gib‘ her!“ Ich schnappe mir die Flasche und schenke ein. Wunderbare weinige Aromen steigen auf, Fruchtnoten, ein bisschen Alkohol. Der Schaum ist ordentlich, aber nicht üppig. Vorsichtig nehme ich einen kleinen Schluck und … bin begeistert! Weich und rund, ausgewogen und vollmundig. Ein Weizeneisbock, wie er im Buche steht.

„Wenn Du willst, dann nimm‘ die ganze Kiste mit, ich schenke sie Dir. Ich darf sie eh nicht mehr verkaufen“, kommt mit traurigem Gesicht ein Angebot, das ich nicht ausschlagen kann.

Altes Bier?

Weizenböcke, Trappistenbiere, belgische Lambiks, Doppelböcke, Berliner Weisse, Imperial Stouts, Tripel und Quadrupel – das alles sind Biere, die jahrelang lagern und reifen können und sollen, die in den ersten drei bis fünf Jahren immer besser und wohlschmeckender werden. Was für ein Genuss! Jeder sollte nicht nur ein Weinregal, sondern auch ein Bierregal, ach was, einen ganzen Bierkeller für solche Spezialitäten haben!

Gute, starke, alkoholreiche Biere werden nicht schlecht. Sie verändern sich mit den Jahren, erreichen irgendwann ihren Höhepunkt und bauen dann ganz langsam ab. Ganz wie ein guter Rotwein. Vorzüglich.

„Weißt Du“, sage ich zu meinem Vertrauenskneipier, „ich habe neulich mal einen 34 Jahre alten, dunklen Doppelbock getrunken, der stand jahrzehntelang vergessen im Kühlhaus der Brauerei. Der war zwar nicht mehr so richtig gut, aber durchaus genießbar. Gefährliche Keime können im Bier ja nicht entstehen, insofern habe ich den Versuch gerne gewagt.“

Er wiegt den Kopf hin und her. „Und die einfachen Pilsner und Hellen?“

„Ach, die werden auch nie gefährlich, höchstens etwas muffig und dumpf. Und auch das eigentlich nur, wenn sie zu warm und im Sonnenlicht gelagert werden.“ Grinsend greife ich nach dem Kasten mit dem Weizeneisbock. „Vierzehn Monate? Ach, den lege ich jetzt erst noch einmal für zwei, drei weitere Jahre an die Seite. Dann wird er erst richtig gut!“ Ein Schnäppchen.

(Ach, und da die Geschichte sich schon vor vielen Jahren zugetragen hat: Inzwischen tragen die gleichen Flaschen ein Mindesthaltbarkeitsdatum von fünf Jahren statt von einem. Auch die Brauerei hat dazugelernt!)

Altes Bier


unser täglich Bier gib uns heute

Mehr über dieses wunderbare Buch, aus dem dieser Text stammt, hier und unter den Hashtags #bierbrevier und #unsertaeglichbiergibunsheute in den Social Media.

E.I. und Freunde: Unser täglich Bier gib uns heute
tredition GmbH
Hamburg, 2020
ISBN Paperback: 978-3-347-13125-5
ISBN Hardcover: 978-3-347-13126-2
ISBN E-Book: 978-3-347-13127-9

* Reklame? Es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Rezension von Büchern Reklame sei. Im Zweifelsfall sollte ein Blogbeitrag daher entsprechend gekennzeichnet werden. Nun, in diesem Fall ist die Frage leicht zu beantworten:

Reklame? Ja!

2 Kommentare

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