Meet the Brewer:
Peter Baader – Zwiefalter Klosterbräu
Korntal-Münchingen
DEU

Korntal-Münchingen. Eine merkwürdige Stadt. Eine Kunstgeburt der Gemeindereform von 1975, die zwei Orte zu einem zusammenfügte, die noch nicht einmal durch eine direkte Straße miteinander verbunden sind – man kommt von Korntal nach Münchingen oder umgekehrt nur, indem man ein Stück durch Stuttgarter Stadtgebiet fährt. Es sei denn, man schlägt sich auf kleinen Feldwegen durch.

Mit dieser Feststellung ist aber immerhin schon das Geheimnis gelüftet, wo Korntal-Münchingen liegt. Bei Stuttgart nämlich.

In Münchingen gibt es den Getränkemarkt Getränke Heck, dem man zunächst nicht unbedingt ansieht, warum er etwas Besonderes sein soll. Aber: Er gehört dem Biersommelier Frank Di Marco, und Frank macht immer wieder mit schönen Aktionen rund ums Bier auf sich aufmerksam. Ob er nun an der Bierdatenbank GEFAKOBierentdecker mitarbeitet und wunderbare Beschreibungen der in seinem Markt angebotenen Biere einstellt, ob er – insbesondere in Corona-Zeiten – Online-Verkostungen und Bierseminare anbietet oder ob er, wie heute, unter dem Motto „Brauer zu Besuch“ einen befreundeten Brauer einlädt, damit dieser seine Brauerei und seine Biere einmal live den Kunden vorstellt.

Getränke Heck präsentiert Zwiefalter Klosterbräu

So stehen wir also vor dem Getränkemarkt im Hof und begrüßen Peter Baader von der Zwiefalter Klosterbräu. Ein Fass von seinem Hellen hat er mitgebracht, und das sei ein ganz besonderes Bier, wie er erzählt:

1521 sei zum ersten Mal im Benediktinerkloster Zwiefalten Bier gebraut worden, und zwar zunächst nur für den Eigenbedarf der Mönche. Rund zweihundert Jahre später sei durch Abt Beda das Brauhaus auf der dem Kloster gegenüberliegenden Straßenseite errichtet worden, dort, wo die Brauerei sich heute noch befindet. 1803 sei das Kloster säkularisiert worden und die Mönche seien vertrieben worden – das Brauhaus jedoch sei zunächst durch die weltlichen Herrscher weiterbetrieben und ein paar Jahre später dann privatisiert worden. Und nun sei es schon seit einigen Generationen im Besitz der Familie.

An das Jahr 1521 solle das noch relativ neue Bier erinnern, an die Anfänge der Zwiefalter Brauerei vor einem halben Jahrtausend. Fuffzehnoisazwanzg hätte er noch drunter geschrieben, um die regionale Verankerung des Biers deutlich zu machen, erzählt Peter und lacht. Er habe seine Mitarbeiter gefragt, wie sie denn 1521 aussprechen würden, und sie das dann lautmalerisch aufschreiben lassen. Einige verschiedene Schreibweisen seien so zustande gekommen, erzählt er weiter, und er habe gelernt, wie stark sich die Aussprache im regionalen Dialekt doch von Ort zu Ort unterscheiden würde. Auf Fuffzehnoisazwanzg hätte man sich dann geeinigt, das wäre von allen so akzeptiert worden.

Fuffzehnoisazwanzg

Jetzt geht es aber ans Verkosten. Frank hat mittlerweile einige Gläser mit diesem Bier gezapft, und gemeinsam schnuppern wir nun am Bier. Goldgelb ist es, wunderbar klar, und über dem Bier bildet sich eine dicke, geradezu opulente Schaumschicht aus, die auch sehr lange haltbar ist. Der leicht malzige Geruch ist blitzsauber; nicht die geringste Spur eines Schwefelaromas, das doch sonst bei klassischen Hellen so weit verbreitet ist, können wir feststellen. Der Antrunk ist frisch, und auf der Zunge spüren wir, dass dieses Bier herrlich ausbalanciert, aber trotzdem nicht zu dünn daherkommt. Ein feiner Malzkörper, eine ganz dezente Restsüße, eine zurückhaltende Hopfung. „Hohe Durchtrinkbarkeit“, stelle ich fest, und Frank und Peter stimmen zu. „Eine hohe Trinkfreude bereitet es“, nickt Peter.

„Das Bier soll das neue Flaggschiff der Brauerei werden“, heißt es weiter. Es sei nicht als Jubiläumsbier geplant, sondern solle dauerhaft im Angebot bleiben und zur Hauptmarke der Zwiefalter Klosterbräu ausgebaut werden. „Obwohl …“, zögert Peter einen Moment. „Dieses Ziel haben wir eigentlich schon erreicht, denn es verkauft sich wirklich blendend!“

Fassbier – die Flasche steht nur für das Foto daneben

Während wir fleißig trinken und uns von Frank nachschenken lassen, erzählt Peter von den Plänen der Brauerei. Die Brauereigaststätte würde derzeit umgebaut, sie solle noch schöner und authentischer werden. Solange die Umbauarbeiten andauern würden, sei auf dem Parkplatz davor eine Holzhütte als Ausschank aufgebaut worden – auf dass die Stammgäste auch weiterhin ihre bierige Heimat in Zwiefalten hätten.

Mit einem kräftigen Prosit beschließt er seine Präsentation, und wir genießen noch eine Weile das wirklich ausgezeichnete Bier … und die von Franks Mutter selbstgebackenen Schinkenhörnchen, die es als kleine Stärkung dazu gibt.

Frank Di Marco, Peter Baader, Volker R. Quante

In kleinerer Runde, nur Peter, Frank und ich, fachsimpeln wir noch ein bisschen weiter, und in mir reift der Entschluss: Zwiefalten – da muss ich mal wieder hin. Mein letzter Besuch im Brauereigasthof liegt elf Jahre zurück. Damals gab es noch das naturtrübe Bier mit dem Namen Abt Breda, das mittlerweile durch ein ähnliches Naturtrübes abgelöst worden ist.

Und auch über die neuen 0,33-l-Euroflaschen unterhalten wir uns, in die die Zwiefalter Klosterbräu die Engele-Biere abfüllt, und wir philosophieren, wie „sinnvoll“ es doch ist, dass es – von den Großbrauereien getrieben – drei verschiedene Flaschen dieses Formats gibt, die sich nur um Millimeter voneinander unterscheiden. Der Größenunterschied würde vom Kunden nicht bemerkt, aber in der Abfüllung würde es zu Problemen kommen, und so würden regelmäßig zahlreiche Flaschen automatisch aussortiert, was den Umlaufpool belasten und die Abfüllung aufwändiger machen würde. Peter seufzt.

„Da hätte der Brauerbund ja gerne mal steuernd eingreifen können, das geht alles zu Lasten des Flaschenumlaufs und damit der Umwelt!“, stelle ich fest, und ich bekomme keinen Widerspruch.

Aber hier und heute ist zunächst mal viel wichtiger, dass uns das Bier mundet und wir es noch für einen Moment in vollen Zügen genießen können!

Bilder

Meet the Brewer:
Peter Baader – Zwiefalter Klosterbräu
Getränke Heck GmbH
Goethestraße 35
70 825 Korntal-Münchingen
Baden-Württemberg
Deutschland

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