Tante Paula
Burgberg im Allgäu
DEU

Nachtrag 6. Mai 2023: Es ist bestes Wetter im Oberallgäu, und unsere Freunde und regelmäßigen Mit-uns-im-Biergarten-Rumsitzer und wir haben gleichzeitig Zeit. Fein – ein Treffen bei Tante Paula ist schnell organisiert.

Um 16:00 Uhr macht man hier den Laden auf, und um 16:00 Uhr sitzen wir pünktlich auf der Terrasse. Im Angebot ist das klassische Triplett Hell – Dunkel – Weizen. Keine Überraschungen, kein Saisonbier.

Der außerordentlich freundliche junge Mann hat viel Zeit für uns – noch sind wir die einzigen Gäste. Er bringt uns das helle Vollbier, das denselben Namen trägt wie der Ausschank: Tante Paula. Ein dunkelgelbes, recht niedrig gespundetes Bier mit einem nur dezenten Duft und ähnlich dezentem Geschmack. Es läuft, aber irgendwie haben wir das Gefühl, dass alles zu glatt, zu gefällig ist. Oder soll ich sagen … zu dünn? Zu wässrig?

Na, schauen wir mal, was stattdessen die Speisekarte zu bieten hat. Einen Nussbraten, beispielsweise. Also ein veganes Ersatzfleisch. Oh, da bin ich aber neugierig. Das bestelle ich mir jetzt mal. Nicht, weil ich dem Fleisch abgeschworen hätte, sondern wirklich nur aus Neugier. Doch der junge Mann zuckt bedauernd die Achseln. „Das haben wir von der Karte genommen. Das lief nicht. Tut mir leid, wir haben es noch nicht durchgestrichen …“

statt des veganen Bratens doch nur ein „normaler“ Burger

Na gut, dann wird es doch nur ein „normaler“ Burger, also ein Brötchen mit Fleisch dazwischen. Zwar gut gewürzt und lecker, auch appetitlich angerichtet, aber eben nur etwas relativ Austauschbares.

Dazu schnell noch ein zweites Bier – jetzt das Onkel Josef. Das dunkle Pendant zur Tante Paula.

Es ist auch in fast jeder Hinsicht ähnlich. Ein bisschen dunkler, das schon. Aber ansonsten: Genauso gefällig, genauso unauffällig, genauso dünn. Irgendwie schade. Denn so ein unauffälliges Wegzischbier – dafür muss man doch nicht extra den Aufwand einer eigenen Kleinbrauerei irgendwo in Rosenheim betreiben, oder?

Aber immerhin: In manchen Gasthausbrauereien haben die Biere massive Braufehler, und dort wird das dann als „Hausgeschmack“ angepriesen. Dann doch lieber ein geschmacksfehlerfreies Dünnbier …

Oder?

Tante Paula

„Wir sitzen hier ganz bei Euch in der Nähe in einem Restaurant, und da schreiben sie in der Karte, sie hätten ihr eigenes, selbst gebrautes Bier“, heißt es in einer WhatsApp eines Kollegen am 4. September 2021, ergänzt durch ein Foto der Bierliste.

das Bild der Bierliste erreichte uns per WhatsApp

Potzblitz, wie kann das denn sein? Das Restaurant Tante Paula in Burgberg ist keine zehn Minuten Fußweg von uns entfernt, nur einmal quer über die Felder. Da soll es selbstgebrautes Bier geben? Und ich weiß das nicht?

Gleich am nächsten Nachmittag machen wir einen Spaziergang und überprüfen das.

Bei bestem Spätsommerwetter setzen wir uns in den gemütlichen Biergarten und greifen nach der Karte: „Meine Tante Paula, hat daheim Bier gebraut. Fasziniert vom Geruch und Geschmack in Kindheitstagen, wollte ich schon immer selber Bier brauen. Jetzt haben wir eine eigene Kleinbrauerei.“

der kleine Biergarten

Weiter habe ich noch gar nicht gelesen, da steht schon ein freundlicher junger Mann an unserem Tisch und fragt nach unseren Wünschen. „Tja, also auf alle Fälle schon mal ein Bier aus Eurer eigenen Produktion. Ihr habt hier wirklich eine eigene Brauerei?“ Ich schaue ihn kritisch an.

„Naja, also, eine eigene Brauerei schon“, erklärt er. „Aber sie steht nicht hier in Burgberg, sondern in Rosenheim, und von dort bekommen wir das Bier.“

„Aha, also eine Art Brauereiausschank“, denke ich mir und bestelle mir das namensgebende Tante Paula Vollbier hell. Dazu einen Grillteller, und dann mache ich mich erstmal per Taschentelefon auf die Suche nach weiteren Informationen.

Tante Paula ist eine Gasthausbrauerei in einem der ältesten Bierkeller Rosenheims, dem Mailkeller, erfahre ich da. Kupferne Braukessel, große Schankräume und ein klassisch gekiester Biergarten finden sich mitten in der Stadt. Dort entsteht also das Bier, das außer vor Ort auch hier in Burgberg und – so lese ich weiter – in Hopfen am See bei Füssen ausgeschenkt wird.

Ein bisschen beruhigt mich das, denn dass mir die Existenz einer kleinen Brauerei unmittelbar in der Nachbarschaft durchgegangen sein könnte, hätte meine Bierkennerehre gekränkt.

Tante Paula – Helles Vollbier

Das helle Vollbier wird serviert. 4,9% Alkohol hat es, leuchtet orangefarben in der mittlerweile schon recht tiefstehenden Sonne und macht mit einer großen, etwas großblasigen Schaumkrone auf sich aufmerksam. Es scheint recht hoch gespundet zu sein, denn ein endloser Strom von Kohlensäurebläschen steigt auf und nährt die Schaumschicht.

In der Tat: Der Antrunk ist spritzig, auf der Zunge ist das Bier fast schon ein bisschen zu bizzelig, und rasch füllt sich der Mund mit Schaum. Eher malzig-mild denn hopfig herb und mit unverkennbaren Hefenoten erweist sich das Bier als solides Alltagsgetränk mit ein paar Ecken und Kanten. Etwas weniger Spundung, etwas weniger Hefecharakter, das wäre dann schon nicht schlecht.

Unser Essen kommt. Der Grillteller schmeckt prima – ein bisschen angedünstetes Gemüse, zartes Fleisch, knusprige Pommes. Aber: Das Auge isst doch mit, oder? Ein bisschen mehr Mühe mit dem Anrichten hätte man sich in der Küche aber geben können. Recht lustlos wirkt das Arrangement auf dem Teller, und die beiden Tütchen mit Ketchup und Mayo machen sich auf den Pommes auch nicht gerade gut als bunter Blickfang.

schmeckt gut, aber die Optik …

Besser dann schon der Flammkuchen. Schmeckt ebenso gut, sieht aber etwas appetitlicher aus – auch wenn hier ebenfalls eine kleine, feine ästhetische Komponente gut getan hätte.

Ein zweites Bier mag ich mir noch gönnen, ehe wir unseren Spontanbesuch beenden und gemütlich wieder nachhause spazieren. Onkel Josef nennt es sich und ist ein dunkles Vollbier. Dunkelkupferfarben, mit deutlich weniger Schaum und auch geringerer Spundung fließt es zunächst mal besser über die Zunge als die Tante Paula und zwingt auch nicht nach einem halben Glas schon zu einem kräftigen Bäuerchen. Auch hier herrscht Malzcharakter vor, Hopfen ist eher dezent eingesetzt. Der hefige Charakter ist nicht so ausgeprägt. Stattdessen dezente Röstaromen. Es ist gefälliger als das Helle, und während sich beide Biere in der Schublade „solider Durchschnitt“ positionieren, so ist das Dunkle eher am oberen, das Helle eher am unteren Rand dieser Schublade zu verorten.

Neugierig werfe ich einen Blick ins Innere. Der Schankraum ist mit viel hellem Holz eingerichtet, große Fensterflächen lassen viel Licht hinein, und die Ecke im hinteren Bereich ziert eine Fototapete, die über mehrere Meter ein wunderschönes Bergpanorama zeigt. Durchaus einladend.

Fototapete mit Alpenidyll

Wenn’s auch im Detail noch Raum für Verbesserung gibt, sind wir doch zufrieden. Eine schöne Atmosphäre und ein sehr freundlicher Service lassen uns über die etwas lustlose Optik der Speisen hinwegsehen – geschmacklich waren sie ja gut. Und das Bier? Dafür muss man nicht extra eine lange Anreise auf sich nehmen, aber wenn man schon mal hier ist (oder in der Nähe wohnt), ist es ein guter Begleiter zum Essen oder im Biergarten.

Der Brauereiausschank Tante Paula in Burgberg ist täglich ab 16:00 Uhr geöffnet, sonntags und feiertags bereits ab 11:00 Uhr. Kein Ruhetag. Er liegt direkt an der Hauptstraße, die durch Burgberg führt. Parkplätze gibt es direkt nebenan, und der Oberallgäuer Ringbus, die Alpsee-Grünten-Linie 11, fährt hier im Stundentakt vorbei.

Bilder

Tante Paula
Sonthofener Straße 13 D
87 545 Burgberg im Allgäu
Bayern
Deutschland

4 Kommentare

  1. Bei dieser Brauerei handelt es sich um die Weiterentwicklung der Mini-Kette Beim Olivenbauer, die zunächst mit 20-Liter-Tischanlagen in den Kreis der Gasthausbrauereien eingestiegen sind. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis man mangels Wirtschaftlichkeit auf das neue System mit Tante Paula und Rosenheim umstieg. Seinerzeit in Wertach konnte ich die Biere probieren. Das Weizen war wirklich gut, aber das Xaver erfüllte alle Vorurteile über Craftbiere. Ein fach was zammgrührt, der Tourist saufts scho. Aber halt nur einmal so wie ich. Aber jetzt jedem Lokal, das diese Biere ausschenkt das Prädikat Brauereigaststätte zu verleihen ist schon etwas weit hergeholt. Denn letztlich sind dann alle Gaststätten mit Bierausschank Brauereigaststätten, denn wo sonst soll Bier entstehen als in einer Brauerei?

    • Hallo, Gernot,

      ja, das mit dem Olivenbauer habe ich auch gelesen. In diesem Blogbeitrag hätte das aber zu weit geführt.

      Bezüglich Deiner Anmerkung zum Begriff „Brauereigaststätte“: Da sehe ich die Begrifflichkeit anders. Ich habe ja von „Brauereiausschank“ geschrieben, und das sehe ich hier durchaus gegeben. Wenn eine Brauerei diese Wirtschaften selbst oder im kontrollierten Franchising betreibt, dann sehe ich das als Brauereiausschank. In Tschechien habe ich zahlreiche Pilsner-Urquell-Wirtschaften mit Tankbier kennengelernt, die alle dem direkten, unmittelbaren Qualitätsmanagement der Brauerei unterlagen und damit für mich als Brauereiaussschank zählen.

      „Brauereigaststätte“ ist etwas anderes. Die muss schon irgendwie im räumlichen Zusammenhang mit der Brauerei stehen. Kann durchaus auch mal ein paar Straßen weiter sein, wenn die Brauerei aus Platzgründen von der Innenstadt an den Stadtrand gezogen ist, aber die Gastronomie an ihrem „Geburtsort“ weiter betreibt.

      Aber das ist natürlich nur meine persönliche Interpretation der Begriffe „Brauereiausschank“ und „Brauereigaststätte“.

      Mit bestem Gruß,

      VQ

      • Wie so vieler beim Bier ist wohl auch der Begriff des Brauereiausschanks ein emotionaler. Jeder hat davon wohl eine andere Auffassung. Etwa diese: Brauereiausschank ist, wenn man die Brauerei vom Sitzplatz sehen kann. Oder zumindest von der Eingangstür des Lokals

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