Nachtrag 7. September 2021: Ich bin beruflich in Berlin, untergebracht in einem etwas heruntergekommenen Konferenzhotel am Müggelsee. Es zehrt vom Glanz längst vergangener Zeiten. Hätte es diese paradiesische Lage direkt am Wasser nicht, wäre es angesichts des Pflegezustands wohl schon lange pleite.
Ich nehme mir am Nachmittag die Zeit, etwas Sport zu machen und laufe am Ufer entlang – bis zur Einmündung der Müggelspree in den See. Genau gegenüber: Die Berliner Bürgerbräu.
äußerlich hat sich in den zehn Jahren fast nichts geändert
Äußerlich hat sich in den fast genau zehn Jahren, seit ich hier mit dem Boot vorbeigefahren bin, nichts geändert. Und auch sonst offensichtlich nicht viel, denn es gibt zwar einen Markeneintrag Köpenicker Bürgerbräu, aber die Pläne, eine kleine Biobrauerei mit diesem Namen zu etablieren, sind bis heute nicht verwirklicht worden.
Berliner Bürgerbräu
Die Berliner Bürgerbräu, unter anderem Namen gegründet im Jahr 1869, galt nach der Wende rasch als letzte noch verbliebene, unabhängige Berliner Familienbrauerei – aber trotz heldenhaftem Kampf war es ihr nicht vergönnt, in diesem Status zu überleben.
In ihrer 140jährigen Geschichte hat die Brauerei eine Menge erlebt. Als Müggelschlößchen Brauerei firmierte sie Ende des 19. Jahrhunderts und florierte so, dass neben dem üblichen Transport per Pferdefuhrwerk auch Dampfschiffe auf der Spree zum Einsatz kamen. Zu Beginn des Dritten Reichs als Genossenschaft zerschlagen, erhielt die Brauerei im Jahre 1936 den Namen Berliner Bürgerbräu AG und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1949 in einen Volkseigenen Betrieb der DDR umgewandelt. Nach der Wende reprivatisiert, firmierte sie unter der Bezeichnung Berliner Bürgerbräu GmbH und konzentrierte sich mit dem Werbeslogan „Die Familienbrauerei im Grünen“ auf den Vertrieb ihrer Biere im Osten Berlins und in Brandenburg.
die Brauerei vom Boot aus gesehen
Trotz dieser regionalen Verankerung und der herrlichen Lage der Brauerei direkt am Wasser blieb ein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg aus, und die Konkurrenz in Form der Radeberger Gruppe, die monopolartig den Berliner Biermarkt beherrscht, übernahm zum 1. März 2010 die Berliner Bürgerbräu. Gerüchte besagen, dass das Bier zum Teil schon gar nicht mehr in Berlin gebraut worden war, sondern in Chemnitz, und das dort sogar versucht wurde, durch spezielle Behandlung des lokalen Wassers das Berliner Brauwasser zu kopieren.
Nach der Übernahme durch die Radeberger Gruppe wurde der Braubetrieb am Müggelseedamm eingestellt – das heute, am 22. September 2011, angebotene Bier unter der Marke Berliner Bürgerbräu entsteht – wie alle anderen Berliner Biere der Radeberger Gruppe – in der Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei in Hohenschönhausen.
Das ansprechende alte Brauereigebäude steht wie ehedem direkt am Wasser – aber ob hier jemals wieder Bier gebraut werden wird, ist fraglich. Es gibt zwar Pläne, unter der Marke „Köpenicker Bürgerbräu“ Biobiere zu produzieren – aber wie konkret diese sind, sei dahingestellt.
Berliner Bürgerbräu
Müggelseedamm 164 – 166
12 587 Berlin (Friedrichshagen)
Berlin
Deutschland
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