Altwieber Summer et. al.
Dornbirn
AUT

Advent, Advent …

Ewig lang haben wir uns nicht mehr persönlich getroffen. Es ist zum Kotzen mit der Pandemie … Aber online haben wir uns gesehen, engen Kontakt gehalten, und uns immer wieder gegenseitig vergewissert, dass wir uns treffen werden, sobald es die Infektionslage und der enge Terminkalender zulassen.

Tja … Viele, viele Monate lang hat das nicht geklappt …

Jetzt aber, kurz vor Beginn der Adventszeit kommt ein Paket an. Der Absender: Mein lieber Freund Dominik Ahmidou-Fend, Biersommelier aus Dornbirn. „Ein kleiner bieriger Gruß aus Vorarlberg“, steht in dem netten Begleitschreiben.

ein „ziemlich großer bieriger Gruß“

Begeistert packe ich aus und stelle fest: Es ist gar kein „kleiner bieriger Gruß“, sondern ein „ziemlich großer bieriger Gruß“! Neun unterschiedlich große Flaschen und Dosen reihe ich auf und kann mich an diesen Schätzchen gar nicht satt sehen. Was für eine schöne Überraschung!

Ehrensache, dass ein paar Tage später auch „ein kleiner bieriger Gruß aus dem Oberallgäu“ in umgekehrter Richtung auf die Reise geht …

Verkostungsnotizen

Loncium – Rosé – Raspberry Ale (4,7%)

Das Bier macht seinem Namen alle Ehre – die Farbe ist ein kräftiges Rosé, mit einer ebenso kräftigen und schönen, gleichmäßigen Trübung. Das bisschen Schaum, das kurz entsteht und blitzschnell zusammenfällt, ist allerdings nicht der Rede wert. Der Duft ist intensiv – die Himbeeren kommen ganz deutlich zum Vorschein, begleitet von einer säuerlichen Fruchtnote, die das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Dann kommt der Antrunk – frisch, spritzig, erfrischend säuerlich. Bitzelnd fließt das Bier über die Zunge. Das himbeerfruchtige Aroma macht sich retronasal kräftig bemerkbar, aber was fehlt, ist die Süße. Gar seltsam wirkt die Himbeere, wenn sie ihrer Süße so völlig beraubt ist. Seltsam, aber nicht unangenehm. Ganz im Gegenteil. Ein sehr erfrischendes Sommergetränk, was bei Schneeregen und Dunkelheit heute, Ende November, ein bisschen fehl am Platze scheint, aber außerordentlich schmackhaft ist.


Birra Toccalmatto – Caulier – Gluten Free Triple (9,0%)

Die schöne orangene Farbe leuchtet vor dem grauen Schneematsch im Hintergrund. Das Bier ist nur leicht trüb und trägt einen für diesen Alkoholgehalt erstaunlich üppigen und lange haltbaren, weißen Schaum. Der Duft ist fruchtig; ich spüre ein paar Birnenaromen, etwas Aprikose, und ganz weit im Hintergrund etwas Leder und etwas leicht Metallisches. Von Beginn an ist dieses Bier trocken und recht bitter – bereits beim Antrunk, noch stärker dann auf der Zunge, und richtig kräftig kommt die Bittere dann beim Schluck zum Tragen. Leichte Fruchtnoten begleiten sie retronasal, aber es kommen nun auch leicht spritige Töne hinzu – das Bier kann seine Alkoholstärke nicht verleugnen. Ganz, ganz leicht spüre ich etwas Aceton-Ähnliches, und nach dem Schluck wird es im Rachen und der Speiseröhre alkoholisch warm.


Schneeeule – Marlene – Original Berliner Weisse (3,5%)

Das hellgelbe und nur leicht trübe Bier entwickelt keinen Schaum. Nicht nur wenig, sondern keinen. Der Duft ist recht komplex. Ein säuerlicher Grundton paart sich mit ledrigen Noten, fruchtigen Akzenten (überreife, angegorene Erdbeeren) und einem Hauch Schweiß. Der Antrunk ist spritzig und frisch. Auf der Zunge macht sich sehr schnell eine recht intensive Säure breit, die aber nicht scharf, sondern eher weich, samtig daherkommt. Weniger Essig als eher recht lange vergorener Kefir. Auch hier sind wieder die ledrigen Aromen zu spüren – retronasal sind sie recht dominant. Die fruchtigen und schweißigen Aromen sind hingegen nun nicht mehr spürbar. Nach dem Schluck klingt die Säure langsam ab; eine wie auch immer geartete Hopfenbittere ist eigentlich nicht zu spüren. Ein ob der recht ordentlichen Spundung alsbald erfolgendes Bäuerchen bringt die säuerlichen Kefirnoten noch einmal hervor und erinnert an das eigentlich schon ausgetrunkene Bier.


Hops&Malt – Good Night Honey! – Barrel Aged Honey Bock – Rieder Keckeis Honig-Bock im Whiskyfass gelagert (8,9%)

Eine Farbe, wie sie der Name verspricht: Goldhonig. Eine ganz feine Trübe. Nur sehr zurückhaltender Schaum. Auch der Duft passt zum Namen: Feine Honignoten, und zwar die, die man sonst in hellen Blütenhonigen findet. Leicht, blumig und dabei doch kremig viskos. Der Antrunk unterstreicht diesen Eindruck. Geradezu ölig und samtig fließt das Bier auf und über die Zunge, belegt im Nu den ganzen Mundraum mit dicken Aromen und einem viskosen Mundgefühl. Retronasal kommen jetzt erste Holz-, Vanille- und Whiskyaromen zum Vorschein, benehmen sich aber und bleiben höflich zurückhaltend. Es ist immer noch der helle Honig, der die erste Geige spielt. Nach dem Schluck erst werden die Rollen getauscht. Während sich tief im Rachen eine leichte alkoholische Wärme bemerkbar macht, übernimmt das Trio Holz, Vanille und Whisky die Bühnenrolle, während der Honig sich in den Orchestergraben hinabbegibt und wie ein Kontrabass nur noch leise vor sich hin grummelt. Eine sagenhafte, geradezu sinfonische Komposition. Großes Bierkino!


Crew Republic – Rest in Peace – Barley Wine (10,1%)

Die tiefdunkle Farbe dieses Biers hat einen rötlichen Schimmer; es ist ganz klar. Der kremige Schaum entwickelt sich gut, ist leicht gelblich und sehr lange haltbar. Intensive Malznoten prägen den Duft, ein bisschen Honig identifiziere ich, und dahinter ein paar sehr angenehme, die Komplexität des Aromas fördernde Baumharze, Terpene. Voll und rund, geradezu viskos fließt das Bier aus dem Glas über die Lippen auf die Zunge. Sofort macht sich eine kräftige Malzsüße breit, die aber rasch von einer ebenso kräftigen Bittere ausgeglichen wird, bevor sie zu klebrig wirkt. Im Abgang wird die Bittere etwas kräftiger und überholt die Malzsüße in Intensität und Wirkung. Währenddessen kommen retronasal noch ein paar Honignoten hervor, und ganz sachte entwickelt sich im Hals auch eine leichte alkoholische Wärme.


Saugatuck Brewing – Blueberry Maple Stout (6,0%)

Das Bier ist schwarz und blickdicht. Vielleicht ist es klar, vielleicht auch nicht? Im Schein der Wintersonne kann ich es nicht erkennen. Der Schaum darüber ist kräftig beigefarben, entwickelt sich zunächst recht üppig, aber dann verliert er seine kremige Konsistenz doch recht rasch und zerfällt. Der Duft ist einerseits leicht röstig, wie es sich für ein Stout gehört, andererseits hat er eine fruchtige Komponente, aus der sowohl der Ahornsirup als auch die Blaubeeren herausstechen (in der Zutatenliste ist nur von „natural flavors added“ die Rede). Der Antrunk ist sämig, das Bier wirkt ein bisschen viskos. Auf der Zunge spüre ich eine deutliche Restsüße, aber auch eine kräftige Röstbittere, die beide miteinander ein wenig um die Vorherrschaft ringen. Gleichzeitig rieche ich retronasal ganz deutlich die Ahornsiruparomen, während die Blaubeere sich etwas rar macht. Beim Schluck wird die Bittere noch ein bisschen kräftiger, gleichzeitig spüre ich aber auch, wie etwas klebrige Süße auf der Zunge zurück bleibt. Ein interessantes Aromenspiel, aber fast schon zu intensiv. Ein bisschen weniger Süße, ein Hauch weniger Ahornsirup wäre nach meinem Empfinden dem Bier sehr zuträglich gewesen.


Loncium – Schwårze Gams (6,2%)

Nicht ganz so schwarz wie das vorherige ist dieses Bier, aber doch schon sehr, sehr dunkel. Immerhin erkennt man, dass es leicht trüb ist. Der Schaum ist beigefarben, entwickelt sich zunächst schön, fällt dann aber rasch zusammen, so dass das Bier dann wie ein abgestandenes Glas Cola aussieht. Im Geruch dominiert das dunkle Malz. Kräftige malzige, leicht röstige Noten mit einem Hauch Karamell erschnuppere ich. Weich und recht voll fließt das Bier über die Lippen und auf die Zunge. Im ersten Moment kräftig malzig und süß, dann kommt eine schöne Bittere hinzu, die aber weich bleibt und sich dem Malz ohne Diskussion unterordnet. Nach dem Schluck bleibt ein leicht viskoses Gefühl auf der Zunge zurück, während sich im Rachen für einen kurzen Moment die Bittere noch einmal bemerkbar macht, begleitet von erneut röstig-malzigen Aromen, die diesmal retronasal deutlich werden. Insgesamt ein recht sättigendes Bier – wohlschmeckend, aber nichts, von dem ich mehr als einen großen Krug auf einmal trinken könnte und möchte.


Bierol – Schwoschz – Dry Stout (7,2%)

Das Einschenken gestaltet sich zeitaufwändig. Es bildet sich unendlich viel kräftig beigefarbener Schaum, der dann auch eeewig hält. Irgendwann ist dann aber genug Bier im Glas, um trotz des festen Schaumgebirges obendrauf antrinken zu können. Das Bier ist ziemlich schwarz und wohl ein bisschen trüb, wenn ich mich nicht irre. Der Duft ist leicht röstig, ein kleines bisschen metallisch und weist eine recht deutliche säuerliche Note auf. Ebenso der Antrunk: Neben den Röstaromen ist eine Säure durchaus gut zu spüren. Nicht essigsauer oder scharf, aber doch recht präsent. Gleichzeitig schäumt das Bier im Mund sofort auf und füllt den ganzen Mundraum mit Schaum. Das macht das Verkosten nicht gerade einfach – Säure und Schaum, daneben spüre ich erstmal eine Weile lang nichts. Später, nachdem das Bier schon eine halbe Stunde steht und fast zimmerwarm geworden ist, hat sich alles beruhigt. Jetzt kommen ein paar Bitterschokolade- und Mokkaaromen zum Vorschein (auch retronasal) und versöhnen mich ein bisschen. Nach dem Schluck bleibt eine recht zurückhaltende Röstbittere für einen Moment spürbar, dann zieht sie sich aber rasch zurück und es bleiben nur eine leichte alkoholische Wärme und ein leicht ledriges Aroma.


Mohrenbräu – Altwieber Summer – Session IPA – Creativ Bier 2021 (4,5%)

Ein besonderer Sud aus Vorarlberg. Ein leichtes India Pale Ale, gebraut mit Pale Ale Malz, Wiener Malz, Münchner Malz, Cara Hell und Cara Red, gehopft mit Perle, Lemondrop und Cascade, gestopft mit Mosaic und Lemondrop und vergoren mit US-05. Da glaubt man, als Bierliebhaber schon zu wissen, was einen geschmacklich und aromatisch erwartet. Die Farbe ist hellorange, das Bier ist schön gleichmäßig trüb. Ein bisschen viel Schaum bildet sich, aber er setzt sich auch rasch, so dass das Glas problemlos weiter gefüllt werden kann. Der Duft ist fruchtig mit Zitrus- und Pampelmusennoten, aber nicht ganz so intensiv, wie erwartet. Der Antrunk ist sehr spritzig und ein bisschen kohlensäurescharf – sehr erfrischend und bestimmt für den Sommer ganz hervorragend. Auf der Zunge breitet sich eine angenehme, deutliche, aber nicht zu dominante Hopfenbittere aus. Restsüße ist kaum vorhanden. Retronasal kommen Zitrusaromen in den Vordergrund (von der Lemondrop-Mischung, vermutlich). Der Abgang hält die Bittere aufrecht, ebenso die Zitrusnoten. Beides verblasst nur langsam; man kann noch ein Weilchen dem sehr angenehmen und erfrischend-sommerlichen Eindruck hinterherschmecken. Sehr gelungen!

Auspacken und Verkostung

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