Vertikal-Verkostung
Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock

gemeinsam „vertikal“ vom Neuesten bis zum Ältesten durchproBIERen

Als die Ankündigung vor vier Wochen kam, war ich sofort dabei: Eine Vertikalverkostung von mehreren Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock aus Bamberg.

Mein guter Freund, der Biersommelier Frank Di Marco, hatte die Idee, dieses wunderbare Bier im Keller einige Jahre reifen zu lassen und nun mehrere Jahrgänge nacheinander – vom ganz jungen bis zum ganz alten Bier – zu verkosten.

Der Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock wird mit einer ordentlichen Portion Rauchmalz hergestellt, das aber im Gegensatz zu den anderen Rauchbieren der Bamberger Brauerei Schlenkerla nicht über Buchen- sondern über Eichenholz geräuchert wird und dadurch einen weicheren, runderen Geschmack bekommt. Eingebraut als Doppelbock hat dieses Bier kräftige 8,0% Alkohol, ist dunkelbraun, mächtig und stark, und es ist ein hervorragendes Genussbier. Frisch habe ich es schon oft getrunken, etwas gealtert auch schon ab und an, aber konzentriert und systematisch zu analysieren und zu vergleichen, wie es sich über die Jahre entwickelt, das ist eine neue Erfahrung, und zwar eine, die mich und die anderen Gäste dieser Online-Verkostung für mehr als dreieinhalb Stunden vor dem Bildschirm zu fesseln vermag!

#keineangstvorrauchbier

Nach einer kurzen Begrüßung starten wir mit dem „normalen“ Urbock, einem nur in der kalten Jahreszeit erhältlichen, tiefbraunen und sehr intensiv nach Rauch schmeckenden Bier. Einerseits ist es über Buchenholz gebraut und weist daher eine etwas kantigere, rauere Rauchnote auf, andererseits hat es einen vollen und runden, süßen Malzkörper, der genau diese Rauchnote wunderbar auffängt und nicht zu intensiv werden lässt. Ein hervorragendes Kalibrierbier, um uns auf die folgenden Biere einzustimmen.

Während wir es genießen, erzählt uns Frank ein wenig über die Geschichte des Rauchbiers und stellt uns die Brauerei Schlenkerla vor.

Dann geht es aber zur Verkostung der Eichen, und zwar in absteigender Reihenfolge. Erst das ganz frische, und ganz am Ende das aus dem Jahr 2014. Eine insofern faszinierende Verkostung, als dass sich die Biere als sehr unterschiedlich erweisen – hätten wir eine Blindverkostung gemacht, wäre wohl keiner von uns auf den Gedanken gekommen, dass es sich um das gleiche, nur unterschiedlich alte Bier handelt.

Ob es nun die Farbe ist, die mal heller, mal dunkler ausfällt, die Schaumkonsistenz oder die Intensität des Raucharomas – wir finden keinen linearen Zusammenhang, sondern stellen fest, das wohl jeder Jahrgang im Rahmen der handwerklichen Schwankungen seiner Herstellung einen individuellen Charakter hat.

Eine hochinteressante Verkostung also, und insofern mein besonders herzlicher Dank an den Biersommelier Frank Di Marco für diese Initiative.

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Verkostungsnotizen

Hier ist nun nicht nur ein Gruppenbild mit sechs Bieren, sondern auch eine Auflistung meiner ganz persönlichen sensorischen Eindrücke – in aller Kürze und im Laufe der Verkostungsreihe auch fokussiert auf die Differenzen zum jeweils vorhergehenden Bier:

Aecht Schlenkerla Rauchbier Urbock (6,5%)

Das Bier ist ganz dunkelbraun und formt einen feinen, beigefarbenen Schaum. Das Raucharoma ist intensiv, durchaus kantig, wird aber durch die volle und runde Süße hervorragend ausbalanciert. Wuchtig ist das Bier, beeindruckend und fordernd, aber auch ein bisschen mastig und rasch sättigend. Aber bis zur Sättigung gilt: Wunderbar!

Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock [2021 – frisch] (8,0%)

Das Bier ist etwas heller, der Schaum ebenfalls. Noch nicht weiß, aber deutlich heller als der vom Urbock. Das Raucharoma ist deutlich weicher und dezenter, wirkt aber auch direkt nach dem Einschenken ein kleines bisschen käsig – ein Eindruck, der nach wenigen Minuten an der Luft aber verfliegt. Es wirkt etwas schlanker als der Urbock, obwohl es deutlich alkoholstärker ist, und ist sehr ausbalanciert und mild. Nach dem Schluck offeriert es eine intensive, aber weiche, langanhaltende Bittere.

Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock [2019 – 2 Jahre alt] (8,0%)

Das zwei Jahre ältere Bier weist im Unterschied zum vorherigen eine eher rötliche Farbe auf und präsentiert ein paar angenehme, würzige Waldhonig-Noten; vom käsigen Eindruck des Vorgängerbiers keine Spur. Auf der Zunge wirkt es ein wenig süßer als das frische Bier.

Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock [2018 – 3 Jahre alt] (8,0%)

Dieses Bier fällt deutlich aus der Reihe. Es hat eine deutlich hellere Farbe, wieder etwas kräftigere Rauchnoten, aber es weist auch schon deutliche Alterungserscheinungen auf; sein Duft wird begleitet von etwas oxidiert wirkendem Honigaroma. „Alterungshonig“, um mal einen Begriff für diese in gereiften Bieren typischen Aromakomponenten zu kreieren. Und auch die Bittere ist am Ende deutlich milder als bei den vorherigen beiden Bieren.

Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock [2017 – 4 Jahre alt] (8,0%)

Dieses Bier fällt ebenfalls auf. Es ist wieder dunkler, entwickelt überraschenderweise mehr und länger haltbaren Schaum, und der Rauchgeschmack ist nicht nur intensiver, sondern auch etwas kantiger, fast so, wie die Buchenraucharomen des „normalen“ Urbocks. Insgesamt ausdrucksstärker und im Gesamteindruck beeindruckender und besser als alle drei Vorgänger. Es entwickelt sich eine lange, aber ergebnislose Diskussion, denn dieses Bier weicht auch mit seinen Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums ab, was angeblich darauf zurückzuführen ist, dass es einer Charge entstammt, die eigentlich für den Export in die Vereinigten Staaten hergestellt worden war. Ob da das Rezept geringfügig anders ist oder ob es doch die eher normalen, oben schon erwähnten handwerklichen Schwankungen sind, die in einem Prozess, bei dem sogar das Malz von der Brauerei selbst hergestellt wird, normal sind? Wir wissen es nicht, aber die Mutmaßungen befeuern, gestützt vom langsam steigenden Blutalkoholpegel, eine fröhliche und emotionale Diskussion.

Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock [2014 – 7 Jahre alt] (8,0%)

Die drei zusätzlichen Jahre haben sich ausgewirkt – dieses ist das einzige Bier der heutigen Verkostung, das einen leichten Stich mitbekommen hat: Es weist eine feine Säure auf. Das Raucharoma ist fast verschwunden, die Farbe wieder ein bisschen heller geworden. Dem einen oder anderen „im Fernsehen“, also am anderen Ende der Videokonferenzschaltung, gefällt es gut – insbesondere diejenigen, die Sauerbiere sowieso goutieren, finden es prima. Mir persönlich behagt es hingegen gar nicht. Sauer und rauchig – das ist eine Kombination, zu der ich keinen Zugang finde. Das hat für mich immer etwas von „Kabelbrand in der Essigfabrik“ an sich – obwohl ich zugeben muss, dass in diesem Bier die Säure sehr weich und kremig daherkommt und der Rauch sich daneben nur noch sehr milde entwickelt. Nix also mit dem „Aromahammer voll auf die Zunge“, sondern eine dezente Kombination. Gleichwohl … von diesem Bier bleibt am meisten in Glas und Flasche zurück.

6 x feinstes Rauchbier im direkten Vergleich

Ausgetrunken wurde sowieso keine der sechs Flaschen. Drei Liter Bier mit acht Prozent Alkohol – das wäre zu viel des Guten gewesen. So schön und so spannend die Verkostung heute war, so leere ich am späten Abend doch noch eine erkleckliche Menge an Restbier in den Ausguss. Mit sehr schwerem Herzen!

Bilder

Vertikalverkostung
Aecht Schlenkerla Eiche Doppelbock
Der Biersommelier. Frank Di Marco
Lilienstraße 3
70 825 Korntal-Münchingen
Baden-Württemberg
Deutschland

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