„Weglaufen ist keine Option. Weitermachen lautet die Devise!“
Die letzte Ausgabe des Meiningers Craft Magazin für Bierkultur liegt vor mir. Ein Magazin, das ich mehrfach recht kritisch gewürdigt habe (hier und hier), weil es sich nie so richtig zu seinem Titel bekennen wollte oder konnte. Viel zu oft enthielt es statt „Craft“ (wie auch immer man diesen Begriff definieren möchte) Artikel über die industrielle Bierkultur und über Fernsehbiere sowie, inhaltlich vorgegeben von den großen Playern der Bierszene, gesponserte Artikel oder Advertorials (was für ein eleganter, aber eben auch leicht irreführender Begriff, um nicht plump „Reklame“ auf die Anzeigenseite schreiben zu müssen).
Trotzdem hatte ich es liebgewonnen und seit einiger Zeit auch abonniert. Es fanden neben den wohl aus Kostengründen (Sponsorenschaft, Werbeeinnahmen u.ä.) zwingend erforderlichen Zugeständnissen an „die Großen“ doch viele Artikel, in denen die regionale Bierszene, das Hobbybrauen, experimentelle Bierstile und sonstige liebenswerte Kleinigkeiten reflektiert wurden, ihren Platz im Heft.
Knall auf Fall ist nun Schluss.
Eine eMail vom 18. Februar, eine Facebook-Mitteilung vom 14. Februar: Das Magazin wird eingestellt.
„Wirtschaftliche Gründe, die sich durch Pandemie massiv verschärft haben, führten schließlich zu dieser sehr plötzlichen und so schmerzhaften Entscheidung“, heißt es bei Facebook; die eMail an die Abonnenten hält es noch nicht einmal für nötig, etwas zu den Gründen zu sagen oder nette Worte zu finden. Dürres Geschäftssprech teilt die Einstellung mit, verheißt aber immerhin die anteilige Rückerstattung der Abokosten: „… leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass unser Special Interest Magazin Meiningers Craft nach der Ausgabe 2/2022 eingestellt wird. Sollten Sie zu den Abonnenten gehören, die bereits eine Jahresrechnung beglichen haben, erhalten Sie für die nicht erscheinenden Ausgaben in den nächsten Wochen automatisch eine Rücküberweisung.“
So kurzfristig und überraschend ist das alles, dass mit Stand heute, dem 3. März 2022, noch keine offizielle Information auf der Website des Magazins zu finden ist (stattdessen an anderer, nicht intuitiver Stelle der Meininger Website), dass im Magazin selbst noch fröhlich die nächste Ausgabe für den 27. Mai 2022 angekündigt wird und dass viele der Autoren und Mitarbeiter im Netz freimütig bekunden, ebenfalls aus heiterem Himmel mit dieser Entscheidung konfrontiert worden zu sein.
Tja, kann passieren.
Wenn im Editorial der letzten Ausgabe die Chefredakteurin Marika Schiller noch die pandemiebedingt schwierige Lage der Braulandschaft beschreibt und Mut machen möchte: „Weglaufen ist keine Option. Weitermachen lautet die Devise!“, dann wird es allerdings peinlich. Andere zum Durchhalten aufrufen, sich selbst wegducken!
Peinlich ist das allerdings nicht für Marika, die ihre Worte sicherlich aus eigener Überzeugung gewählt hat, sondern für die Meininger Geschäftsführung – die Chefredakteurin nach sieben Jahren so ins offene Messer laufen zu lassen, das empfinde ich als schäbig.
Welche Rückschlüsse das auf das Arbeitsklima, die Transparenz und den Umgang der Geschäftsführung mit ihren Mitarbeitern zulässt? Nun, das zu bewerten, überlasse ich meinen Lesern. Mögen sie es mal mit ihren eigenen Berufserfahrungen abgleichen.
Tja, vermissen werde ich das nicht. Ich bekam ein paar Probehefte, aber die haben nicht überzeugt (hast Du ja schon ausgeführt, wg. Warsteiner u.a.)
Die Hefte vom Craftbeer Magazin dagegen habe ich aufgehoben. Jetzt wage ich mal die Prognose, das Meiningers Craft Award auch nicht mehr lange macht, also im April wohl zum letzten Mal läuft.
Zusammen mit der jüngst veröffentlichten Zahl der Brauereien (minus 30 in den zwei Corona-Jahren) findet jetzt die (überfällige?) Marktbereinigung statt.
Hallo, Ludger,
Marktbereinigung? Ja, vielleicht – die eine oder andere Brauerei, die schon seit langem an der Grenze zur Insolvenz vor sich hin wurschtelt, wird es treffen. Andere, die Luftschlösser gebaut haben und auf irgendwelchen Trends aufgesattelt haben, vielleicht auch. Leider werden auch einige echte Traditionsbetriebe über die Wupper gehen, die es nicht verdient haben, die vielleicht nur aufgrund kürzlicher erfolgter größerer Investitionen jetzt pandemiebedingt unter die Räder kommen. Um die wäre es besonders schade.
Was den Meiningers Award anbelangt, bin ich mir nicht sicher – er ist immerhin einer der eher renommierten Bierwettbewerbe. Na, warten wir es mal ab – Meininger ist so ein Betrieb, wo viel vollmundig herumposaunt wird. Da ist es schwer, hinter die Kulissen zu schauen.
Mit bestem Gruß,
VQ