StoXbräu
Stockheim
DEU

2020. Das Jahr, in dem die Corona-Pandemie begann. Innerhalb weniger Wochen wurde unser Alltag auf den Kopf gestellt. Was eben noch ein zukunftssicherer Plan war, wurde Makulatur, und insbesondere im Hotel- und Gastronomiebereich griff Panik um sich. Wochen-, ja, monatelange Schließungen brachten manchen Betrieb an den Rand des Ruins, und in der Folge belastete dies auch die Brauwirtschaft – bis weit ins laufende Jahr hinein.

Die deutschen Brauer haben vielleicht nicht ganz so stark gelitten wie die britischen, die am 23. März 2021 aus lauter Verzweiflung unter dem Hashtag #BrewersDownTheDrain landesweit Videos veröffentlichten, in denen sie ihre unverkäuflichen Fassbiere in die Kanalisation entleerten, vielleicht hatten sie auch einfach nur weniger Lust auf solche dramatischen Auftritte.

Aber auch hierzulande gab es schlimme Schicksale, bis hin zur Schließung der über 400 Jahre alten Wernecker Bierbrauerei. Ein tragischer Verlust, und doch nur ein Beispiel von vielen.

StoXbräu

Trotz Krise und mitten in der Pandemie hat ein kleines Team in Unterfranken, gerade einmal 60 Kilometer von Werneck entfernt, den Mut, eine neue Brauerei zu eröffnen: StoXbräu!

Wie es dazu kam? Das ist eine ärgerliche und traurige Geschichte, die aber zu einem guten Ende geführt hat.

Es war einmal ein altes Kommunbrauhaus, das Oberstreuer Brauhaus, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1675 zurückreichen. Nach wechselvoller Geschichte wurde das Brauhaus 1960 erweitert und ein wenig modernisiert, 1985 wurde ein „neues“ gebrauchtes Kühlschiff eingerüstet. Mit viel Aufwand braute man hier Hausbrauerbier und hielt eine uralte Bierkultur am Leben. Die Leidenschaft dafür lag in der Familie, und so war es zunächst ein Großonkel, dann der Vater und schließlich der heutige Bräu, Christian Schmitt – dieser allerdings brachte ein bisschen frischen Wind in die Angelegenheit.

Michaela und Christian

Nach Ausbildungen zum Brauer und Mälzer und zum CNC-Fräser entschloss er sich 2009, das Brauhaus zusammen mit seiner Frau Michaela als Haupterwerb zu betreiben. Seit dieser Zeit wurden hier rund zwanzig Mal im Jahr jeweils 30 hl Bier gebraut und unter anderem im unmittelbar benachbarten Biergarten ausgeschenkt.

Als vor vier Jahren ein wirtschaftlicher Betrieb des Brauhauses nicht mehr darstellbar war, weil die museumsreife Technik nicht mehr mitspielte und große Investitionen notwendig geworden wären, sollte nebenan ein neues Sudhaus errichtet werden, was aber von den Nachbarn verhindert wurde und zur Schließung von Brauerei und Biergarten führte. Heute erinnern nur noch alte Prospekte an die Geschichte des Oberstreuer Brauhauses.

geblieben sind alte Prospekte

Soweit also die ärgerliche und traurige Geschichte.

In jedem Ende liegt aber auch die Chance für einen Neubeginn. Erneut bewährte sich die Leidenschaft, und als nach zwei Jahren die Suche nach einem neuen Objekt endlich erfolgreich war, gründeten Christian und Michaela mit ein paar weiteren Partnern trotz Corona in Stockheim eine neue Brauerei, nur wenige Kilometer von Oberstreu entfernt: Die StoXbräu.

Die Biere, die seit 2020 hier entstehen, sind in der Region nicht nur aufgrund ihrer leuchtend gelben Bierkästen bekannt und beliebt. Das Portfolio umfasst neben einem kupferfarbenen Vollbier auch ein blondes Lagerbier, einen blonden Bock, ein Märzen und saisonal ein Weihnachtsbier, und natürlich sind auch noch weitere Sorten geplant.

im Sudhaus

Damit aber nicht genug – aus dem kupferfarbenen Vollbier „Brauhaus“ macht Christian zusammen mit Edelbrandsommelier Mathias Gerstner aus Trappstadt einen leckeren Bierlikör, den man sowohl kalt als auch warm mit einem Sahnehäubchen genießen kann.

Der Blonde Bock erweist sich sogar als Multitalent: Mathias brennt daraus einen Bockbierbrand, Michaela macht daraus für den StoXladen einen leckeren Brotaufstrich, und schließlich eignet sich dieses Bier auch zum Brot-, Kuchen- und Plätzchenbacken oder zum Verfeinern von schmackhaften Soßen zu Fleischgerichten.

Da ich das Vergnügen hatte, ein Probierpaket von Michaela zugeschickt zu bekommen, kann ich dementsprechend meine Verkostungsnotizen auch mit Euch teilen.

Verkostungsnotizen

Brauhaus – naturtrübes Vollbier; Blonde – naturtrübes helles Lagerbier; Blonder Bock; Bernhart – Märzenbier bernsteinfarben

StoXbräu – Brauhaus – naturtrübes Vollbier (5,0%)

Hellkupferfarben mit einem deutlichen Rotstich und einer leichten, gleichmäßigen Trübe. Der weiße Schaum ist nicht sehr üppig und fällt rasch zusammen. Der Geruch ist angenehm malzig mit leicht brotigen Nuancen, die sich auch im etwas süßlichen, weichen Antrunk wiederfinden. Im Mund ist das Bier füllig und rund, fast schon sämig, während es im Rachen nach dem Schluck in eine dezente, aber spürbare Herbe übergeht, über der leicht spritige Geister schweben, die sich mit zunehmend wärmer werdendem Bier manifestieren.

StoXbräu – Blonde – naturtrübes helles Lagerbier (4,9%)

Goldgelbe Farbe, gleichmäßige Trübung. Verhältnismäßig wenig Schaum, der recht rasch zusammenfällt und nur eine dünne, weiße Schicht auf dem Bier hinterlässt. Der Geruch ist mild-fruchtig, leicht estrig und mit dezenten Getreidenoten durchaus interessant. Über die Zunge fließt das gering gespundete Bier weich und süßlich, und auch nach dem Schluck kommt keine störende Bittere zu Tage. Eine gute Wahl für den Liebhaber süßlicher, schwach gehopfter Biere.

StoXbräu – Blonder Bock (7,1%)

Goldgelb und nur leicht trüb fließt das Bier ins Glas und bildet eine zwar dünne, dafür aber durchaus lange haltbare Schaumschicht. Ein feiner malziger, etwas an Bisquit und Honig erinnernder Geruch schmeichelt der Nase bereits beim ersten Schnuppern. Beim ersten Schluck rinnt das Bier weich und sehr rund über die Zunge, eine deutliche Malzsüße drängt sich in den Vordergrund. Seine Vollmundigkeit ist sehr ausgeprägt, leichte Biskuit- und Kuchenteigaromen sind zu spüren. Im Abgang spüre ich keine Herbe, malzsüß bleibt das Bier in Erinnerung, und sanfte retronasale Honigaromen runden den Gesamteindruck ab.

StoXbräu – Bernhart – Märzenbier bernsteinfarben (5,5%)

Die kräftige, orangene Farbe gefällt auf Anhieb. Die leichte Trübung, der schöne eierschalenfarbene Schaum passen dazu – für die Optik gibt’s schon mal volle Punktzahl. Der Duft ist intensiv malzig mit deutlichen Biskuitnoten und einem Hauch von grünem, noch nicht reifem Getreide. Ein weicher und voller Antrunk folgt. Auf der Zunge entfaltet sich eine schöne Malzsüße, und retronasal werden die Biskuitnoten noch intensiver. Auch der Schluck ist schön weich, und mit nur einer ganz zurückhaltenden, feinen Herbe klingt dieses runde und vollmundige Bier gleichmäßig ab.

Und dann waren da noch der Fränkische Bierlikör (20,0%), der Blonde Bock Bier Aufstrich und der Fränkische Bockbierbrand (40,0%).

Fränkischer Bierlikör, Blonder Bock Bier Aufstrich, Fränkischer Bockbierbrand

Die StoXbräu Biere sind im regionalen Getränkehandel (eine Auflistung findet Ihr hier) oder im brauereieigenen StoXladen erhältlich. Der StoXladen ist mittwochs bis freitags von 09:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Wem Stockheim zu weit weg ist, oder wer mittwochs bis freitags nie Zeit hat, der kann die Biere auch im Online-Shop der Brauerei bestellen.

Bilder

StoXbräu GmbH & Co. KG
Mellrichstädter Straße 33
97 640 Stockheim
Bayern
Deutschland

2 Kommentare

  1. Das Dunkle aus dem damaligen Oberstreuer Brauhaus war mit das Beste dieser Art was ich je trinken durfte. Damals gabs auch den Biergarten, genannt Braufachwerk noch nicht. Der eigentliche Zweck des Brauhauses, nämlich Jungbier für die Hausbrauer herzustellen, war wirtschaflich nicht mehr darstellbar, da diese keine Preiserhöhungen akzeptieren wollten, wobei der Preis eh schon einer der niedrigsten war. Aus der Not geboren wurde das Dunkle dann auf Bügelverschlußflaschen gezogen, was der Qualität keinen Abbruch tat. Lediglich das MHD war sehr kurz und selbst das schützte nicht vor sauerem Bier. Selbst schuld wer so einen guten Tropfen länger als eine Woche rumstehen läßt. Dann wurde das Braufachwerk eröffnet, was streitsüchtige Nachbarn auf den Plan rief. Von der Gemeinde kam keinerlei Unterstützung, auch ein Erwerb des Brauhauses wurde nicht ermöglicht, so daß es jetzt gammelig rumsteht, obwohl die Schäden durchaus zu beheben gewesen wären. Leider hat sich mit dem Ausschank im Braufachwerk auch eine Normalisierung des Angebots ergeben, hell und halbdunkel, in Ordnung aber halt dem Mainstream geschuldet. Die Herrlichkeit des Dunklen ist perdu. Mit dem Umzug nach Stockheim hat sich das Oberstreuer verabschiedet und eine Brauerei in einem Gewerbegebiet hat die Nachfolge angetreten, die Stimmung ist jedenfalls für mich dahin. Trotzdem sei dem Team der Erfolg gegönnt

    • Hallo, Gernot,

      die Biere aus Oberstreu habe ich leider nie verkosten können.

      Das, was jetzt in Stockheim entsteht, ist solides Brauhandwerk. Zurückhaltend gehopfte Biere für den großen Schluck nach einem anstrengenden Arbeitstag, zum Beispiel. Mir persönlich hat der Blonde Bock am besten gemundet, wobei es bei dem mit dem großen Schluck natürlich so eine Sache ist. Angesichts der 7,1% sind bei dem vielleicht eher die kleinen Schlucke angeraten.

      Mit bestem Gruß,

      VQ

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.