Der Tauschhandel blüht (27)
Sonthofen
DEU

Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!

Frau H. war drei Wochen auf Kur und hat es offensichtlich besser getroffen als ich letztes Jahr.

Während in meinem Kurhotel auf der Mecklenburgischen Seenplatte seinerzeit strenges Alkoholverbot galt und ich für jedes kleine Feierabendbier erst in den Ort runterdackeln musste, scheint es in Bad Wurzach sogar ein eigenes Bier gegeben zu haben. Das Kurhotel nennt sich Feelmoor, und es hat ein Moorbier im Angebot. Mit Zutaten aus dem Moor hergestellt, also nicht nach dem sogenannten „Reinheitsgebot“ und daher in Österreich beim Raggei-Bräu gebraut. In Österreich wird das Volk zwar auch regelmäßig von seinen Politikern und Lobbyisten verdummt, aber immerhin nicht mithilfe einer Mär aus dem Jahr 1516 …

Frau H. hat an mich gedacht und zwei Flaschen von diesem Hausbier mitgebracht. Ich drehe sie in der Hand und studiere das Etikett:

„Sonnenmoor – Moor Gold – Moorbier“ steht auf der Flasche und auf dem Bierdeckel, und auf der Rückseite der Flasche finde ich noch mehr Informationen: „Durch ein speziell entwickeltes Herstellungsverfahren ist es möglich, Moor und Wasser so aufzubereiten, dass sich die wasserlöslichen Wirkstoffe des Moores weder in Geruch, Geschmack noch Farbe verändern. Dieses Moor-Extrakt, eine einzigartige Rezeptur aus 8 verschiedenen Malzsorten entwickelt und das Brauen nur bei Vollmond sind die Basis für dieses weltweit einzigartige Bier. Der würzige Geschmack, die charakteristische Farbe, die angenehme Hopfennote und wenig Kohlensäure lassen das Vollmond-Moorbier zu einem Trinkgenuss der besonderen Art werden.“

Na, da bin ich jetzt auf die Verkostung aber mal gespannt. Ganz lieben Dank, liebe Frau H.!

Verkostungsnotizen

Raggei Bräu – Moor Gold – Vollmond-Moorbier (5,0%)

Bier bei Vollmond gebraut – was für ein Hokuspokus. Da wundert es mich aber sehr, dass nicht auch der Barcode auf dem Rückenetikett durch eine liegende Acht entstört worden ist … Ein Bier für Esoterik-Anhänger, die vermutlich auch noch ganz anderen Kokolores glauben. Aber immerhin: Es schmeckt. Und das liegt an den acht Malzsorten, dem Hopfen, der Hefe, dem Können des Brauers und vermutlich auch am Moorextrakt, der immerhin 44% der Gesamtmenge an Zutaten ausmacht. Am Vollmond liegt’s nicht. Da sei zum Glück die Wissenschaft davor!

Das Bier hat eine mittelbraune Farbe, ist leicht trüb und entwickelt einen schönen, leicht beigefarbenen Schaum. Der Duft ist malzig und etwas karamellig, und zwar in einer Art, als würde ich direkt am frisch geöffneten Malzsack riechen, noch vor dem Einmaischen. Ganz im Hintergrund erschnuppere ich auch noch ein paar kräuterige Aromen. Der Antrunk ist weich, auf der Zunge ist das Bier malzig und süßlich, und die kräuterig-malzigen Aromen werden retronasal deutlicher, während der Frischmalz-Eindruck etwas nachlässt. Im Abgang bleibt das Bier malzig, wird begleitet von einer zurückhaltenden, feinen Herbe, und die retronasale Aromatik geht noch weiter ins Kräuterige und erinnert nun schon fast an Blockmalz-Bonbons. Ein Bier, das seine Komplexität erst entwickelt, wenn es sich im Glas etwas erwärmt hat.


Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.

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