Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!
Das Kössel-Bräu oder Mariahilfer Sudhaus ist eigentlich gar nicht so weit weg von uns. Es ist zwar eine kurvige Strecke, aber sie ist wunderschön und locker in weniger als einer Stunde zu schaffen. Warum wir trotzdem nur so selten dort sind? Ich weiß es nicht.
Was ich aber weiß, das ist, dass mein lieber Kollege, der Herr P. aus U., heute drei verschiedene Bockbiere dieser Brauerei dabei hat und mir auf den Aktenbock im Büro stellt: Ein Doppelbock, ein Weizenbock, ein Maibock. Na, wenn das keine schöne Überraschung ist?
drei Bockbiere aus Speiden
Ich freue mich auf die Verkostung, und vielleicht ist das ja auch mal ein kleiner Ansporn, sich doch mal wieder ins Auto zu setzen und nach Speiden ins Kössel-Bräu zu fahren.
Verkostungsnotizen
Kössel-Bräu – Mariahilfer Mariator Weizenbock; Kössel-Bräu – Mariahilfer Maibock Hell; Kössel-Bräu – Mariahilfer Antonator Doppelbock
Kössel-Bräu – Mariahilfer Mariator Weizenbock (7,3%)
Das Bier ist mittelbraun und gleichmäßig und leicht hefetrüb. Der Schaum entwickelt sich reichlich und hält dann auch schön lange, gleitet beim Trinken aber am Glasrand herab und bildet keine Trinkringe aus. Der Duft ist dezent röstig und entfernt an Brotkruste erinnernd. Der durchaus spritzige und kohlensäurescharfe Antrunk gefällt, auf der Zunge ist das Bier dann aber eher untypisch für einen Weizenbock. Eher röstige Malzaromen dominieren, es fehlt die fruchtig-blumige und oft komplexe Aromatik, die einen Weizenbock durch ihre Vielschichtigkeit vom normalen, meist untergärigen dunklen Bock unterscheidet. Der Abgang setzt diesen niedrigdimensionalen Eindruck fort und fügt noch eine ganz feine alkoholische Note hinzu, die den Rachen leicht wärmt.
Kössel-Bräu – Mariahilfer Maibock Hell (6,3%)
Oh, nur 6,3%? Das ist selbst für einen Maibock, den an warmen Frühlingsabenden getrunken werden können soll, nicht wirklich viel.
Das Bier ist goldgelb, schön klar, und es trägt unmittelbar nach dem Einschenken einen schönen weißen Schaum. Selbiger verabsentiert sich aber in Windeseile, und zurück bleibt eine optisch nicht mehr sehr ansehnliche gelbe Lacke. Der Duft ist zurückhaltend und bietet vorwiegend kremige, an Keksteig erinnernde Aromen an, die wohl vom verwendeten Malz kommen. Angenehm! Der Antrunk ist weich. Rund und voll fließt das Bier auf die Zunge und überzeugt mit einer schön viskosen Vollmundigkeit. Für meinen norddeutsch erzogenen Gaumen bietet dieser Maibock allerdings zu wenig Hopfenherbe und reiht sich eher profillos bei den „normalen“ hellen Böcken ein. Da spielt meine ganz persönliche Verbrauchererwartung nicht richtig mit. Nach einem kurzen retronasalen Aufblitzen von leicht estrigen Aromen geht das Bier harmonisch und recht gut durchtrinkbar in einen dezent viskosen, ansonsten aber unauffälligen Abgang über.
Kössel-Bräu – Mariahilfer Antonator Doppelbock (7,0%)
Kräftig dunkelbraun mit einem feinen Rubinschimmer steht das klare Bier im Glas. Was ihm allerdings fehlt, ist eine schöne Schaumkrone. Nur zaghaft entwickelt sich eine dünne Schaumschicht, und vom Klicken der Kamera erschrickt sie sich so sehr, dass sie sich gleich wieder auf Nimmerwiedersehen verkrümelt. Zurück bleibt ein Glas mit der optischen Anmutung einer Kola. Der Duft ist kräftig malzig, erinnert ein bisschen an Schweizer Doppelmalz Hustenbonbons, und weist eine feine Röstmalznote im Hintergrund auf. Der Antrunk ist weich und mild, und er leitet sehr direkt zu einem sehr vollem Malzkörper auf der Zunge über. Der allerdings hat es in sich, er weist nämlich nicht nur viele kräuterig wirkende Malzaromen auf, die retronasal zu identifizieren sind, sondern auch eine kräftige Röstbitter, die sehr dominant wirkt. Nach dem Schluck spüre ich ein paar alkoholische, ein paar wenige estrige und schließlich auch ein paar, zum Glück nur ganz leichte Lösungsmittelaromen auf. Die würzigen Malzakzente sind auch noch da, und mit diesem Ricola-ähnlichen Eindruck klingt das Bier dann sachte ab.
Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.
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