Frau Gruber
Probierdosen

Oh, was war das heute für ein schönes Bierfestival.

Vor wenigen Minuten hat Micha die zweite Vierstunden-Session des Mon Petit Festivals 2022 beendet. Mit überkreuz winkenden Händen hat er den Brauern signalisiert, dass jetzt Zapfenstreich ist. Ende des Ausschanks. Emsiges Treiben beginnt. Die Gäste strömen aus der Halle, und die Brauer bauen ihre Anlagen ab.

Ich schnappe mir meinen Rucksack und will mich auch langsam auf den Weg machen. Zwar ist noch After-Party, zu der ich auch eingeladen bin, aber ich bin nach acht Stunden Verkostung völlig k.o., und morgen habe ich leider, obwohl es Sonntag ist, einen beruflichen Termin …

Da spüre ich eine Hand an meinem Rucksack und eine Stimme raunt mir ins Ohr. „Hier, nimm mit! Lass es Dir schmecken.“

Drei Dosen der Gundelfinger Brauerei FrauGruber finden unauffällig den Weg in das große Rückenfach des Rucksacks, geduldig trage ich sie zurück zum Hotel und freue mich riesig auf die Verkostung daheim! Dankschön, Steffen Broy!

Verkostungsnotizen

Pils; Macaroon; 5

FrauGruber – Pils (4,8%)

Optisch schon mal ein Muster-Pils: Goldgelbe Farbe, bei vorsichtigem Einschenken ziemlich blank, mit einem üppigen und fest wie eine Eins stehenden Schaum, der lang hält und schöne Trinkränder im Glas hinterlässt. Perfekte Optik vor sonnenbeschienenem Berg. Der Duft ist klassisch pilsig, also kräftig hopfenherb, und im Hintergrund weist er sowohl einen feinen zitronigen Hauch wie auch einen ganz leicht metallischen Akzent auf. Der Antrunk ist vom allerersten Moment an schon kernig bitter – eine Bittere, die sich sofort im ganzen Mundraum breit macht. Brachial! Aber dabei jederzeit sauber bleibend. Keine Ecken, keine Kanten, keine Rauheit. Einfach nur eine norddeutsch-pilsige Brachialbittere. Und die bleibt dann auch im Abgang das dominierende Phänomen. Trockene Schleimhäute überall, und das für eine lange Zeit. Aber kein Kratzen, kein übermäßiges Adstringieren. So muss Pils!

FrauGruber – Macaroon – Imperial Pastry Stout (10,4%)

Tiefschwarz und ölig-viskos fließt das Bier ins Glas. Schaum entwickelt sich nur spärlich. Für einen Moment sind ein paar bräunliche Blasen zu sehen, aber sie setzen sich rasch und verschwinden. Der Duft ist intensiv. Kokosnuss. Ich rieche nochmal genau hin. Kokosnuss. Rieche ich vielleicht noch was anderes? Ist da noch was? Ja, Kokosnuss. Süßlich und tropisch. Wie das Innere eines Bounty-Schokoriegels. Dann der Antrunk. Dick und süß, fast schon klebrig. Oder nicht? Nein, ich streiche das „fast“. Es ist schon ein bisschen klebrig. Ein bisschen Kohlensäure streichelt die Zunge, aber kaum ist sie verschwunden, bleibt eine viskose Zuckerschicht übrig. Retronasal rieche ich was? Eben: Kokosnuss. Obwohl … Kommt jetzt nicht auch noch ein bisschen Schokolade hinzu? Süße Milchschokolade? Oh, ja, tatsächlich. Und so bleibt es dann auch beim und nach dem Schluck. Klebrige Süße, viel, viel Kokosnuss, ein bisschen Milchschokolade. Der sehr hohe Alkoholgehalt von immerhin 10,4% ist nicht zu spüren. Jedenfalls nicht gleich. Später, nach einigen Schlucken, spüre ich eine leichte Wärme in der Speiseröhre und im Magen. Gesamtergebnis und Siegerehrung: Schmeckt wie ein Bounty. Nur, dass keine Kokosflocken in den Zahnzwischenräumen hängenbleiben.

Leider von allem zu viel.

FrauGruber – 5 – Triple IPA (10,4%)

Und gleich noch mal ein 10,4%er aus dem Hause FrauGruber. Diesmal aber nicht pechschwarz, sondern mittelgelb mit einem ganz feinen Rotstich. Gleichmäßig trüb, Schaumentfaltung zunächst durchschnittlich, dann aber rasch abfallend. Bis ich das Glas zum ersten Mal an die Lippen setze, ist der Schaum fort. Der Duft ist fruchtig. Maracuja. Ananas. Ein bisschen Mango. Guave. Ziemlich viel Tropenatmosphäre. Der Antrunk ist spritzig, ein bisschen kohlensäurescharf, fast schon pfeffrig. Auf der Zunge dann eine deutliche, aber nicht übermäßige Bittere an den Zungenrändern, die auf nicht unangenehme Art mit den Fruchtaromen kontrastiert, die sich retronasal ähnlich entwickeln wie orthonasal. Allerdings mit zusätzlichen zitrusschalenbitteren Noten. Der Abgang ist viskos, belegt die Schleimhäute im Rachen mit einer dezenten Schleimschicht, gleichzeitig werden ein paar saftige Bitterorangen- und Mandarinenaromen spürbar. Und natürlich eine recht ausgeprägte Hopfenbittere, die auch recht lang anhält. Nicht schlecht, aber auch ein kleines bisschen ermüdend. Nach einer Dose reicht’s. Nicht nur wegen des Alkohols, sondern auch wegen der Intensität. Kraftbier, sozusagen.

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