Schorschbräu
Gunzenhausen
DEU

Nachtrag 28. November 2023: Wir sind auf der Fahrt zur BrauBeviale nach Nürnberg, und Schorsch Tscheuschner hat gebeten, ob wir nicht bei ihm an der Brauerei vorbeikommen könnten und ihn mitnehmen.

Na klar können wir. Gar keine Frage.

Zumal es die Gelegenheit gibt, mal wieder die Nase in die nicht zu besichtigende Brauerei zu stecken und zu hören, was es Neues gibt.

illustre Gäste in der nicht zu besichtigenden Brauerei

Wir öffnen die Tür, gehen ein paar Schritte in das Sudhaus, und sofort schon sehen wir den ersten Unterschied: Die Holzfässer sind weg. Die holzfassgereiften Biere sind auf Flaschen gezogen, anschließend hat Schorsch die Fässer entfernt. Ihm geht es bei der Fassreifung schließlich um das unverfälschte, natürliche Holzaroma, nicht um irgendwelche Aromen aus Vorbelegungen. Nun, damit ist ein Fass auch nur einmal verwendbar – ansonsten würde das Bier quasi in einem mit sich selbst vorbelegten Fass reifen …

Jetzt hat Schorsch neue Pläne – Stillstand gibt es bei ihm nicht.

Wir können also sehr gespannt sein, was bereits in einigen Monaten aus Gunzenhausen zu hören sein wird!

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Schorschbräu

„Eine Besichtigung der Brauerei ist leider nicht möglich.“

… so heißt es auf der Website der Stadt Gunzenhausen.

Wer sich für Starkbier interessiert, landet über kurz oder lang auch bei den Bieren vom Schorschbräu.

Georg „Schorsch“ Tscheuschner produziert in seiner 1996 in Gunzenhausen gegründeten Brauerei ganz besondere Starkbiere. Keine einfachen Böcke mit sechseinhalb, sieben oder vielleicht sogar mal sagenhaften achteinhalb Prozent Alkohol. Nein, das sind für ihn und seine Fans Leichtbiere, hart an der Grenze zum Alkoholfreien.

das SchorschBock ICE 13 gilt bei Schorsch fast noch als ein Leichtbier

13, 16 oder gar 20 – das sind die Prozentzahlen, bei denen Schorsch beginnt, aufzublühen. Wenn die Bierhefe an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit kommt und zu jammern anfängt, dann dreht er erst so richtig auf.

Ultrastark eingemaischte Biere werden mit ganz speziellen Hefestämmen bis in den zweistelligen Alkoholbereich vergoren, und dann beginnt die Kunst: Das Bier wird tiefgekühlt, ein Teil des enthaltenen Wassers gefriert, es wird entnommen und die Alkoholkonzentration weiter erhöht – weit über die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe hinaus. Einige unangenehme Gerbstoffe, die in geringer Konzentration in jedem Bier enthalten sind, werden so ebenfalls entfernt. Der Alkohol und zahlreiche angenehme Aromastoffe hingegen werden im übrigbleibenden Bier aufkonzentriert und verleihen ihm nicht nur die Stärke, sondern auch einen aromatischen und weichen Charakter.

Eisbockverfahren – so nennt sich dieses Vorgehen. Auch den Begriff Gefrierdestillation findet man, aber obwohl er den Prozess so schön plastisch beschreibt, ist er ein bisschen irreführend, denn um eine Destillation handelt es sich hier nicht wirklich.

Es gibt eine Reihe von Brauereien, die dieses Verfahren anwenden, um gelegentlich mal eine besondere Bierspezialität, einen Eisbock mit vielleicht zehn, elf oder zwölf Prozent Alkohol auf den Markt zu bringen.

hier werden Maßstäbe gesetzt und Rekorde gejagt

„Doch warum bei zwölf Prozent Schluss machen? Geht das nicht noch weiter?“, fragte sich Schorsch einst und machte sich auf die Jagd nach dem Rekord. Wie weit kann ich mit vom deutschen Biergesetz, dem sogenannten „Reinheitsgebot“, erlaubten Verfahren gehen und dabei gleichzeitig noch ein aromatisches und gut trinkbares Bier erhalten?

Selbst ohne Eisbockverfahren erreichte Schorsch dreizehn Prozent, im Extremfall des „World Strongest Lager“ sogar sechzehn Prozent. Doch damit nicht genug – mit dem Eisbockverfahren fiel rasch die 20%-Grenze, später wurde auch die 30%-Marke erreicht.

So etwas verschafft Aufmerksamkeit, und so kam es vor etwas mehr als zehn Jahren, dass die damals noch junge und aufstrebende Brauerei BrewDog aus Schottland auf Schorschs Biere aufmerksam wurde und von lautem Marketinggeschrei begleitet zur Rekordjagd aufrief. Im Wechsel entstanden in Schottland und Gunzenhausen immer stärkere Biere. Trotz einiger unappetitlicher Begleiterscheinungen (so vermarkteten die Schotten ein paar Flaschen ihres vorübergehenden Weltrekordhalterbiers „End of History“ in ausgestopften Tierkörpern) war es amüsant, diesen Wettstreit zu verfolgen – der 40%ige Schorschbock wurde vom 41%igen Sink the Bismarck der Schotten überboten, Schorsch antwortete mit einem 43%igen Schorschbock, und als die Schotten das 55%ige End of History herausbrachten, konterte Schorsch mit einem 57%igen Schorschbock.

Wie er das geschafft hat? Das bleibt sein Geheimnis, denn …

„Eine Besichtigung der Brauerei ist leider nicht möglich.“

Den 57er Schorschbock gibt es bis heute, und abgesehen von einem Kollaborationsbier der einstigen Rivalen BrewDog und Schorschbräu, das auf 57,8% Alkohol hochgetrieben wurde, markiert er mit seinen von einem unabhängigen Labor bestätigten 57,7% den Rekord.

Rekorde sind das eine – der Verkauf von Bieren, mit denen man auch Geld verdienen kann, das andere, eigentlich viel wichtigere. Daher gibt es neben dem Weltrekordbier Schorschbock 57% auch zahlreiche wirklich vorzügliche Bierspezialitäten im Bereich zwischen 13 und 30 Prozent. Ob es der Schorschbock 13 oder das Schorschweizen 13 sind oder der Schorschbock ICE und das Schorschweizen ICE in den Stärken 20% und 30% – schwere, dunkle und extrem aromatische Biere sind das, die ähnlich wie ein Likör in winzigen Schlucken und bewusst genossen werden können.

Schorsch Cuvée Barrique 18,2

Zusätzlich produziert Schorsch seit wenigen Jahren ein paar im Holzfass ausgebaute Spezialitäten, allen voran das Cuvée Barrique, für das er Biere kombiniert, die er in Holzfässern in Erst- und in Zweitbelegung hat reifen lassen: „Die Komplexität kommt mit aus der Verblendung eines 29%igen Eisbocks, der ein Jahr im 225 l Barrique-Fass aus Amerikanischer Weißeiche in zweiter Belegung gereift ist, mit einem 15%igen Bock aus einer frischen Belegung, ebenfalls knapp ein Jahr im 225 l Barrique-Fass aus Amerikanischer Weißeiche“, erfahre ich von ihm. „Der starke Eisbock geht ans vorbelegte Holz und sorgt eher für vanillige Töne und Sherry-Eindrücke; das frische Fass mit dem schwächeren Bier sorgt eher für die typischen Bourbon-Aromen der frischen Weißeiche und ein Haselnuss-Mokka-Aroma aus dem Toasting“, fügt er noch hinzu.

Gerne würde ich mir die Produktionsstätte heute, am 20. August 2022, mal genauer ansehen, aber:

„Eine Besichtigung der Brauerei ist leider nicht möglich.“

Acht große 500-l-Holzfässer stehen vor mir, in zwei Reihen übereinander gestapelt. Links von mir das Sudwerk, hinter den Holzfässern eine lange Reihe von Gär- und Lagertanks. Gegenüber Berge von Pappkartons für den Versand.

„Bis zu zweieinviertel Jahre lang habe ich meine Biere in diesen Eichenfässern reifen lassen“, erzählt Schorsch. „Es heißt immer, das sei zu lang, und in frischen, nicht vorbelegten Fässern ginge sowas sowieso nicht gut, und dieses und jenes“, fährt er fort. „Die Bedenkenträger, die keine Ahnung haben. Man muss halt wissen, was man macht und wie man’s macht!“

vom 18. Januar 2020 bis zum 16. März 2022 gereift

Er zeigt mir ein Foto, aufgenommen am 16. März 2022. Das Fass ist beschriftet mit dem Datum 18. Januar 2020, und es ist auf dem Bild noch verschlossen. „Kurz nachdem das Foto entstanden ist, habe ich die fassgereifte Version meines 16ers, des World’s Strongest Lager, abgezogen. Über zweieinviertel Jahre. Geht doch!“

Mehrere Stunden lang sitzen wir zusammen vor den Sudkesseln und fachsimpeln. Viele Informationen höre ich zum ersten Mal, und ich muss sie sofort wieder vergessen. „Da schreibst Du aber bitte nix drüber!“ Nein, Ehrensache, das mache ich nicht.

Sogar ein paar Bilder lässt Schorsch mich in seinem Heiligtum machen, und auf einem der Fotos entdecke ich einen Schriftzug: „SW 16 Black“

SW16 Black + …

SB steht für Schorschbock, SW für Schorschweizen. Ich schaue ihn fragend an, und er grinst nur. Aber ich glaube zu ahnen, was in diesem Edelstahltank gerade vor sich hin reift …

„Eine Besichtigung der Brauerei ist leider nicht möglich.“

Zu erreichen ist die Brauerei am einfachsten mit dem Auto. Kommt man mit dem Zug, muss man eine ganze Weile zu Fuß laufen, nur um dann doch vor verschlossener Tür zu stehen … Letzteres tut man, wenn man mit dem Auto kommt, aber auch.

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Schorschbräu
Richard Stücklen Straße 7
91 710 Gunzenhausen
Bayern
Deutschland

4 Kommentare

  1. Es gibt wohl keinen brauereieigenen Shop, aber ich kann mich noch erinnern, als in diesem Shop ein anderer Rekord aufgestellt wurde: Für eine 2 cl Flasche einer dieser extrem starken Böcke wurde ein Literpreis von 749 € aufgerufen wenn ich mich richtig erinnere.

    • Hallo, Gernot,

      der Preis liegt in der Tat in der von Dir genannten Größenordnung. Eine 0,04-l-Flasche kostet in der Bierothek 24,90 EUR, das entspricht einem Literpreis von 622,50 EUR.

      Angesichts der aufwändigen Herstellung geht es wohl nicht billiger. Ob das Bier diesen Preis wert ist, muss wohl jeder Genießer für sich individuell entscheiden.

      Mit bestem Gruß,

      VQ

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