Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!
„Oho, ein verbotenes Bier!“, stelle ich fest.
Der liebe Arbeitskollege G. steht vor mir und hält eine schwarze Aluminium-Flasche mit weißer Aufreißkapsel in der Hand. „sölsch – eh klår“ ist in weißer Schrift auf die Flasche gedruckt.
„Sölsch? Das ist doch das obergärige Helle aus Sölden in Österreich“, erkläre ich. „Stilistisch angelehnt an ein Kölsch, darf aber nicht Kölsch heißen. Also hat die Bäckelar Brewery das Bier angelehnt an den Ortsnamen Söden einfach Sölsch genannt.“
Für eine Weile sei das gut gegangen, erläutere ich weiter, aber als der Einspruch des Kölner Brauereiverbandes gegen diese aus deren Sicht offensichtliche Verletzung des Markenschutzes des Begriffs Kölsch, der in der ganzen Europäischen Union gilt, vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen nach zwei Jahren positiv beschieden worden sei, sei für dieses Bundesland verboten worden, das Bier „zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten, feilzuhalten, zu liefern, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen“.
Zum Glück sind wir aber in Bayern, da gilt dieses Verbot noch nicht, und sofern kann ich diese „verbotene Frucht“ zusammen mit einem Bier aus Tschechien und einem aus Belgien ganz offiziell noch verkosten. Wie schön!
Verkostungsnotizen
Bäckelar Brewery – sölsch – eh klår (4,7%)
Das Bier ist goldfarben und ganz leicht opalisierend. Ist das Kältetrübung? Alterungstrübung? Oder ist es nicht filtriert? Letzteres wäre, wie auch schon der Name „Sölsch“, ein Verstoß gegen die Kölsch-Konvention, nach der Kölsch gefiltert sein muss. Ich schaue auf’s Etikett. „Vollbier – unfiltriert – hell“. Aha! Also eigentlich ein Wiess-Imitat, kein Kölsch-Imitat. Der Schaum ist schneeweiß, recht großporig und mittellange haltbar. Der Antrunk ist spritzig und frisch, und auf der Zunge ist das Bier bizzelig, leicht malzig und lässt den Hauch eines grasigen Hopfenaromas erkennen – viel allerdings nicht. Leicht estrig-fruchtig präsentieren sich die retronasal erfassbaren Aromen mit einer leicht dumpfen Note ganz im Hintergrund. Vordergründig ist es aber die hohe Rezens, die ich spüre. Alles bizzelt und prickelt, vor lauter Gesprudel schmecke ich gar nicht so viel, sondern kämpfe stattdessen mit dem Schaum im (nicht vorm) Mund. Nach dem Schluck wird das besser. Oder eher: Anders. Statt der ganzen Bizzelei kommt jetzt ein eher erdiger Charakter zum Vorschein. So sehr das Bier eben noch gebizzelt hat, so rasch wird es jetzt dumpf und eher aromenlos. Rasch klingen alle Sinneseindrücke ab, und ich überlege: War da jetzt was?
Velkopopovický Kozel – Dark (3,8%)
Das Bier hat eine schöne, kastanienbraune Farbe, ist blank filtriert und entwickelt einen hellbeigefarbenen, kremigen Schaum, der schön lange hält. Gut schaut’s aus! Der Duft ist süßlich-malzig, wie ein Malzbier oder wie Malzbonbons. Dem weichen Antrunk folgt zunächst ein ebenso angenehm süßlich-malziger Eindruck auf der Zunge – für einen Bruchteil einer Sekunde glaube ich, ein Malzbier zu trinken, aber dann kommt doch eine leicht röstige, nicht zu intensive, aber schön spürbare Bittere hinzu, die der sonst vermutlich auf Dauer zu klebrigen Malzsüße einen schönen Kontrapunkt entgegensetzt. Angenehme Malzaromen mit feinen kräuterigen Akzenten duften retronasal und machen Freude. Der Schluck ist angenehm rund und voll, eine feine Hopfenbittere macht sich im Rachen dezent bemerkbar, und sachte und gleichmäßig klingen die Aromen ab. Ein eher malzsüßenbetontes Bier, das aber trotzdem eine hohe Durchtrinkbarkeit aufweist. Fein!
Lindemans – Pecheresse (2,5%)
Dunkelgelb ist das Bier, leicht trüb, und hauchfeine und scheinbar nie versiegende Fäden aus kleinen Kohlensäurebläschen nähren eine dünne, schneeweiße Schaumschicht, die sonst wohl recht rasch verschwinden würde. Der Duft ist intensiv fruchtig und süß – wie der Name schon andeutet, rieche ich in erster Linie überreife Pfirsiche. Dahinter? Erstmal nichts. Jedenfalls nichts, was ich identifizieren könnte. Nur Pfirsiche. Der Antrunk ist spritzig und leicht säuerlich, aber kaum erreicht das Bier die Zunge, kommt eine schöne fruchtige, wenn auch leicht zuckrig wirkende Süße hinzu. Die Pfirsich-Aromen werden erneut sehr deutlich und begleiten den erfrischenden Eindruck, den dieses Bier macht. Der Schluck bleibt spritzig, und die feine Säure haftet noch für einen Moment auf der Zunge und am Gaumen, während aus dem Rachen unverändert intensive Pfirsich-Aromen aufsteigen. Ein Bier fast wie eine Fruchtlimonade, und ich muss schon genau hinschmecken, um hinter all den süßsauren Pfirsich-Komponenten auch einen feinen Malzcharakter zu identifizieren. Mit 2,5% Alkohol ein herrliches Erfrischungsgetränk an einem heißen Sommertag.
Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.
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