Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!
Beim letzten Mal hatte ich schon vermutet, dass es der letzte Tauschhandel war.
Aber was hatte ich mich getäuscht.
Heute, an meinem letzten Arbeitstag auf dem Dienstposten kommen so viele liebe Kollegen und bringen Abschiedsgeschenke – natürlich in flüssiger Form. Ist ja klar. Kein Kitsch zum an die Wand hängen oder auf den Schreibtisch stellen, keine merkwürdigen Staubfänger ohne Gebrauchswert, sondern ehrliche und geradlinige Geschenke: Bier!
Besonders exotisch das Geschenk vom Herrn W., der auf einer multinationalen Ausbildung in Afrika war, und zwar in Ghana. Viele tausend Kilometer haben die drei Flaschen also hinter sich, die er mir in die Hand drückt.
Die Neugier ist groß!
Verkostungsnotizen
Guinness Ghana Breweries – Star (5,0%)
Das Bier hat eine schöne dunkelgelbe, leicht rötlich schimmernde Farbe, ist blank filtriert und entwickelt einen schneeweißen Schaum, der leider sehr rasch zerfällt – es bleibt nichts übrig …
Der Duft ist im allerersten Moment leicht „skunky“, soll heißen, das Bier hat einen Lichtgeschmack. Dieses Aroma verfliegt aber sehr schnell und macht dann malzigen und leicht honigartigen Aromen Platz, wie sie für ein gealtertes oder zu warm gelagertes Bier typisch sind. Nach einem Transport über tausende von Kilometern entschuldbar.
Der Antrunk ist spritzig, man merkt eine hohe Spundung (gehört habe ich sie schon beim Öffnen – das Zischen war schon sehr laut und intensiv). Auf der Zunge ist das Bier dann eher süßlich, leicht malzaromatisch und fast ohne Bittere. Ein paar malzige und honigartige Aromen drücken sich verklemmt im Mundraum herum, ehe sie retronasal dann doch erkennbar werden (sie bleiben aber schwach). Der Abgang ist dann recht ereignislos. Der Schluck, ein kurzes Hinterherspüren, und dann … unauffälliges Abtreten. Ein Hauch Malzsüße bleibt für einen Moment, aber ebenfalls nicht übermäßig lange.
Ein ordentliches Zischbier an tropenheißen Abenden, das ganz bestimmt.
Tema Craft Brewery – Django Brothers Weiss – Wheat Beer (5,0%)
Die goldgelbe Farbe und die leichte, gleichmäßige Trübung sind perfekt stiltypisch. Allerdings entwickelt sich der Schaum nur zurückhaltend – das könnte bei einem Weizenbier durchaus besser sein. Der Duft ist angenehm bananig und von einer leicht herben Note begleitet, die jetzt aber nicht den typischen, hopfigen Grapefruit- oder Mandarinenschalenaromen entspricht, sondern eher an herbe Früchte wie zum Beispiel unreife Khakis erinnert.
Der Antrunk ist angenehm spritzig, ohne überspundet zu wirken. Auf der Zunge ist das Bier bizzelig und erfrischend, und retronasal spüre ich die Bananenaromen wieder in einer sehr angenehmen Intensität. Eine nur dezente Herbe balanciert das Geschmacksempfinden schön aus. Der Abgang ist weich und mild und klingt sehr harmonisch ab. Schönes Bier.
Aber das Etikett verwirrt mich: Es wird fleißig darauf herumgeritten, dass es sich hier um ein Wheatbeer handelt, um ein Abweichen von der Norm und ein Angebot für die, die sich dem Status Quo nicht unterwerfen wollen („… it’s also the freedom from the norm. It’s beer for those who don’t play by the status quo …“), aber in der Zutatenliste tauchen Weizen oder Weizenmalz gar nicht auf: „malted barley, hops, water & yeast“. Merkwürdig …
Accra Brewery – Club – Premium Lager (5,0%)
Die Farbe ist ein leuchtendes Goldgelb und gefällt mir gut. Das Bier ist blitzblank filtriert, trägt einen schneeweißen Schaum und geht dieses Schaumschmucks leider recht rasch verlustig. Der Duft ist typisch für ein Bier, das mit Mais gebraut worden ist: Eine leichte, für mich persönlich immer etwas dumpf wirkende, dezent schwefelnde Note geht mit diesen Bieren fast immer einher. Manchmal wird er auch ein bisschen durch Lichtaroma verstärkt, wenn bei Bieren in grünen Flaschen die Hopfensubstanzen vom UV-Licht in Thiole und Merkaptane umgesetzt werden, die ebenfalls einen etwas dumpfen Geruch („skunky“) verursachen. Hier scheint das ebenfalls der Fall zu sein.
Der Antrunk ist spritzig, fast schon leicht scharf, und auf der Zunge spüre ich erneut die für Mais typischen Aromen. Die begleitende Hopfenherbe ist nur sehr schwach, so dass das Bier, obwohl es gar nicht so viel Malzsüße zeigt, trotzdem irgendwie zuckrig und süß wirkt. Das bleibt auch über den Schluck hinweg so, so dass ich zu dem Fazit komme: In der ghanaischen Tropenhitze bestimmt ein schön erfrischendes Bier; an einem kühlen Herbstnachmittag in Westpommern eher nicht so passend.
Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.
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