Bierprobierabend
in der Brauerei Kundmüller
Viereth-Trunstadt OT Weiher
DEU

„Du bist in Bamberg und hast nur einen einzigen Abend für mich Zeit?“ Georg Lechner, Brauer, Sammler, Autor und Unikum im Ruhestand, ist enttäuscht. „Ich dachte, Du kommst ein paar Tage und wir klappern von morgens bis abends die Brauereien in der Region ab!“

Tja, das ließ sich aber nicht in meinen Zeitplan einspleißen, so schade es auch ist.

„Gut, wenn wir nur einen Abend Zeit haben, dann halte Dich bereit, ich hole Dich ab, und wir fahren nach Weiher zur Brauerei Kundmüller. Ich hab‘ dem Ossi schon Bescheid gesagt, dass wir kommen.“

Gute zwei Stunden später sitzen wir in der Gaststube des Brauerei-Gasthofs Kundmüller. Eine gar nicht mehr so kleine Brauerei in einem winzigen Dörfchen. Gerade mal hundert Einwohner zählt Weiher, und außer der Brauerei gibt es dort eigentlich nichts, höchstens ein paar Wohnhäuser.

Die Brauerei Kundmüller reitet gerade auf einer echten Erfolgswelle. Kaum ein nationaler oder internationaler Bierwettbewerb, bei dem die Biere aus Weiher nicht prämiert werden, und regelmäßig sehe ich in den Fachzeitschriften oder den Social Media Bilder der Brüder Roland und Oswald „Ossi“ Kundmüller, auf denen sie stolz ihre Urkunden und Pokale präsentieren.

das neue Sudhaus

Obendrein ist gerade vor ein paar Monaten erst das neue Sudhaus fertiggestellt worden. Den halben Hügel hat man abtragen müssen, um dafür Platz zu finden, und jetzt können die Besucher durch die großen Panoramascheiben auf die Sudkessel kucken und zuschauen, wie ihr Bier entsteht.

Ich mache nur ein paar schnelle Bilder von außen – viel wichtiger ist mir jetzt, mit Roland und Ossi zusammenzusitzen, die Biere zu verkosten und zu fachsimpeln. „Wir müssen aufpassen, dass uns die Erfolge nicht zu Kopf steigen“, erzählt Ossi. „Wir haben in drei aufeinanderfolgenden Jahren für eines unserer Biere erst Bronze, dann Silber und schließlich Gold gewonnen. Das ist ja gar nicht mehr steigerungsfähig!“

Er grinst stolz: „Uns ist die Umstellung auf das neue Sudhaus gelungen, ohne dass es zu Qualitätseinbußen gekommen ist, und Geschmacksänderungen wurden von unseren Stammkunden auch nicht reklamiert.“

Da hat Roland, der für den Braubetrieb zuständig ist, ganze Arbeit geleistet. Er sitzt daneben und nickt zufrieden.

Volker, Ossi & Roland

Ich habe die Verkostung mit dem 5,3%igen Weiherer Rauch begonnen, einem golden leuchtenden Rauchbier, das wesentlich dezenter geraucht ist als beispielsweise das Schlenkerla. „Aber immer noch so stark, dass Du danach die anderen Biere eigentlich gar nicht mehr richtig zu schätzen weißt“, lästert Ossi und holt uns ein paar Gläser vom 7,0%igen Rauchbock. „Der ist jetzt noch milder, da fahren wir den Rauchgeschmack kontrolliert runter, bevor Ihr was Anderes trinkt.“

Beide Biere gefallen mir außerordentlich, und in Gedanken mache ich schon Pläne, ob ich mich mit meiner holden Ehefrau nicht mal hier für ein paar Tage in der Ferienwohnung einmieten soll. Dann könnten wir in Ruhe alle Biere durchtrinken, und zwar auch mal in größeren Gläsern.

„Wir machen auch viel mit anderen Brauerei zusammen“, berichten Roland und Ossi. „Die Zusammenarbeit mit der Brauerei Cervejaria Bamberg in Brasilien ist ja bekannt, aber wir haben unlängst auch die Brauerei Mariental in Szklarska Poręba in Polen im Riesengebirge besucht und mit denen zwei Biere kreiert.“ Spricht’s und zaubert von jedem der beiden Biere eine Flasche hervor – ein Pils und ein Baltic Porter. „Die nehmt Ihr mit und verkostet die zuhause in Ruhe!“

Oh, das machen wir natürlich gerne, und sorgfältig verstaue ich die beiden Flaschen in meinem Rucksack.

„Aber das Baltic Porter können wir eigentlich trotzdem jetzt trinken“, stellt Ossi fest und bringt noch eine weitere Flasche aus Szklarska Poręba auf den Tisch. 7,5% Alkohol und ein kräftiger, runder Geschmack – das gefällt uns gut. „Das ist Euch gut gelungen“, stelle ich fest.

mit Ossi und Schorsch

Es folgt das 5,2%ige Summer Ale, ein fruchtig und frisch gehopftes Pale Ale, das zwar nicht wirklich in die Verkostungsreihenfolge passt, aber das ist jetzt völlig egal. Immer wieder neue Gläser bringt Ossi an den Tisch, und wir müssen uns bemühen, mit der Schlagzahl mitzuhalten.

„Mit Fat Head haben wir ein Imperial IPA gemacht, neun Prozent schwer“, strahlt er und stellt schon wieder ein paar neue Gläser auf den Tisch. „Ich habe auch gerade das passende T-Shirt an!“

Rauf und runter geht es mit den Alkoholgehalten, und genauso fahren auch die Geschmackspapillen Achterbahn – milde Biere, heftige Biere, dann wieder zart und sachte, anschließend wieder ein Aromenhammer … Irre, was für Biere hier in Weiher entstehen.

Wir könnten noch ewig so weitermachen, aber die Kondition reicht uns dafür nicht aus. Fast, aber wirklich nur fast, sind wir daher erleichtert, als Roland und Ossi verkünden, nun leider keine Zeit mehr zu haben. Es sei toll mit uns gewesen, aber es sei noch so viel in Vorbereitung der Silvesterfeier zu tun und abzusprechen.

Mit einem simplen 4,7%igen Hellen runden wir den Abend ab und spülen die Zunge wieder frei. Richtig spannend war es. Eine Fahrt auf der Sensorik-Achterbahn, ein fröhlicher und unkomplizierter Abend und eine sehr angenehme Atmosphäre. Ein herzliches Dankeschön geht an Ossi und Roland Kundmüller für die Gastfreundschaft, an Schorsch und Lucja Lechner, die uns gefahren haben, und an meine holde Ehefrau, die die Fachsimpelei mit einer Engelsgeduld ertragen hat.

Was für ein schöner Bierprobierabend!

Bildergalerie

Brauerei-Gasthof Kundmüller
Weiher 13
96 191 Viereth-Trunstadt
Bayern
Deutschland

Am Ende dieses wunderbaren Bierprobierabends kann ich nicht wiederstehen und nehme mir nicht nur die beiden geschenkten Bierproben der Kollaboration zwischen der Brauerei Kundmüller und der Browar Mariental mit, sondern auch vier große Flaschen mit wunderbaren, im Holzfass ausgebauten Bieren. Insofern gibt es für meine Leser jetzt auch noch umfangreiche …

Verkostungsnotizen

Brauerei-Gasthof Kundmüller / Browar Mariental – Karkonoski Bamberger Pils; Brauerei-Gasthof Kundmüller / Browar Mariental – Chybotek – Porter Bałtycki

Brauerei-Gasthof Kundmüller / Browar Mariental – Karkonoski Bamberger Pils (5,0%)

Das Bier ist in der Browar Mariental in Szklarska Poręba (deutsch: Schreiberhau) im polnischen Teil des Riesengebirges (den Karkonosze) in Polen entstanden, und zwar in Kollaboration mit der Weiherer Brauerei Kundmüller. Laut stolzer Etikettenangabe ist dieses Pils das offizielle Bier des Landkreises Karkonoski und wurde anlässlich des 15jährigen Jubiläum der Partnerschaft zwischen den Landkreisen Karkonoski und Bamberg eingebraut und kräftig mit Hersbrucker Hopfen gestopft.

Das Bier ist goldgelb und klar, und sein schöner, weißer Schaum entwickelt sich ein wenig zurückhaltend, bleibt dann aber recht lange stehen.

Der Duft ist ausgeprägt hopfig mit heuartigen und kräuterigen Aromen und einer ganz feinen Schwefelnote im Hintergrund.

Dem frischen und herben Antrunk folgt eine überraschend kräftige Bittere auf der Zunge – hier ist nicht mit Alphasäure gespart worden! Der schlanke Körper ist pilstypisch und betont die hopfige Bittere eher, als dass er sie ausbalanciert. Die Heu- und Kräuteraromen des Hopfens kommen auch retronasal noch einmal hervor; der Schwefel ist jetzt aber verschwunden (er war ja eh vorher schon nicht sehr kräftig).

Nach dem Schluck hält sich die Bittere noch eine ganze Weile und betont den deftigen Pilscharakter des Biers. Da sie dabei aber blitzsauber bleibt und sich weder rau noch borstig geriert, passt das wunderbar – es macht nämlich einen trockenen Hals und damit Lust auf den nächsten Schluck. Schön durchtrinkbar!

Brauerei-Gasthof Kundmüller / Browar Mariental – Chybotek – Porter Bałtycki (7,5%)

Und noch ein weiteres Collab zwischen der Browar Mariental und Weiherer Brauerei Kundmüller – diesmal ein für Polen außerordentlich typischer und fast schon identitätsstiftender Bierstil: Ein Baltisches Porter! Mit 7,5% ist es am unteren Ende angesiedelt – es geht in Polen üblicherweise und gerne auch noch etwas stärker.

Das Bier ist tiefschwarz und, wenn auch nur schwer erkennbar, leicht trüb. Ein hellbeigefarbener Schaum entwickelt sich sehr ordentlich und bleibt auch eine Weile lang stehen.

Der Duft ist eine interessante Melange aus leichten Röstnoten und fruchtigen Aromen, die an eingelegte Pflaumen und Rumtopf erinnern.

Der runde und weiche Antrunk ist süß und fruchtig, aber nicht so kremig-viskos wie erwartet. Auf der Zunge wird das Bier dann voller und runder, die niedrige Spundung lässt den Fruchtaromen freie Bahn. Der Röstcharakter wird langsam dezenter und tritt in den Hintergrund, die Pflaumen und der Rumtopf drängen sich nach vorne. Retronasal haben die Pflaumenaromen eindeutig die Oberhand, auch wenn sich, je wärmer das Bier wird, sachte ein paar Blockmalzaromen dazugesellen.

Nach dem Schluck wird das Bier noch einmal sehr süß und voll, ohne dabei aber zu klebrig zu wirken. Die Süße bleibt dominant, aber trotzdem balanciert, verpappt die Schleimhäute nicht, sondern wirkt eher nährend und kann perfekt ein Dessert ersetzen.

Eine sehr schöne, komplexe und dennoch ausgewogene Komposition.


Brauerei-Gasthof Kundmüller – Weiherer Weizenbock – Holzfassgelagert / Sherry (7,7%)

Auf dem Etikett findet sich viel Information, wie das Bier entstanden ist, und auch ein paar ausführliche Verkostungsnotizen. Es ist eine kleine Herausforderung und Überwindung meiner Neugier, das Bier zunächst zu verkosten und dann erst nachzulesen:

„Weil Bier Geschichte(n) schreibt … Der Weiherer Weizenbock Holzfassgelagert / Sherry ist eine Bierspezialität für die besonderen Momente im Leben. Sieben Monate lagerte der Sondersud in einem Eichenfass, das mit spanischem Pedro Ximénez Sherry belegt war. Daraus ergibt sich eine außergewöhnliche Bierspezialität, bei der die süßlich-holzigen Noten des Fasses mit der fruchtigen Aromatik des leicht kaltgehopften Weizenbocks zusammentreffen.“

„Farbe: Opalisierendes rötliches Bernstein. Aroma: Im Vordergrund Noten des Sherry, Rosinen, Vanille und Holzaromen, reife Banane und Orange des kaltgehopften Weizenbocks leicht im Hintergrund. Körper: Kräftig, komplex und süßlich. Bittere: Mittelstark ausgeprägt. Perfekt zu: Würzig-intensivem Käse, Lamm und Wild, schokoladigen Desserts.“

So viel also zum Etikett. Und was habe ich empfunden?

Das rotbraune und gleichmäßig trübe Bier fließt ruhig ins Glas, ohne zu gluckern oder zu bizzeln. Es bildet auch keinerlei Schaum aus, lediglich ganz ein paar Kohlensäurebläschen arbeiten sich langsam durch die eher viskos wirkende Flüssigkeit nach oben.

Der Duft ist intensiv fruchtig, weich, kremig und erinnert an Birnenkompott aus der Dose, was viel besser riecht als es klingt.

Der Antrunk ist sämig und weich, intensiv süß und von Beginn an birnig. Auf der Zunge bricht sich die Süße ihre Bahn, und nur eine feine, ganz, ganz leicht säuerlich und adstringierend wirkende Sensorik deutet auf die Holzfasslagerung hin. Klassische Sherrynoten sind gar nicht zu spüren, stattdessen eine fruchtige Mehrdimensionalität, die einem „normalen“ Weizenbock abgehen würde.

Nach dem Schluck erst kommt ein Hauch Holzigkeit hervor, eine leicht raue, adstringierende Bittere, aber wirklich nur leicht. Gleichzeitig changieren die retronasalen Düfte nun zwischen Birnenkompott und überreifen Aprikosen. Hochinteressant.

Völlig anders, als es auf dem Etikett beschrieben ist, völlig anders auch, als ich es von einem im Sherryfass gelagerten Bier erwartet hätte, aber dennoch begeisternd!


Brauerei-Gasthof Kundmüller – Weiherer Weizenbock – Holzfassgelagert / Dornfelder (7,7%)

Auch hier wieder viele, viele Informationen auf dem Etikett:

„Weil Bier Geschichte(n) schreibt … Der Weiherer Weizenbock Holzfassgelagert / Dornfelder ist eine Bierspezialität für die besonderen Momente im Leben. Acht Monate lagerte dieser Sondersud in einem Eichenfass, das zuvor drei Jahre mit Dornfelder aus den Südhängen von Weiher belegt war. Das Ergebnis ist eine Symbiose zweier fränkischer Traditionsgetränke, die die Malzsüße des Bieres mit vanillig-erdigen Aromen des Holzes und spritziger Säure des Weines vereint.“

„Farbe: Wie frischer Waldhonig. Aroma: Im Vordergrund Noten des Weins, im Trunk süßes Dörrobst und erdig-vanillige Aromen. Körper: Überraschend schlank für einen Weizenbock. Bittere: Moderat, aber nicht aufdringlich. Perfekt zu: Schokoladen-Mousse, frischer Nussschnecke.“

Das Bier hat eine mittelbraune Farbe mit einem schönen Rotstich. Es ist leicht trüb und entwickelt einen schönen, dezent beigefarbenen Schaum, der mittellang hält.

Der Duft ist geprägt von einer kremigen, geradezu viskos wirkenden Süße mit Aromen von getrockneten Aprikosen.

Der süße und saftige Antrunk ist einerseits ein bisschen spritzig-bizzelig, andererseits aber auch kremig-viskos. Auf der Zunge macht sich eine mächtige Süße breit, die von einer durchaus spürbaren und für einen Weizenbock recht ausgeprägten Bittere nur in Teilen ausbalanciert wird. Retronasal rieche ich Datteln und erneut getrocknete Aprikosen, daneben aber auch ein bisschen Banane.

Der Abgang unterstreicht die Bittere noch ein wenig, und während die Aprikosenaromen noch lange nachhallen, macht sich eine angenehme, leichte alkoholische Wärme im Hals bemerkbar.

Wunderschön!


Brauerei-Gasthof Kundmüller – Weiherer Zapfenduster – Imperial Stout – Holzfassgelagert (7,8%)

Mal schauen, was das Etikett bei diesem Bier alles zu erzählen weiß:

„Weil Bier Geschichte(n) schreibt … Der Weiherer Zpfenduster Imperial Stout holzfassgelagert ist eine Bierspezialität für die wärmenden Momente im Leben. Sieben Monate lagerte der Sondersud in einem französischen Eichenfass. Daraus ergibt sich eine außergewöhnliche Bierspezialität, bei der die intensiv holzigen Noten des Fasses mit dem röstmalzigen und doch samtigen Charakter des Imperial Stouts zusammentreffen.“

„Farbe: Ebenholz. Aroma: Intensiv holzig in der Nase, im Geschmack Schokoladen- und Kaffeenoten gepaart mit samtiger Vanille und eine wärmende Wirkung, die lange bleibt. Körper: Vollmundig, kräftig, komplex. Bittere: Mittelstark ausgeprägt. Perfekt zu: dunkler Schokolade, Desserts mit Vanille, Nusskuchen.“

Zapfenduster? Das ist schon mal eine recht klare Beschreibung dessen, was ich im Glas sehe. Ganz tief dunkelbraun, fast schwarz ist das Bier, es scheint ein bisschen trüb zu sein, und es entwickelt einen zaghaften, aber sehr schön kremigen und weichen, beigefarbenen Schaum.

Der Duft ist dunkelmalzig und holzig – man merkt den Ausbau im nicht vorbelegten Holzfass ganz deutlich. Holz, Wald, ein bisschen Vanille, ganz im Hintergrund ein paar Bitterschokolade- und Mokkanoten.

Der Antrunk ist samtig und weich, und auf der Zunge wirkt das Bier ganz entgegen der Erwartung, die der Duft geweckt hat, süßlich, fast schon zuckrig. Eher hätte ich mit holziger Adstringenz und röstiger Bittere gerechnet, als mit diesem Milchschokoladen-Eindruck. Aber nicht schlecht. Gar nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht. Halt nur völlig anders, als erwartet.

Im Abgang bleibt das Bier so samtig weich, seine Bittere ist ganz seidig, die holzigen und schokoladigen Noten bleiben noch eine Weile erhalten und „dampfen“ retronasal ganz langsam aus.


>>> die weiteren Verkostungsnotizen folgen … <<<

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