Verkostungspaket
aus Hannover

Wenn das erste Bier in der Pendler-Wohnung ankommt …

Jetzt habe ich meine Pendler-Wohnung in Szczecin doch erst vor wenigen Tagen bezogen, und schon steht das erste Verkostungspaket vor der Tür. Da hat der vom Arbeitgeber organisierte, grenzüberschreitende Kurierdienst perfekt funktioniert!

Neun mit viel Liebe ausgewählte und außergewöhnliche Biere sind drin – was für eine wunderbare Überraschung! Teilweise Brauereien, von denen ich noch nie was gehört habe, teilweise Biere, bei denen mir während der Lektüre des Etiketts schon das Wasser im Mund zusammenläuft.

Wie geil ist das denn?

Nach der nächsten Wochenendheimfahrt geht die Verkostung los! Ich freue mich!

Bildergalerie

Verkostungsnotizen

Batches Brewery – Dal Villagio – Barolo Barrel Aged Quad – Batch 0031; Batches Brewery – Hoperating System – Eldorado Single Hop IPA – Batch 0027; ÜberQuell – Rosen – Du hast den #mutzurmaschine – Helles

Batches Brewery – Dal Villagio – Barolo Barrel Aged Quad – Batch 0031 (10,5%)

Der Text auf dem Etikett ist recht ausführlich: „The barrels for this very special batch are from Barolo, a small village in Italy, where the famous wine with the same name comes from. The beer that was ripened in these barrels come from our little home village Berlicum. So you could call it ‚from the village‘: Dal Villagio!“

Die dunkle, rotbraune Farbe dieses Biers erinnert fast schon an den namensgebenden Barolo-Wein; lediglich eine leichte Trübe und der rötlich-beigefarbene Schaum erzeugen einen dann doch abweichenden Eindruck. Der Duft ist zunächst mal intensiv holzig, fast wie ein frisch aufgesägtes Stück Eichenholz, aber mit feinen ledrigen und säuerlichen Noten dahinter. Auch ein wenig Vanille ist zu riechen und ein Hauch dunkler, gärender Trauben.

Der Antrunk ist schon spürbar sauer, und auf der Zunge macht sich die Säure dann durchaus prägnant bemerkbar. Aber sie ist eingebettet in eine sehr komplexe Geschmacks- und Aromenmatrix und stört dadurch überhaupt nicht. Ich spüre ein leicht adstringierendes Gefühl auf der Zunge, nehme dunkle, angegorene Trauben, überreife Pflaumen und schwarze Kirschen war. Dazu ein ganz leicht ledriger und holziger Hauch, der dem Ganzen eine fast schon herb-männliche Note verleiht. Insbesondere nach dem Schluck werden dann auch Gerbstoffe beziehungsweise Tannine sehr präsent. Sie unterstreichen die ledrige Note, geben ein paar harzige Töne hinzu und verleihen dem Bier einen rauen, ungestümen Charakter. Eine hochinteressante Trinkerfahrung.

Batches Brewery – Hoperating System – Eldorado Single Hop IPA – Batch 0027 (7,0%)

Und wieder ein ausführlicher Text auf dem kleinen Label: „Hop is the most crucial ingredient for many beer types – it can make it or it can brake it. Hop is the most crucial choice a brewer has to make when creating his beer. A choice that will control the overall impression of a brew. Hop is our operating system.“

Das Bier ist dunkel kupferfarben und leicht trüb. Der beigefarbene Schaum entwickelt sich sehr schön und bleibt in Resten auch länger erhalten.

Der Duft ist herzhaft-harzig mit Aromen von dunklen Früchten im Hintergrund. Nach einem Moment des Hinriechens kommen auch Aromen von reifen Bananen hinzu, und schließlich auch feine, holzige Rauchnoten. Sehr komplex und vielschichtig, wie sich das entwickelt.

Der Antrunk ist weich, auf der Zunge drängt sich im ersten Moment, aber auch nur für diesen, das Raucharoma in den Vordergrund. Es klingt dann aber gleichmäßig und langsam ab und macht Platz für die Banane. Die wiederum lässt sich von kräftig-herben Akzenten begleiten und zaubert nach einem Moment auch noch Trockenpflaumenaromen hervor – und zwar genau die Sorte, die leicht rauchig über offenem Feuer getrocknet zu sein scheint und die ich bisher nur in Polen zu kaufen bekommen habe. Die Bittere dieses Biers ist prägnant, aber nicht dominierend, obwohl sie nach dem Schluck noch mal aufzumucken versucht.

Der Abgang wird dann leicht adstringierend, die Schleimhäute werden rau. Eigentlich ja ein guter Ansatz, um Durst auf den nächsten Schluck zu machen, hier schießt der Effekt aber etwas über das Ziel hinaus.

ÜberQuell – Rosen – Du hast den #mutzurmaschine – Helles (5,0%)

In Hamburg bei ÜberQuell gebraut, und zwar für die Firma Rosen anlässlich der Lingener Bierkultur 2022.

Das Bier ist goldgelb, nur ganz leicht trüb, und es entwickelt nur recht wenig schneeweißen Schaum. Der Duft ist malzig und rund, ein wenig an Kuchenteig erinnernd.

Der Antrunk ist recht spritzig, und auf der Zunge gibt sich das Bier trotz der relativ hohen Spundung weich und in seiner Textur fast schon ein bisschen kremig. Nur eine zarte Hopfenbittere ist zu spüren, und zusätzlich zu den erneut etwas an Teig erinnernden Malzaromen gesellen sich sehr zurückhaltende kräuterige und heuartige Hopfenakzente. Der Abgang bleibt weich und rund, und auch nach dem Schluck hält sich die Hopfenbittere sehr zurück. Ein schön ausgewogenes Zischbier.

Brouwerij Het Anker – Gouden Carolus – Whisky Infused; Vielanker – Winterbock; Privat-Brauerei Strate – Detmolder Polar Bock „Essenz des Bieres“

Brouwerij Het Anker – Gouden Carolus – Whisky Infused (11,7%)

Die Farbe ist ein schönes Dunkelbraun. Das Bier ist leicht trüb und entwickelt einen schönen, leicht beigefarbenen Schaum, der auch recht lange hält.

Beim Schnuppern schießt mir eine Frage durch den Kopf: Können Gerüche eine Textur haben? Dieses Bier riecht intensiv nach Dunkelmalz und nach Whisky und wirkt dabei in der Nase so kremig und dicht, als würde ich mir Bepanthen in die Nasenlöcher schmieren …

Auch im Antrunk findet sich die kremige Textur wieder, was insofern interessant ist, als sie sich mit einer durchaus hohen Spritzigkeit paart. Auf der Zunge bildet das Bier eine kompakte Schicht aus intensiver Malzsüße, leicht rauchig-röstigen Akzenten vom dunklen Malz und intensiven Whiskynoten – alles eingepackt in diese unendliche, viskose Kremigkeit. Ein paar holzige und vanillige Aromen bilden einen schönen Hintergrund. Der Schluck zeigt erstmals den hohen Alkoholgehalt dieses Biers. Leicht wärmend rinnt das Bier die Speiseröhre hinab. Gleichzeitig bleiben auf der Zunge die Malzaromen und retronasal dominiert der Whisky. Sehr schön komplex!

Vielanker – Winterbock (6,7%)

Die Farbe ist ein schönes Dunkelbraun mit einem feinen Rotstich. Sieht schön aus. Das Bier ist leicht trüb und entwickelt einen recht üppigen, beigefarbenen Schaum.

Der Duft ist intensiv malzig mit ganz dezenten röstigen Aromen und einem leichten Touch Waldhonig.

Dem durchaus spritzigen Antrunk folgt ein kräftiger Malzkörper auf der Zunge, der aber bei weitem nicht so süß ist, wie erwartet. Stattdessen: Eine harzige, leicht adstringierend wirkende Herbe – also eigentlich recht gut zum Waldhonig-Aroma passend – je nach Sorte ist dieser ja auch manchmal harzig-herb. Die harzigen Noten sind es auch, die den Abgang nach dem Schluck prägen. Einerseits etwas die Schleimhäute aufrauend, andererseits auch retronasal herbe und würzige Aromen erzeugend. Ein recht ungewöhnliches Bier, bei dem es mich jetzt nicht gewundert hätte, wenn ich auf der Zutatenliste Fichten- oder Kiefernadeln oder harzige Baumrinde entdeckt hätte. Interessant!

Privat-Brauerei Strate – Detmolder Polar Bock „Essenz des Bieres“ (9,8%)

Das gleichmäßig trübe Bier hat eine kräftig braune Farbe und zeigt beim Einschenken bereits eine recht viskose Konsistenz. Konsequenterweise baut sich der hellbeigefarbene Schaum sehr feinperlig und kremig auf.

Der Duft ist intensiv malzig mit typischen Dunkelmalzaromen und erzeugt ein kremiges Gefühl in der Nase. Leichte Hopfenaromen identifiziere ich im Hintergrund.

Der Antrunk ist durchaus spritzig – es ist eine erstaunliche Menge an Kohlensäure in diesem Bier gebunden. Auf der Zunge überwiegt dann aber sofort der viskose, volle und runde Charakter dieses Biers, gepaart mit einer kräftigen Malzsüße und einer intensiven Hopfennote, die sowohl kräuterige Hopfenaromen als auch eine durchaus beachtliche Hopfenbittere umfasst. Sacht steigen retronasale Dunkelmalzaromen auf, vermählen sich mit den Aromen des Hopfens und bereiten viel und vor allem vielschichtige Freude. Der Abgang bringt die Hopfenbittere noch ein wenig nach vorne, und auch in der Olfaktorik überwiegen nun eher die herben, durchaus dominanten und fast schon aufdringlich wirkenden Hopfennoten.

Batches Brewery – Zwarte Peat – Peated Stout – Batch 0033; Deutsche Kreativbrauer – Kreativsud #4 – Windsheimer Flüssig-Brot; Handwerksbrauerei Zwanzger – Goat – Eisbock – auf amerikanischer Weißeiche acht Wochen gelagert [2021 – 2 Jahre alt]

Batches Brewery – Zwarte Peat – Peated Stout – Batch 0033 (11,0%)

Ein Wortspiel – der „Zwarte Piet“ ist der „Schwarze Peter“, und „Peat“ ist „Torf“. Also ein Schwarzbier mit über Torf geräuchertem Malz. Warum nicht?

Das Bier macht seinem Namen alle Ehre und ist pechschwarz. Und ein bisschen trüb, was man zwar nicht sieht, aber am Bodensatz in der Flasche erkennen kann. Der leicht beigefarbene Schaum entwickelt sich für ein so hochalkoholisches Bier erstaunlich üppig und hält auch recht lang, und während ich den Schaum noch betrachte, steigen mir schon die intensiven Rauch- und Torfaromen in die Nase. Heftig!

Der Antrunk ist zwar einerseits spritzig und zeugt von verhältnismäßig hoher Spundung, andererseits spüre ich aber auch eine kremige, viskose Textur. Beides ist auch auf der Zunge noch deutlich spürbar – eine leichte (Kohlen-) Säure und ein dickflüssiger Malzkörper. Dazu viel, viel Rauch und eine starke Röstbittere.

Der Abgang ist viskos, retronasal sehr, sehr torfig, und nach dem Schluck spüre ich alsbald eine gewisse alkoholische Wärme im Hals.

Mir ist es in der Summe zu viel. Zu viel Torf, zu viel Malz, zu viel Röstbittere, zu viel Kohlensäure. Das ist mir auch für den winterlichen, schluckweisen Genuss zu mächtig.

Deutsche Kreativbrauer – Kreativsud #4 – Windsheimer Flüssig-Brot (4,2%)

Ich mag es, wenn Bier-Etiketten Geschichten erzählen: „Im 17. Jahrhundert haben Hausbrauer in Bayern ihrem Haustrunk mit trockener Brotrinde eine besonders würzige Note gegeben. Mit dem ‚Windsheimer Flüssig-Brot‘ haben wir diesen nachhaltigen Gedanken aufgenommen und eine moderne und nachhaltige Version dieser historischen Brauspezialität geschaffen: aus Wasser, ausgewählten Malzsorten, handwerklich hergestelltem Brot der Windsheimer Bäckerei Wimmer, klassischen Hopfensorten und Hefe. Und wo könnte man so einen historischen Sud besser einbrauen als in einem Brauhaus aus der Zeit? So ist das ‚Windsheimer Flüssig-Brot‘ im 1699 gebauten Kraisdorfer Hofbräuhaus mitten im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim entstanden – ganz ohne moderne Technik, dafür im handgefeuerten Eisenkessel und mit viel Muskelkraft.“

Das Bier hat eine dunkelgelbe, fast schon orange wirkende Farbe und ist leicht trüb. Es entwickelt einen zurückhaltenden, aber schönen, leicht altweißen Schaum, der auch recht lange hält.

Der Duft ist weich und malzig mit ein paar Aromen von getrockneten Aprikosen sowie einer feinen Honignote.

Der Antrunk ist frisch, nicht zu spritzig, und auf der Zunge zeigt sich das Bier vielschichtig: Einerseits ist es von kremiger Konsistenz (ohne jetzt gleich schon richtig viskos zu sein), andererseits hat es eine interessante, leicht adstringierende Herbe und einen dazu passenden, sehr mineralischen Charakter. Diese eher kernigen Sinneseindrücke balancieren die kremige Konsistenz auf interessante Art und Weise aus. Retronasal kommt ein wenig Brotkrustenaroma hinzu, klingt aber rasch wieder ab.

Länger ist der Abgang: Nach dem Schluck bleibt die leicht adstringierende Herbe eine ganze Weile hängen und erzeugt trockene Schleimhäute. Gerade so stark, dass es zum Weitertrinken anregt; gerade so schwach, dass es nicht nervt. Das Resultat? Hohe Durchtrinkbarkeit!

Handwerksbrauerei Zwanzger – Goat – Eisbock – auf amerikanischer Weißeiche acht Wochen gelagert [2021 – 2 Jahre alt] (30,6%)

Mittlerweile ist dieses im März 2021 abgefüllte Bier rund zwei Jahre alt. Ob sich viel am Geschmack geändert hat?

Die Farbe ist dunkelbraun, das Bier ist blank und hat eine ölige Konsistenz. Schaum bildet sich keiner, die Spundung ist gleich Null.

Der Duft ist dominiert von holzigen und herben Aromen sowie von einer deutlich alkoholischen Note – den 30,6% Alkohol angemessen. Beim Schwenken des Glases bilden sich dicke, ölige Schlieren, wie bei einem guten Weinbrand.

Vom Antrunk über das Mundgefühl bis zum Abgang ist das Bier von einer gewissen alkoholischen Schärfe geprägt, die auch retronasal in der Nase spürbar ist.

Leichte Beerenaromen mischen sich in den holzigen Charakter. Das Mundgefühl ist etwas adstringierend. Trotz langer Reifung ist das Bier nicht rund und ausgewogen; es hat von allem etwas zu viel. Eine interessante Trinkerfahrung.

Bildergalerie

2 Kommentare

  1. Megainteressante Zusammenstellung, die Du da erhalten hast! Auf einige Biere habe ich gerade richtig Bock bekommen. Getrunken habe ich davon bisher nur das Windsheimer Flüssig-Brot. Zum Teil decken sich meine Eindrücke mit Deinen Notizen. Ich hatte aber auch säuerliche Unternoten in meinen zwei Exemplaren. Das schien sich auch mit den Eindrücken anderer Personen auf Facebook oder Untappd zu decken.

    • Hallo, Arne,

      danke für Deinen netten Kommentar. Die spannende Zusammenstellung habe ich Frank Reimchen zu verdanken – der verwöhnt mich regelmäßig mit Bierpaketen, und ich staune oft, was er da alles Interessantes zusammenklaubt. Wirklich klasse!

      Beim Flüssig-Brot war mir keine Säure aufgefallen – ich habe es allerdings auch schon im November getrunken, als es noch sehr frisch war. Vielleicht entwickelt sich die Säure erst mit der Zeit?

      Mit bestem Gruß,

      VQ

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.