Der Danziger Ortsteil Wrzeszcz hat seinen Namen von den Büschen und Sträuchern, die hier einst wuchsen – Wrzos heißt Busch, Wrzosowisko ist ein Buschgelände. Aus Wrzos wurde Wrzeszcz, und aus dem verwilderten Gelände wurde eine Kasernenanlage mit einer Siedlung drumherum.
Mittlerweile werden aber nur noch Teile der einstigen Anlage militärisch genutzt, und das Gebiet wird mit viel Geld in einen schönen und sehenswerten Stadtteil umgebaut. Unter anderem ist hier auch ein Konzertsaal entstanden, die Stary Maneż – die alte Manege. In einem Anbau dieses Konzertsaals befindet sich seit 2015 die Browar Vrest – ihr Name ist, wie unschwer zu erkennen ist, aus dem Namen des Stadtteils abgeleitet.
Browar Vrest
Rund eine Viertelstunde sind wir mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof bis hierher gefahren, und dann waren es noch weitere sieben, acht Minuten zu Fuß, aber nun stehen wir vor dem schönen Ziegelgebäude. Deutlich ist die Trennlinie zu erkennen: Links der Konzertsaal, ganz klassisch als Ziegelbau, und rechts, mit rostigen Stahlplatten und Streckmetall-Matten verkleidet, der Anbau mit der Brauerei.
Es ist noch Nachmittag, aber der Schankraum ist schon voll mit Menschen. Nur mit Mühe findet der Kellner noch ein Plätzchen für zwei Personen, ganz am Rande. Wir gehen an den beiden schön polierten Kupfergeräten, in denen pro Sud zwölf Hektoliter Bier entstehen, vorbei und werden ganz hinten im Eck platziert. Nun gut – selbst schuld, wer am Sonnabend ohne Reservierung ausgehen möchte.
Aber so schlecht ist der Tisch gar nicht – von hier aus können wir das Kommen und Gehen beobachten, und auch das fleißige Wuseln hinter der Theke bleibt unseren Augen nicht verborgen.
zwei Mal Pilzner auf dem Probierbrettchen
Dass wir nur „auf ein Bier“ kommen und gar nichts essen wollen, stört zum Glück überhaupt nicht, und es dauert auch nur einen ganz kurzen Moment, bis das bestellte Probierbrettchen vor mir steht. Aber … ein kleines Manko gibt es dann doch, denn von den fünf angebotenen Bieren sind zur Zeit nur vier verfügbar. Das einfache Helle („Jasne“) ist aus, und so bekomme ich stattdessen das Pilzner zwei Mal.
Sei’s drum, ich mache mich trotzdem an die Verkostung. Ich beginne mit dem Weizen, dem Pszeniczny. 4,4% Alkohol hat es, leider aber auch ein paar muffige, schweflige und alkalische Aromanoten. Dafür gibt es leider nur einen Stern – Prädikat „untrinkbar“. Kein so toller Auftakt.
Das zweite Bier, das Ciemny, ist zum Glück deutlich besser. Ciemny heißt nichts anderes als dunkel, und kräftig braun präsentiert sich dieses 5,0%ige Bier auch. Laut Beschreibung der Brauerei ist es eine lokale Interpretation eines Altbiers, und als solches schlägt es sich durchaus wacker, auch wenn mir die Karamellnoten in der Nase für ein Altbier etwas zu prägnant sind. Trotzdem absolut in Ordnung.
Jetzt wage ich mich an das mit 4,4% überraschend leichte Pilzner, und ich bin erleichtert: Das Bier, von dem ich zwei Probiergläschen habe, statt nur einem, ist rundum gelungen. Neben einer schönen Farbe überzeugen mich das intensive, aber nicht zu aufdringliche Heuaroma und die kernige, kräftige Hopfenbittere. Ein klassisches Pils, bei dem nicht an Hopfen gespart wurde.
Den Abschluss der Verkostungsrunde bildet das Niecodzienny – wörtlich übersetzt das Nichtalltägliche. Unter dieser Bezeichnung wird regelmäßig etwas Neues angeboten. Jeder Sud ist anders, und wenn das Bier alle ist, ist es alle. Manchmal sind es klassische Bierstile, manchmal recht experimentelle. Diesmal wohl eher ein experimenteller …
Dunkelbraun, trüb und fast ohne Schaum steht das Bier im Glas, und im Geruch und Geschmack identifizieren wir eine Fülle von parfümartigen Aromen, die uns an Lavendel, Veilchen, Anis und Lakritz erinnern. Gar nicht so schlecht. Unser Kellner klärt uns auf: Ein Oatmeal Stout sei es, das mit Laktose und Orangenschalen verfeinert worden sei. Das Zusammenspiel aus Röstmalz, Hafermehl, Orangenschale und Gäraromen der obergärigen Hefe würde all die komplexen sensorischen Eindrücke erzeugen.
Uns gefällt es gut, und es bildet einen schönen Abschluss für unseren heutigen Besuch.
das Sudwerk steht als Blickfang mitten im Raum
Essen wollen wir heute nicht – wir hatten den Tag über schon mehr als genug. So bleibt also ein etwas gemischter Eindruck bezüglich des Biers (Wie kann man ein so schlechtes Weißbier ausschenken???), ein guter, was den Service anbelangt, und ein sehr guter in Bezug auf die Gemütlichkeit und Atmosphäre. Das Sudwerk ist schön in Szene gesetzt, das Publikum ist bunt gemischt, die Stimmung ist prima. Und im Sommer kann man vor der Brauerei auch im Freien sitzen.
Die Browar Vrest ist täglich ab zwölf Uhr bis Mitternacht durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie mit der Straßenbahn der Linie 9 bis zur Station Galeria Bałtycka, und von dort aus ist es ein siebenminütiger Spaziergang bis zur Stary Maneż und der Brauerei.
Browar Vrest
ulica Juliusza Słowackiego 23
80-257 Gdańsk
Polen
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