Wenn es um Lösegeld geht …
Wir sitzen in der Craft Bier Bar Hannover.
„Also, ich bin ja bereit, ein Lösegeld zu zahlen“, albere ich herum. Der gute Herr R., mit dem ich gestern auf dem Hopfenfest Isernhagen war, hatte nämlich meinen Regenschirm eingesteckt, und den hätte ich natürlich heute gerne wieder.
„Und zwar in Höhe von sechs Bier“, setze ich fort, ziehe sechs spannende Biere aus der Ukraine und aus Polen aus meinem Rucksack und stelle sie auf den Tisch.
die Retoure auf das „Lösegeld“
Herr R. macht große Augen, beginnt aber rasch, zu grinsen: „Den Regenschirm kriegste so wieder, und für das Bier danke ich Dir im unmittelbaren Austausch.“ Sprichts und zieht seinerseits ein paar Flaschen und Dosen Bier aus der Tasche. Und meinen Regenschirm, natürlich.
Nette Mitbringsel aus der Region. Als Tauschgeschäft, nicht als Lösegeld …
Verkostungsnotizen
Maschbräu – Happy Hanno – American IPA; Hausbräu Markus Söth – Brown Ale; Liquid Story – Knowledge is Power II – IPA – Without Wine Yeast; Liquid Story – Knowledge is Power II – IPA – Co-Fermented with Wine Yeast
Maschbräu – Happy Hanno – American IPA (6,5%)
Das Bier ist mittelbraun und kräftig trüb – ein bisschen wirkt es schmuddelig, obwohl es das natürlich ganz gewiss nicht ist. Der recht üppige Schaum ist leicht gelblich, großblasig und hält ewig.
Der Duft ist eine interessante Mischung aus überreifen Pflaumen und Baumharz – spannend, was aus den drei Hopfensorten Zeus, Citra und Eukanot in der Mischung so wird.
Der frische Antrunk ist leicht pfeffrig und zeigt ein paar leicht spritige Noten. Auf der Zunge kommen diese spritigen Noten noch etwas stärker heraus und gehen ein bisschen in Richtung Lösungsmittel oder Aceton. Hinzu kommen ein malziger Körper und eine dezente Bittere. Die pflaumigen und harzigen Noten, die in der Nase noch gefallen haben, sind verschwunden.
Nach dem Schluck entwickelt sich im Hals eine leichte alkoholische Schärfe, die ebenfalls einen acetonartigen Charakter aufweist.
Hausbräu Markus Söth – Brown Ale (3,8%)
Ein Hobbybier, kein professionelles.
Mittelbraun und sehr trüb sieht das Bier aus, und es trägt einen schönen, nicht allzu üppigen, beigefarbenen Schaum.
Der Duft ist mit seinen leicht erdigen Noten recht typisch für ein Hausbräu, bei dem die Hefe nicht so richtig unbeschwert durchstarten konnte. Nicht unangenehm, aber doch irgendwie auffällig.
Der Antrunk ist tendenziell eher malzig, auf der Zunge kommt dann eine überraschend kräftige Bittere hinzu. Auch die erdigen Aromen sind – jetzt retronasal – wieder da, werden sogar noch etwas intensiver und bekommen auch einen dumpfen Charakter, der mich persönlich an unseren alten Garderobenschrank oben auf dem Dachboden erinnert. Wenn nach ein paar Tagen schwülen Wetters endlich das Gewitter gekommen war und jetzt die ersten Sonnenstrahlen den Dachboden wieder erwärmen, dann breitet sich genau diese Aromanote aus …
Nach dem Schluck klingt diese Sensorik ab und macht einer recht lange anhaltenden Bittere Platz.
Doppelverkostung:
Liquid Story – Knowledge is Power II – IPA – Co-Fermented with Wine Yeast (7,5%)
(das ist die dunkle Dose)
Liquid Story – Knowledge is Power II – IPA – Without Wine Yeast (7,5%)
(das ist die helle Dose)
Zwei Biere, die nach dem gleichen Rezept gebraut sind, nur dass das eine mit einer Weinhefe co-vergoren wurde, das andere nicht. Ob das einen großen Unterschied macht?
Eine Doppelverkostung beider Biere gleichzeitig wird mir diese Frage beantworten:
Im ersten Moment habe ich das Gefühl, das Bier aus der hellen Dose sei dunkler als das aus der dunklen Dose – aber das ist wohl bloß dem seitlichen Lichteinfall geschuldet. Nehme ich nämlich beide Gläser in die Hand und halte sie gegen das Licht, das durch das Fenster hereinscheint, so ist die Optik absolut identisch. Eine leuchtend gelbe Farbe, eine gleichmäßige leichte Trübung und ein etwas großblasiger, dennoch lange haltbarer, schneeweißer Schaum.
Wende ich mich zuerst der dunklen Dose zu, also dem Bier, da mit einer Weinhefe co-vergoren ist.
Feine Maracuja- und Mango-Noten kann ich identifizieren, und dahinter ein paar weinige Noten. Insgesamt ist der Duft aber recht zurückhaltend.
Dem spritzigen Antrunk folgt ein dezent „weiniger“ Eindruck auf der Zunge, und retronasal kommen erneut die leichten Maracuja-Aromen hervor. Fein und spielerisch ist der Gesamteindruck.
Nach dem Schluck bleibt eine feine Trockenheit auf den Schleimhäuten zurück, die einen Hauch von Adstringenz und leichter Harzigkeit zeigt. Das macht Lust auf den nächsten Schluck.
Kommen wir zur hellen Dose, also dem Bier ohne Weinhefe.
Der Duft ist herber als beim ersten Bier. Ein feiner Hauch von Rosenwasser blitzt kurz auf, danach kommen eher herbe Fruchtaromen, die mich an Zitrusfruchtschalen erinnern.
Der frische und herbe, nicht zu spritzige Antrunk gefällt und leitet nahtlos über zu einer angenehmen, durchaus kräftigen Bittere auf der Zunge. Diese paart sich mit den auch retronasal spürbaren Zitrusfruchtschalenaromen in harmonischer Weise.
Nach dem Schluck bleibt eine Trockenheit, die weniger harzig wirkt als beim Weinhefenbier, dafür aber etwas kerniger und länger anhaltend ist. Macht ebenfalls Lust auf den nächsten Schluck, allerdings auf geringfügig andere Weise.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar