Nachtrag 24. Juni 2023: Ein paar zusätzliche Bilder in der …
Craft Bier Bar Hannover
Nachtrag 26. November 2022: Es ist mittlerweile etwas her, dass ich das letzte Mal in der Craft Bier Bar Hannover eingekehrt war – fast dreieinhalb Jahre!
Langsam schiebe ich mich durch die Menschenmassen auf dem Weihnachtsmarkt, der auf dem Platz direkt vor der Bar stattfindet. Heute ist der erste Öffnungstag, dementsprechend voll ist es auch. Zwar fehlt es noch an weihnachtlicher Witterung, aber die Aussicht auf klebrigen Pansch, ach nein, es heißt ja Punsch, scheint die Leute anzuziehen wie das Licht die Motten.
In der Craft Bier Bar ist es am frühen Abend aber noch nicht so voll – problemlos findet sich für uns ein kleiner Tisch. Im Laufe des Abends wird sich das vermutlich noch ändern, denn wenn die Menschen erstmal genug vom klebrigen Glühwein haben, dann freuen sie sich bestimmt auf ein gutes Bier zum Nachspülen.
die Beschriftungen sind heute nicht ganz aktuell
Aber auch ohne großen Andrang geht es heute etwas durcheinander zu. Die Bildschirme zeigen eine etwas andere Verfügbar der Biere an als die Kreidebeschriftungen direkt an den Zapfhähnen. Aber auch diese sind nicht zu 100% korrekt. Die Fässer werden heute Abend wohl schneller leergetrunken als der Barmann die Listen aktualisieren kann. Insofern ist unser Biergenuss heute stark von Try-and-Error geprägt.
Den Auftakt soll ein frisches, durchtrinkbares Bier machen, das erstmal meinen Flüssigkeitsbedarf deckt – mit dem 4,7%igen Lucky Jack Mango APA von Lervig liege ich da ganz gut. Intensive Fruchtaromen, nahezu keine Säure, nicht zu viel Alkohol, das passt schon mal gut für ein paar große und trotzdem genussvolle Schlucke.
Ähnlich erfrischend ist die Margarita Gose von Great Divide direkt hinterher. Mit 5,8% zwar schon deutlich stärker, aber immer noch hervorragend wegzischbar. Der recht ausgeprägte Salzgehalt ist zwar jenseits dessen, was eine echte Gose ausmacht, aber es entspricht halt US-amerikanischem Denken: „Viel hilft viel!“ Warum eigentlich nicht gleich mit Meerwasser brauen, frage ich mich da …
Aber es schmeckt trotzdem recht ordentlich und macht vor allem Durst auf das nächste Bier.
Es soll verhältnismäßig leicht im Alkohol bleiben, denn wir wollen uns nicht in den Orbit schießen, sondern noch ein Weilchen sitzen und uns unterhalten. Die Auswahl an niedrig-alkoholischen Bieren schrumpft aber schneller, als wir bestellen können. Bei immer mehr Bieren zuckt der Barmann nur mit den Achseln: „Sorry, ist gerade alle …“
Wir finden noch das 4,9%ige Heated Seats New England Pale Ale von Mikkeller, das uns allerdings ein bisschen enttäuscht. Wenig Aroma, wenig Substanz, wenig von allem. Stattdessen ein leicht dumpfer Grundeindruck. Da kennen wir von Mikkeller aber Besseres. Schade.
Mittlerweile hat sich die Bar gut gefüllt – genau so, wie ich es vorausgesagt habe. Die Menschen kommen mit einem kräftigen Glühweinrausch und klebriger Zunge und wollen was zum Hinterherspülen. Keine Double Imperial Monsterbiere, sondern etwas zwar Leckeres, aber dennoch nicht zu starkes. Und so nimmt die Auswahl an durchtrinkbaren Bieren weiter ab.
Im Kühlschrank unter der Theke entdecken wir eine Flasche Bockbier der niederländischen Trappistenbrauerei Koningshoven, besser bekannt als La Trappe. Das ist jetzt mit 7,0% Alkohol schon kräftig, aber da es ein Flaschenbier ist, können wir ja auch teilen. Passt. Es ist ein 2021er Jahrgang, mithin schon eine ganze Weile in der Flasche vor sich hin gereift, aber diesem Bier tut das gut. Ein runder und voller Geschmack, der uns gut gefällt.
ein buntes Potpourri an spannenden Bieren
Gute Gespräche, ab und an ein bekanntes Gesicht, das an unserem Tisch vorbeiläuft (manchmal auch schon ein bisschen schwankt), und die Zeit verfliegt rasch. Ein starkes Bier zum Abschluss darf es jetzt noch sein, beschließen wir in freundschaftlicher Einmut, und so gibt es noch das 8,0%ige Imperial Stout „Siperia“ der Koskipanimo aus Tampere in Finnland. Als Plevna-Brauerei habe ich diese Brauerei schon kennengelernt und mehrfach besucht; warum sie sich mittlerweile Koskipanimo nennt, weiß ich nicht. Das Bier ist, wie erwartet, ganz vorzüglich und bildet für heute einen guten, weil sehr genussvollen Abschluss.
Während draußen die ersten Glühweinbuden geschlossen werden, geht es hier drinnen noch hoch her. Die Gäste schieben sich zwischen den Tischen durch, der Barmann hat alle Hände voll zu tun, und es wird ganz schön dunstig hierdrinnen – Glühweindunst, Bierdunst, Punschdunst. Alles gemischt mit Schweiß, Knoblauch und Bratwurstduft aus den Jacken der frisch hereindrängenden Gäste.
Wir schieben uns gegen den Strich aus der Bar raus, und ich genieße die frische und klare Luft in den Gassen der Altstadt, als ich wieder zurück zum Hotel laufe. Auch wenn bezüglich der Aktualität des Angebots heute einiges schieflief – die Biere, die wir bekommen haben, waren dann aber doch immer interessant und meistens sogar sehr gut. Gerne also mal wieder. Muss ja nicht erneut dreieinhalb Jahre dauern …
Craft Bier Bar Hannover
Nachtrag 21. März 2019: Nach einem Besuch in der Mashsee Brauerei und im Craft Beer Kontor haben wir noch nicht genug und bilden uns unbedingt noch einen Absacker in der Craft Bier Bar Hannover ein. Nun gut, die U-Bahn setzt uns unweit des Ballhofplatzes ab, in wenigen Minuten sind wir rübergelaufen und stehen vor dem Tresen mit der schier endlos langen Reihe von Zapfhähnen.
Etwas richtig Schweres, so wie bei meinem letzten Besuch vor etwas mehr als drei Jahren, ist jetzt nicht drin – dann würde der Tag morgen, immerhin noch ein normaler Arbeitstag, zu schwerfällig beginnen. Alkoholfrei muss es aber auch nicht sein …
die Auswahl fällt schwer
Neugierig beobachtet der junge Mann hinter der Bar, wie ich geduldig alle Biere abscanne und mich schließlich, nach schier ewiger Wartezeit, für ein Citrus IPA der kroatischen Garden Brewery entscheide. Und für ein großes Glas aus dem Hahn Nummer 25, ein großes, frisches Glas Leitungswasser.
Beides entpuppt sich als gute Wahl. Das IPA mit seinen 7,2% erweist sich als noch nicht so alkoholstark, dass es den Abend jetzt vorzeitig beenden würde, aber als kräftig genug, und zwar sowohl vom Malzkörper wie auch von der hopfigen Fruchtigkeit und Bittere, dass es mich zu fesseln vermag. Ich genieße den Duft, und Schluck für Schluck lasse ich das Bier über die Zunge rinnen.
Und immer dann, wenn ich das Gefühl habe, mich zu sehr an den Geschmack zu gewöhnen, kommt das Hannoveraner Leitungswasser zum Einsatz. Ein kräftiger Schluck spült Zunge und Gaumen frei, so dass der nächste, winzige Schluck Bier erneut sein ganzes Potenzial ausspielen kann.
Citrus IPA der kroatischen Garden Brewery
Sollte man eigentlich viel öfter machen. Wenn man denn nicht immer so merkwürdig angesehen würde, wenn man ein großes Glas Wasser vor sich stehen hat. Aber was wissen sie denn schon, die Leute, die dann so starren? Gar nichts wissen sie, sonst starrten sie nicht. Oder ist es der Neid? Der Neid, der entsteht, weil sie selbst vielleicht auch gerne ein Glas Wasser zum Bier hätten, dem Gruppenzwang der testosterongeschwängerten Vereinskameraden aber unterliegen und nicht als Weichei gelten wollen? Ach, wer weiß. Meine Gedanken fliegen vor und zurück, und irgendwie ist es mir herzlich egal. Egal, was die anderen denken, und noch egaler, warum sie so denken, wie sie denken. Lass sie starren. Ich setze meinen Wechselgenuss fort. Ein Schluck Wasser, ein Schluck IPA. Und ich bin zufrieden.
Craft Bier Bar Hannover
Hannover – die langweiligste Großstadt Deutschlands. Noch langweiliger als Bielefeld, und das ist immerhin eine Stadt, deren Existenz von einigen Satirikern gleich völlig geleugnet wird. So heißt es. Aber hakt man detailliert nach, so sind es zum einen das Fehlen eines örtlichen Dialekts und somit die konsequente Nutzung feinsten Hochdeutschs und zum anderen eine gewisse Nüchternheit, die hier zweifelsohne vorherrschen. Beides mag etwas kühl wirken. Aber Langeweile? Ganz gewiss nicht!
Nüchternheit und Sachlichkeit? Ja, allerdings. Definitiv. Und die findet sich auch im Namen der Bier Bar, vor der ich gerade stehe. Wie nennt der Hannoveraner eine Craft Bier Bar? Eben. Genau so. Craft Bier Bar. Wirklich nicht originell. Aber, und auch das gilt es zu würdigen, definitiv nicht irreführend. Keine verkrampft witzigen Wortspiele, keine gezwungene Originalität, keine an den Haaren herbeigezogene Assoziation zu den Worten Hopfen, Malz, Hefe oder Bier oder Verballhornung derselben. Stattdessen: Eine Bar, in der es Craft-Bier gibt.
niedersächsisches Fachwerk und schöner Sandstein aus dem Weserbergland
Ich stehe also am 29. Dezember 2015 vor dem uralten Gebäude. Das Erdgeschoss ist aus Sandstein aus dem Weserbergland, und die Stockwerke darüber sind schönes, niedersächsisches Fachwerk. Es steht bestimmt unter Denkmalschutz. Auf dem Balken zwischen Erdgeschoss und den Fachwerkstockwerken kann ich im fahlen Laternenlicht eine Inschrift entziffern: „Wir Jungen haben die Aufgabe, neue Wege zu suchen und zu bahnen, und den Mut, sie zu gehen.“ Sie erinnert schmerzlich daran, dass dieses schmucke Fachwerkhäuschen von den Nazi-Schergen als Jugendheim der hannoverschen Ortsgruppe der Hitler-Jugend missbraucht worden ist. Geschichte kann nicht umgeschrieben, nicht ungeschehen gemacht werden, und so ist es gut, dass dieser Sinnspruch erhalten geblieben ist und uns nun, in einer Zeit, in der humanitäre Krisen in der Welt auf ein Wiedererstarken ekelerregender Nazi-gleicher Propaganda treffen, als Mahnung dient, als Mahnung dienen kann.
Der Denkmalschutz ist es wohl auch (oder ist es doch eher die hannoversche Nüchternheit?), der eine bunte, schlimmstenfalls kitschige Leuchtreklame verbietet, lediglich eine kleine Tafel und ein angeschraubtes, unbeleuchtetes Schild laden in die Craft Bier Bar ein.
der Schwerpunkt liegt auf Bieren aus der Region, aber auch vieles andere ist vertreten
Ich gehe die paar Stufen in das Hochparterre und in die Bar. Vor wenigen Stunden erst ist Ian „Lemmy“ Kilmister von Motörhead kurz nach seinem siebzigsten Geburtstag überraschend gestorben, und irgendwie erwarte ich unterbewusst, dass als Reminiszenz jetzt laute Rockmusik von Motörhead laufen müsste – aber weit gefehlt. Nur leise Musik, gepflegte Atmosphäre. Bin ich jetzt enttäuscht?
Nein. Nicht wirklich. Spätestens nach dem Blick auf die Theke definitiv nicht. 24 + 1 Zapfhähne sind an der Rückwand angebracht. 24 Fassbiere, und einmal bestes Hannoveraner Leitungswasser. Bekannte internationale Brauereien sind vertreten, aber – und das gefällt mir persönlich besonders gut – auch ein paar regionale Biere: Mashsee ist vertreten, die Brauerei von Kolja Gigla und Alexander Herold, gerade „umme Ecke“, Richtung Maschsee. Und Robens Kerkerbräu aus Eldagsen, einem winzigen Örtchen südwestlich von Hannover – Bier von Robert Kathöwer und Jens Hölzel. Aber auch bis Hamburg, zu Fiete Matthies‘ Wildwuchs Brauwerk und zu Simon Siemsglüß‘ Buddelship Brauerei ist es ja nicht weit, deren Biere gelten hier auch noch als regional.
ein ruhiger Tisch in der Ecke
Ich suche mir einen kleinen Tisch im hinteren Bereich und verkoste zwei ganz besondere Spezialitäten von Robens Kerkerbräu. Zunächst den Eisbock Rudis Delirium. Dunkelbraun steht er im Glas, fast schon viskos wirkte er beim Einschenken. Nur wenig Schaum. Sehr weich, sehr süß, fast schon likörartig schmeckt er, rinnt langsam über die Zunge. Elf Prozent Alkohol hat er, und die spürt man deutlich. Nicht nur die alkoholische Wärme im Mund und am Gaumen, sondern leider auch eine ganz leichte Spritigkeit im Aroma. Aber diese Spritigkeit ist auch das Einzige, was stört. Ansonsten: Ein tolles Bier. Großer Genuss!
Rudis Delirium
Aber es kommt noch besser. Das zweite Bier von Robert und Jens, das Celebration Stout Barrel Aged (Cognac), ist nahezu perfekt. Zwölf Monate hat es im Cognac-Fass reifen können, und sowohl die Holzaromen vom Fass als auch die Cognac-Noten kommen wunderbar heraus. Auch hier elf Prozent Alkohol, aber hier sind sie besser maskiert als im Eisbock. Die alkoholische Wärme ist zu spüren, ja, aber keine Spritigkeit, sondern angenehme Weinbrand-Aromen, sehr komplex, weich, warm. Ein noch tolleres Bier. Noch größerer Genuss!
Nach diesen zwei großen Biererlebnissen ist es unmöglich, mit einem normalen Trinkbier fortzusetzen – jedes Pale Ale oder gar simple Lager würde verblassen, und so habe ich mir den Besuch hier in der Craft Bier Bar heute selber leichtfertig verkürzt. Schon am frühen Abend trolle ich mich, ziehe weiter – nur noch ein kurzer Blick zurück auf das hübsche Fachwerkhäuschen im Licht der Straßenlaternen.
Die Craft Bier Bar Hannover ist montags bis sonnabends ab 16:30 Uhr geöffnet; sonntags ist Ruhetag. In der Nähe einen Parkplatz zu finden, ist ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen, aber von der U-Bahn-Station Markthalle / Landtag sind es nur drei Minuten zu Fuß.
Craft Bier Bar Hannover
Ballhofstraße 5
30 159 Hannover
Niedersachsen
Deutschland
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