Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!
Tja. Ja klar, vor drei Tagen hatte ich Geburtstag. Ich hatte schon mal vorsorglich einen Tag Urlaub eingereicht und hatte mich klammheimlich davongeschlichen, weil ich Geburtstage, vor allem meine eigenen, gar nicht so recht mag.
eine schöne Holzkiste mit fünf Flaschen Bier vom anderen Ende Polens
Die lieben Kollegen haben sich davon aber nicht abschrecken lassen. Zwei Tage lang haben sie mich noch in Sicherheit gewiegt, und heute kamen sie nach angemessener Frist dann an – einen Korb unter dem Arm, und in dem Korb eine schöne Holzkiste mit fünf Flaschen Bier vom anderen Ende Polens, aus Cechowice-Dziedice, ganz unten im Süden, noch südlicher als der polnische Kohlenpott.
Eine schöne Überraschung.
Und fünf Mal ausführliche …
Verkostungsnotizen
fünf ausführlich verkostete Biere
Dziedzice Browar Rzemieślniczy – No. 3 – Pils (5,2%)
Das Bier hat eine merkwürdige Rosé-Farbe und ist nur ganz leicht trüb. Der Schaum entwickelt sich nur sehr zurückhaltend und fällt nach dem Einschenken sofort wieder zusammen, so dass das Glas rasch aussieht, wie eine Rosa-Grapefruit-Schorle.
Der Duft ist leicht honigartig, weist feine Bienenwachsnoten auf und einen Hauch Bittermandel.
Dem weichen und süßlichen Antrunk folgt ein recht intensiver Alterungsgeschmack auf der Zunge. Viel Honig, ein wenig Karton, kaum Bittere, und das ganze auf einem recht intensiv malzsüßen Fundament.
Die Kartonnoten werden im Abgang noch ein bisschen intensiver.
Schade, denn die Kühlkette wurde ab Verkauf nicht unterbrochen, und das Mindeshaltbarkeitsdatum ist noch drei Wochen in der Zukunft.
Dziedzice Browar Rzemieślniczy – No. 5 – AIPA (6,8%)
Auch dieses Bier hat einen leichten Rotstich – eine feine rotgoldene Farbe. Es ist ebenfalls nur ganz leicht trüb, aber es entwickelt wenigstens eine kleine Schaumschicht, die dann auch lange hält.
Der Duft weist einen Hauch von Bitterorangenzesten auf, dazu ein paar angenehme Heunoten.
Dem weichen und recht fülligen Antrunk folgt eine schöne, aromatische Bittere auf der Zunge, die sich auf einem soliden Malzkörper präsentiert. Angenehm ausgewogen. Zwar spüre ich auch hier, wie beim vorherigen Bier, eine feine Alterungs-Honignote, aber sie ist wesentlich schwächer ausgeprägt (bei identischem Mindesthaltbarkeitsdatum). Stattdessen stehen eher die Hopfenaromen im Mittelpunkt, und sie wandeln sich von den zarten Heu- und Zesten-Aromen zu eher kräftiger Grapefruit – so, wie man das von klassischen American IPAs gewohnt ist.
Der Abgang präsentiert die Bittere eine ganze Weile lang – sie klingt nur langsam ab. Sie bleibt dabei aber weich und rund, wird nicht rau oder gar kratzig, sondern ist gerade so lange präsent, dass ich noch ein bisschen hinterherschmecken kann, um dann festzustellen: Huch, die Schleimhäute werden jetzt ja ganz trocken. Schnell den nächsten Schluck nehmen!
Dziedzice Browar Rzemieślniczy – No. 1 – Marcowe (6,0%)
Das Bier zischt beim Öffnen des Kronkorkens nicht – das ist kein gutes Zeichen. Beim Einschenken bildet sich auch fast kein Schaum …
Die Farbe des Biers ist ein in Richtung Orange tendierendes Hellbraun, die Trübung ist dezent.
Der Duft weist ein paar brotige Malzaromen und leichte Noten nach feuchtem Heu auf, beides aber in einer eher erdig-dumpf wirkenden Ausprägung, ohne spielerische Frische.
Der Antrunk ist aufgrund der fehlenden Spundung etwas müde, auf der Zunge dominieren die dezent brotigen Malzaromen, begleitet von einer leichten Süße und nur einer sehr schwachen Bittere. Der erdig-dumpfe Eindruck klingt recht rasch ab, so dass das Bier nicht untrinkbar wird. Ein Ausbund an Frische ist es dennoch nicht.
Der Abgang bringt schwache Alterungs- und Oxidationsnoten hervor. Das Mindesthaltbarkeitsdatum liegt noch zwei Monate in der Zukunft; die Kühlkette wurde seit dem Kauf eingehalten.
Dziedzice Browar Rzemieślniczy – No. 12 – Lager (4,8%)
Das Bier ist hellkupferfarben, also für ein Lager schon verhältnismäßig dunkel. Es ist klar und trägt eine nicht allzu dicke Schaumschicht, die zu alledem auch recht rasch zusammenfällt.
Der Duft ist karamellig und wirkt geradezu sämig. Im Hintergrund spüre ich auch etwas buttriges Diacetyl.
Der Antrunk ist rund und voll, und auf der Zunge macht sich eine recht feiste Kombination von Karamell- und Butteraromen breit. Im ersten Moment nicht unangenehm, auf Dauer aber sehr saturierend. Die Bittere ist deutlich spürbar, wenn auch nicht allzu intensiv. Ohne sie wäre das Bier ob seiner Feistheit fast untrinkbar.
Nach dem Schluck klingt der Karamellanteil schneller ab als das Diacetyl, so das der buttrige Eindruck immer stärker wird. Eine gewisse Hopfenbittere bleibt noch für einen Moment präsent und verlässt dann als letzter Akteur die Bühne.
Dziedzice Browar Rzemieślniczy – No. 8 – Koźlak (7,0%)
Das Bier hat eine tiefbraune, fast schon schwarze Farbe und ist klar. Der Schaum ist ordentlich, kremig, deutlich beige gefärbt, und er hält sich annehmbar lange.
Der Duft ist intensiv malzig – man spürt das Dunkelmalz, das ein bisschen an Malzbonbons oder Blockmalz erinnert, dahinter ist eine ganz leichte brenzlige Note zu erahnen.
Der Antrunk ist weich, recht vollmundig, und sowie das Bier auf die Zunge trifft, ist der malzige, ganz leicht brenzlige Charakter ganz deutlich präsent. Die Restsüße ist erstaunlich niedrig – zwar schon deutlich spürbar, aber bei weitem nicht so intensiv, wie ich angesichts der Farbe und des intensiven Malzaromas erwartet hätte. Stattdessen eine feine Herbe, die sich an den Zungenrändern und am Gaumen bemerkbar macht.
Nach dem Schluck spüre ich diese feine Herbe noch einen Moment; sie balanciert das Malz hervorragend aus. Gleichzeitig wandelt sich retronasal das Malzaroma ein bisschen – weg von der Brenzligkeit hin zu feinem Karamell. Gar nicht schlecht!
Dziedzice Browar Rzemieślniczy
Legionów 83 A
43-502 Czechowice-Dziedzice
Polen
Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.
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