Ach, Dienstleistungswüste Deutschland, wie liebe ich Deine Speisekarten: „Draußen nur Kännchen“ – „Beilagenänderung 1.- Euro“ – „Im Biergarten servieren wir nur große Getränke“ – „Toilettennutzung -.50 Euro“ – „Im Garten nur Selbstbedienung!“ – „3% Aufschlag bei Kreditkartenzahlung“
Manchmal frage ich mich, wie lange es noch dauert, bis wir auch noch für das Benutzen eines Stuhls eine Extra-Gebühr zahlen und das Besteck zum Essen anmieten müssen.
Und so ging es mir im Biergarten des Neuenahrer Brauhauses am 2. August 2014 ebenfalls. Ich schlug die Karte auf, und der erste Satz, der mir ins Auge stach, war die Feststellung, dass es „draußen, im Biergarten, nur große Biere“ gebe. Am liebsten wäre ich wieder aufgestanden und gegangen, und nur die Chronistenpflicht mahnte mich, zu bleiben und die Biere trotzdem zu verkosten.
Es war ja nicht ungemütlich, und die Bedienungen waren rasch und freundlich. Große und stabile Schirme boten Schutz vor einem Wolkenbruch, und auch drinnen war es ansprechend. Eine große Litfaßsäule als Blickfang im Eingangsbereich, dahinter ein klar gegliederter Thekenbereich, und rechts davon, ein wenig erhöht, eine große Kupferpfanne als Teil des Sudhauses. Vielleicht aber auch nur als Dekoration, denn an der Nebentür stand groß ein Hinweis „Sudraum“. Vielleicht wird gar nicht auf dem kupfernen Sudwerk gebraut, sondern auf einer effizienteren, aber weniger dekorativen Anlage, den Blicken der Besucher entzogen.
Ob auf diesem Sudwerk überhaupt gebraut wird?
Sechs Biere waren heute im Angebot – drei davon offensichtlich als festes Angebot, das es das Jahr rund gibt, und zwar Helles, Dunkles und Naturtrübes. Diese drei Sorten gab es auch als Bierprobe zu bestellen, das heißt, von jedem dieser drei Biere 0,1 l, serviert auf einer DIN-A-4 großen Papptafel mit Erläuterungen zu jedem Bier. Und überraschenderweise gab es diese Bierprobe auch im Biergarten, was mir die Speisekarten-Logik mit den kleinen und großen Gläsern noch viel weniger eingängig machte.
Das Helle zeichnete sich aus durch ein intensiv estriges Aroma, das deutlich an Himbeergeist erinnerte, war ansonsten aber sehr gefällig und süffig. Leicht süßlich und nur von geringer Hopfung ein vorsichtiges Allerweltsbier, mit dem man keinen Kunden verschrecken möchte. Das Dunkle (oder Braunbier, wie es offiziell genannt wird) wies die gleichen, feinen Himbeergeist-Noten auf und zeigte sich im Geschmack ein wenig runder, voller. Das Naturtrübe schließlich war als einziges dieser drei Biere spürbar gehopft – ein wenig bitterer, ein wenig kräftiger, ein wenig kantiger.
Bierprobe
Das Sommerpils war jetzt im August die Saisonsorte – ein etwas kräftiger gehopftes Bier mit angenehmen Aromanoten. Leichte Zitrus- und Gras-Aromen vom verwendeten Aromahopfen schmeicheln der Nase, und eine ausgewogene und immer noch recht zurückhaltende Bittere erfreut den Gaumen. Sehr ordentlicher Durchschnitt.
Und schließlich das Bockbier. Hell, mit 8% Alkohol. Ich hoffte angesichts dieser Stärke auf ein Erbarmen des Kellners: „Kann ich da ein Kleines haben?“ Keine Gnade. Draußen nur Kännchen! Also, ich meine, große Biere.
Kurzum, wir zogen um und setzten uns sage und schreibe zwei Meter weiter, auf die andere Seite der Türschwelle. Da bei dem heißen Sommerwetter sowieso alles weit geöffnet war, fühlten wir uns unverändert, als säßen wir draußen. Und was zwei Meter wirklich ausmachen: Prompt bekam ich mein 0,2-l-Glas Bockbier. Der Kellner versuchte noch, es mir zu erklären, warum dies so sei: Wenn ich draußen ein kleines Bier bekommen hätte, dann würden alle anderen ja auch ein kleines wollen.
Tja, und selbst wenn? Das würde doch nur unterstreichen, dass der Bedarf besteht, dass der Gast es anders wünscht, als es vom Hause angeboten wird. Werden wir also bitte nicht albern!
Geschmacklich war das Bockbier das Highlight des heutigen Tages. Süßlich, kräftig, schön aromatisch und – ungewöhnlich für ein Bockbier – hell. Blond, wie ein Pilsner. Ein richtig gutes Bier!
Tja, und dann wäre rein theoretisch noch das Weißbier zu verkosten gewesen. Aber das wurde von vornherein weder draußen noch drinnen in einer kleinen Portion angeboten. Irgendwie scheint es bei deutschen Gastronomen den weit verbreiteten Glauben zu geben, Weißbier dürfe man nur in großen Gläsern ausschenken. Ich hab’s mir also geschenkt. Nein, danke!
Zum Essen kann ich diesmal nichts sagen, wir haben uns auf das Bier beschränkt. Aber das, was an den Nachbartischen serviert wurde, sah ausgezeichnet aus. Richtig lecker.
Das Neuenahrer Brauhaus ist täglich ab 11:00 Uhr geöffnet, die Küche hat von 11:30 bis 15:00 Uhr und dann wieder ab 17:30 Uhr geöffnet, sonntags sogar durchgehend. Und kommt man im Winter, dann ist der Biergarten vermutlich geschlossen – dann gibt es wenigstens keine Diskussionen über große und kleine Gläser draußen. Parken kann man recht problemlos entlang der Straße, die direkt vor dem Brauhaus entlang führt.
Neuenahrer Brauhaus
Hauptstraße 112
53 474 Bad Neuenahr
Rheinland-Pfalz
Deutschland
Wos mich mehr aufrechert wär daß das Bier in 0,4 daherkommt
Och, naja, die Gebindegröße ist mir eigentlich solange wurscht, wie ich unter mehreren Größen wählen kann. Ob es dann 200 oder 250 ml beziehungsweise 400 oder 500 ml sind, das kann ich verkraften. Ich kann ja rechnen und mir den Literpreis bestimmen!