„Wir hatten im Herbst 2019 den Vertrag für die Halle unterschrieben, die Container mit dem Sudwerk waren da, und dann … kam CoViD“, seufzt Andreas „Gustl“ Hartfiel und deutet auf das Drei-Geräte-Sudwerk hinter ihm. „Alles da, wir hätten loslegen können, und dann: Keine Gäste, nix. Nur viel, viel Ruhe, um alles weiter vorzubereiten.“
Vor drei Minuten sind wir erst vor die Brauerei Almirante do Atlântico gefahren, und schon krabbeln wir mit ihm bis in den hintersten Winkel seines Sudhauses. Man merkt, wie stolz er auf das ist, was er hier geschaffen hat. „Eine 10-hl-Anlage ist es“, erzählt er. „Ich habe sie aus Geisenbrunn bei Gilching. Als Braukraft dort aufgehört hat, habe ich die Anlage übernommen.“
nach drei Minuten turnen wir schon im Sudhaus herum …
Ich kucke mal eben im Telefon: Ja, die Anlage mit den typischen Kühlschleifen vor den Geräten, mit denen Whirlpool und Kühlung gleichzeitig möglich sind, sind auf den letzten bei Google zu findenden Braukraft-Bildern gut zu sehen. Jetzt hat sie den weiten Weg von Geisenbrunn bis Calheta auf Madeira gemacht, steht hier in einer alten Halle an der Hauptstraße ER222, und auf ihr entstehen nun immer wieder neue und abwechslungsreiche Biere für die Insel. Für die Urlauber, aber nicht nur.
Pro Sud entstehen hier tausend Liter Bier, die in Einweg- und Mehrwegflaschen abgefüllt werden, aber auch in 20-l-Fässer und in kleinere 10-l-Fässer. Auf letztere ist Gustl stolz: „Das ist ein Zwei-Kammer-System, das wird vorgespannt, und dann kann ich das Fass dem Kunden mitgeben. Der kann in Ruhe vor sich hin zapfen, ohne Getue mit Gasflaschen und Druckreglern. Total praktisch. Schade nur“, fügt er hinzu, „dass diese Fässer nicht mehr produziert werden. Ich habe dann kurzerhand die Restbestände gekauft und hoffe, damit jetzt noch lange hinzukommen.“
Er öffnet den Schaltschrank der Siemens-Steuerung: „Kuckt Euch die Verkabelung an. Haben wir alles selbst gemacht. Wir waren kurz vorm Verzweifeln, aber es hat alles geklappt!“ Gustl grinst. „Genauso wie die Planung der Abläufe und Gullis. Die Installateure haben mich damals völlig verständnislos angeschaut, als ich ihnen gesagt habe, wo sie die Abflüsse und Kanäle in den Boden stemmen sollen, und als die Anlage dann aufgebaut wurde, kamen sie kucken und staunten. Da wussten sie dann, warum der Verlauf so merkwürdig geplant war.“
Gustl sprüht nur so über und erzählt und erzählt. Hier ist jemand mit totaler Begeisterung am Werk.
Währenddessen staut es sich am Tresen im kleinen Schankraum. „Das Fass mit dem Summer Ale ist leer“, hören wir, und Gustl flitzt los, es auszuwechseln. Er springt zwischen Theke und Fasslager hin und her.
Einmal in der Woche hat Gustl seinen Schankraum und die kleine Außengastronomie geöffnet. Auf einer Biergarnitur werden einfache Speisen serviert, die frisch zubereitet werden. Heute gibt es Fish ’n’ Chips frisch aus der Friteuse, wahlweise auch Nachos oder selbstgebackenes Brot mit Käsedip.
„Wir probieren immer mal was Neues aus“, erzählt mir Gustls Kumpel, der an der Friteuse hantiert. „Einfache Gerichte, aber sättigend, damit man dazu viel Bier trinken kann. Und immer auch eine vegetarische Alternative – heute frittiere ich zum Beispiel Blumenkohl.“
Nach all den Geschichten und Geschichtchen wird es nun Zeit, das Bier auch mal zu probieren und eine Kleinigkeit dazu zu essen. Ich hole ein Glas vom Summer Dream, dem Beach Blonde Pale Ale. Es hat nur dreieinhalb Prozent Alkohol, schmeckt fruchtig und frisch, und es passt in diesem Moment perfekt, denn gerade kommt die Sonne raus. Dazu Fish ’n’ Chips, das frische, selbstgebackene Brot mit den knusprigen Kürbiskernen und der dicke, gehaltvolle Dip – eine simple und doch so wohlschmeckende Kombination.
Summer Dream, Fish ’n’ Chips, Chibarro, Brot mit Dip
Da Gustl auch in kleine 0,2-l-Gläschen ausschenkt und ich mir das erste Glas mit meiner Liebsten geteilt habe, darf ich noch ein zweites Bier probieren und entscheide mich für ein kleines Gläschen vom Chibarro, einem 6,5%igen Maibock.
„Maibock? Im Januar?“ Ich grinse Gustl an. Er grinst zurück. „Auf der Insel des ewigen Frühlings ist immer Mai, da kann man Maibock das ganze Jahr über trinken“, stellt er fest. Ende der Diskussion.
Der Maibock ist schön rund und malzig, sehr durchtrinkbar. Davon zwei, drei große Gläser rasch hintereinander, dazu die Sonne – das würde rasch Wirkung zeigen. Schlimm, schön schlimm, wenn so kräftige Biere so durchtrinkbar sind …
Jetzt geht es aber weiter. Wir packen uns noch fünf verschiedene Flaschen für die Abende im Hotelzimmer ein, und dann hat die Landstraße, die ER222, uns wieder. Schön war’s!
Die kleine Handwerksbrauerei Almirante do Atlântico hat ihren Taproom jeden Freitag von 15:00 bis 22:00 Uhr geöffnet. Gelegentlich gibt es auch besondere Veranstaltungen, oder Gustl ist mit seinen Bieren auf Veranstaltungen wie beispielsweise dem Weihnachtsmarkt vertreten. Genaueres erfährt man auf seiner Website. Mit dem Auto fährt man von Calheta die ER222 hoch, bis man die kleine Brauerei direkt vor einer engen Kurve auf der rechten Seite sehen kann. Parken geht unkompliziert einfach entlang der Straße. Man kann vom Zentrum Calhetas auch laufen – das dauert gemütliche zwanzig Minuten.
Almirante do Atlântico
ER222 776
9370-175 Calheta
Portugal
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