[Blick zurück auf den 7. Januar 2025]
Der Weihnachtsmarkt in Funchal auf Madeira will und will nicht enden. Heute haben wir schon den 7. Januar, und noch immer halten sich die bunt geschmückten Büdchen auf der Flaniermeile. Vor Krippen und kunstvollen Installationen werden Volkstänze und Gesänge aufgeführt, überall hört man Weihnachtslieder und die ganze Stadt ist mit bonbonbunten Farben festlich illuminiert. Das alles bei aus unserer mitteleuropäischen Sicht völlig ungewöhnlichen Temperaturen von 22°C. Plus, natürlich, nicht minus!
Mittendrin steht eine kleine, rote Hütte von Vilhoa und bietet Craft Beer feil. Eine schöne kupferne Zapfanlage bietet vier verschiedene Fassbiere, und der Kühlschrank dahinter lockt mit kunterbunten Dosen und Flaschen aus der ganzen Welt.
der Vilhoa Craft Beer Booth
Ich trete an die Hütte heran und möchte mir ein kleines Bier aussuchen. „In wenigen Stunden endet der Weihnachtsmarkt“, erfahre ich von dem jungen Mann hinter der Theke. „Deswegen habe ich jetzt leider nur noch zwei Fässer angeschlagen – mehr lohnt sich bis nachher nicht mehr. Magst Du trotzdem noch ein Bier trinken?“
Na, das muss ich mich nicht fragen lassen. Und ob ich das mag!
Ich entscheide mich für das Bløndie Ale, ein blondes Obergäriges der portugiesischen Festlandsbrauerei Musa aus Lissabon.
Während der junge Mann mir das Bier zapft, kommen wir ins Gespräch. Vilhoa, das ist ein Bierprojekt, das sich vorwiegend mit der Distribution von Craft Beer auf Madeira beschäftigt, daneben aber auch mit portugiesischen Festlandsbrauereien den einen oder anderen Collab-Sud braut. „Wir machen viel mit Musa und mit Letra. Dann brauen wir dort nach unseren Rezepten, auf das Etikett kommen beide Logos, also das von der Brauerei und unser Vilhoa-Logo, und dann nehmen wir rund fünfzig Prozent der Produktion mit und verkaufen das Bier hier auf der Insel“, erfahre ich.
„Irgendwann wollen wir dann soweit sein, dass wir auf Madeira unser eigenes Bier produzieren, aber das ist noch ein weiter Weg“, fährt der junge Mann, nach dessen Namen zu fragen ich leider vergessen habe, fort. „Die älteren Einheimischen trinken alle Coral. Das hat gewissermaßen ein Biermonopol, und als Großbrauerei binden sie die Bars und Restaurants an ihre Marke, indem sie ihnen die Zapfanlage, das Mobiliar oder die Sonnenschirme schenken. Da kommen wir nur ganz, ganz schwer zum Zug.“
„Die Jugend ist da offener, aber da fehlt es oft am Geld, denn mit den Preisen von Coral können wir nicht mithalten. Da bleiben dann Touristen wie Du, die froh sind, hier auf der Insel was anderes als nur ein langweiliges Lager zu finden.“
Wir plaudern und plaudern, und ich erfahre viel mehr über die Bierszene auf Madeira, als ich mir merken kann. Ob es um Pläne einer anderen Gruppe geht, in Funchal vielleicht in den nächsten Jahren eine Craft Beer Brauerei zu eröffnen, mit denen das Vilhoa-Team dann vielleicht kooperieren könnte, oder um die Einflussnahme der auch politisch und in der Lobbyarbeit engagierten Eigentümerfamilie von Coral. „Da ist es wirklich schwierig, etwas eigenes, neues aufzubauen.“
Musa Bløndie Ale
Mein Bier ist längst getrunken, und auch das Becherpfand habe ich schon wieder zurückbekommen. Meine Liebste sitzt hinten am Denkmal und wartet schon ganz ungeduldig.
„Gib uns noch zwei, drei Jahre, dann haben wir es vielleicht geschafft, und wenn Du dann mal wieder auf die Insel kommst, um hier Urlaub zu machen, dann findest Du vielleicht Bierflaschen und ‑dosen, auf denen nur noch ein einziges Logo zu sehen ist: Vilhoa. Ohne Collab!“
Er grinst hoffnungsvoll. „Obwohl“, fügt er hinzu, „eigentlich sind diese Collabs ja auch toll. Es macht so viel Spaß, in der Craft Beer Community zusammenzuarbeiten und neue Ideen auszubaldowern und zu verwirklichen. Es ist nur kompliziert – bis zum Festland ist es weit …“
Nachdenklich schaut er mich an. „Wir brauchen halt viele Touristen, die sich auf unsere Biere einlassen und bereit sind, für gute Qualität auch mal einen Euro mehr zu bezahlen. So richtig teuer sind wir doch schließlich nicht, oder?“
Nein, so richtig teuer sind die von ihm angebotenen Biere nicht, stelle ich fest. Für mein 4,5%iges und außerordentlich geschmackvolles und durchtrinkbares Bløndie Ale habe ich gerade mal zwei Euro bezahlt – für einen Viertelliter. Das ist gewiss nicht zu teuer.
„Good Luck“, wünsche ich ihm noch, und: „See you next year, or the year after. I’ll be looking for your very own Vilhoa beers, I promise!”
Vilhoa Craft Beer Booth
Weihnachtsmarkt
Funchal
Portugal
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