[Blick zurück auf April 2023]
Wir stehen vor dem Gebäude, sehen überall die Reklame für Sophie’s Brauhaus, und trotzdem müssen wir einmal ganz genau hinsehen: Wo ist denn der Eingang in diese Gasthausbrauerei???
Nur ein kleines Schild neben einem Irish Pub und einem Imbiss weist den Weg zu der schmalen Tür und der Treppe, die dann ins erste Stockwerk führt. Aha! Muss man auch erstmal finden …
Oben angekommen, schauen wir neugierig in den riesigen Schankraum. Nur zwei Tische sind besetzt – und das am Sonnabend zur Mittagszeit. Merkwürdig!
Ein kurz angebundener älterer Herr weist uns wirsch einen Katzentisch ganz am Rand zu. „Der Rest ist reserviert“, bellt er, und fast hätten wir ob dieses unhöflichen Gebarens die Brauerei wieder verlassen. Aber die Neugier siegt. Wir setzen uns, schlagen die Karte auf und finden insgesamt vier hier vor Ort gebraute Biere sowie eine Speisenliste mit viel Lokalkolorit. Spätzle, Maultaschen und natürlich die schwäbische „Spezialität“ Spätzle mit Linsen und Knackwürsten.
Für unseren Tisch ist eine Dame zuständig – um Größenordnungen höflicher als der „alte Knacker“, der uns eben fast vergrault hätte. Blitzschnell nimmt sie die Bestellung auf, und genauso blitzschnell wird serviert. Die Linsen für mich, ein Brauerfrühstück, also Bratkartoffeln mit Ei und Speck, für meine holde Ehefrau. Dazu ein simples 5,0%iges Helles – konsequent ebenso wie der Brauereiname mit eigentlich überflüssigem Apostroph geschrieben: Sophie’s Helles.
Das Essen ist fein, und weil wir beide von beiden Gerichten begeistert sind, beschließen wir, nach der Hälfte die Teller zu wechseln.
Weniger fein ist das Bier. Gemüsesuppig dumpft es vor sich hin, eine süßliche Brühe mit Erbsengeruch, die nur gerade so viel Hopfen enthält, dass es das Lebensmittelrecht auch rechtlich als Bier akzeptiert. Uff! Das ist jetzt aber mal nix!
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die Buntglas-Decke ist sehenswert
Ich hadere für einen Moment mit meinem Bier und bin für Sekunden abgelenkt. Als ich wieder aufschaue, ist der Laden mit einem Schlag voller Menschen. Zwei Busladungen Touristen und vier oder fünf Junggesellenabschiede sind mehr oder weniger gleichzeitig herein gekommen. Von einer Sekunde zur anderen geht es zu wie in einem Taubenschlag, und alle, wirklich alle Plätze sind besetzt. Was für ein Glück, dass wir noch rechtzeitig hier waren …
Unsere nette Bedienung gerät jetzt richtig unter Druck, und trotzdem bleibt sie höflich, freundlich und aufmerksam, hat sogar noch ein Sekündchen Zeit für einen Scherz und bringt dann das bestellte Schwarzbier. Mit 5,1% ist es einen Hauch stärker als das Helle, zum Glück auch einen Hauch besser. Ein solides Alltagsbier. Immer noch keine Offenbarung, aber wenigstens ohne Geschmacksfehler.
Einen kleinen Nachtisch gönnen wir uns noch, bevor wir wieder aufbrechen: Sehr leckeren Apfelstrudel, kochend heißen Kaffee und ein India Pale Ale. Letzteres lässt mich endlich aufatmen. Irgendwas kann der Brauer also doch. Ein fruchtiges, nicht übermäßig bitteres und schön aromatisches Bier. Das einzige Bier, von dem ich mir heute gerne noch ein zweites bestellt hätte.
Geht doch!
(Das Weizenbier auch noch zu probieren, habe ich mich nicht getraut. In Gasthausbrauereien ist das Weizen meistens das schlechteste Bier, und nach dem üblen Auftakt mit dem Hellen … Ach, was sage ich …)
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ein grottiges, ein mäßiges und ein gutes Bier
Eine kleine Runde drehe ich noch durch das Lokal, fotografiere nicht nur die kupfernen Sudkessel am Rand, sondern insbesondere auch die eindrucksvolle Buntglas-Decke über der Theke. Die ist mal richtig schön!
Mit gemischten Gefühlen treten wir wieder raus auf die Straße. Ein einziges gutes Bier, gutes und solides (übrigens auch preiswertes!) Essen, die schöne Buntglas-Decke und die freundliche Kellnerin auf der Haben-Seite. Auf der Soll-Seite ein mäßiges und ein grottiges Bier und ein grober und unhöflicher Klotz als Platzanweiser. Eine echte Empfehlung können wir nicht aussprechen, von einem Besuch abraten aber auch nicht ganz. Aber fast.
Sophie’s Brauhaus ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Vom U- und S-Bahnhof Stadtmitte / Rotebühlplatz sind es keine 200 m Fußweg.
Sophie’s Brauhaus
Marienstraße 28
70 178 Stuttgart
Baden-Württemberg
Deutschland
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