Frohnhauser Sudwerkstatt
Essen
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„Boah, Ihr kommt genau im richtigen Moment“, stöhnt Peter van der Meer, als wir den Schankraum der Frohnhauser Sudwerkstatt, der gleichzeitig auch das Sudhaus ist, betreten. „Vorhin ist die Lieferung meiner neuen KEGs gekommen, und jetzt gerade eine Palette Malz. Habe ich alles abgeladen und reingeschleppt, und jetzt brauche ich eine Pause.“

„Bier?“, fährt er fort.

Was für eine Frage …

Peter schenkt uns ein Glas seines 5,5%igen Pale Ales ein: What, if the unicorn is meeting the wolf? Eine schöne kräftig-gelbe Farbe hat es, eine nur dezente Trübung, einen stabilen Schaum, angenehm fruchtige Mangonoten im Duft und eine angenehme, kräftige, aber nicht zu dominierende Bittere. Trinkt sich gut weg. „Die Mangonoten kommen eigentlich nur von der Hefe“, erzählt Peter, „nicht vom Hopfen. Der ist eher neutral.“

Frohnhauser Sudwerkstatt – Braukesselselfie

Und mit dieser kurzen, aber treffenden Bierbeschreibung beginnt etwas, das zwar formal fast ein Monolog ist, aber diese negativ konnotierte Beschreibung würde Peter überhaupt nicht gerecht.

Vor rund einem Jahr habe er die Brauerei eröffnet, erzählt er, und dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. Eine Eröffnungsfeier, die alle Vorstellungen gesprengt hat, die er vorher hatte. Menschen, die Schlange standen bis rund um den Häuserblock. Begeisterung, gute Stimmung, positive Rückkopplung ohne Ende und sooo viele nette Gäste. Vom uralten Rentnerpärchen, das mittlerweile Stammgast ist, bis zum gerade im legalen Trinkalter angekommenen Metalhead sei alles dabei. In- und Ausländer, Arme und Reiche, Nachbarn oder von weit her angereiste Bierbegeisterte … „So, wie Ihr!“

Die Menschen lieben sein Bier, und sie finden beim Bier zusammen. „Stellt Euch vor, da sitzen die alten Rentner neben dem Metaller in der Kutte, und die unterhalten sich, haben den ganzen Abend Spaß!“ Peter ist in eine Marktlücke hineingestoßen, von der er nicht einmal selbst etwas wusste. Nachbarn, Behörden, Geschäftsleute – alle begrüßen, dass mit der Frohnhauser Sudwerkstatt ein kleiner Betrieb ins Viertel gekommen ist, der nicht nur ein Anlaufpunkt für Durstige ist, sondern auch eine Keimzelle für das soziale Leben rund um den Frohnhauser Platz.

Er schenkt uns ein Amber Ale ein, Magnitude of Enchantement. 5,1% Alkohol hat es und als im britischen Stil gebrautes Ale wird es feierlich mit einer echten Bier-Engine, also einer britischen Handpumpe ins Glas gezapft. „Die Handpumpe kommt super an. Ich habe Gäste, die nur wegen des so gezapften Biers kommen, die kommen schon mit ausgestreckter Hand die Treppenstufen hinunter und hoffen, dann sofort ihr erstes Glas in die Hand gedrückt zu bekommen. Dann können die das ob des niedrigen Kohlendioxidgehalts ruckzuck weg-exen, bevor sie dann ein zweites Glas bekommen. Das erste gegen den Durst, das zweite für den Geschmack. Das läuft unvorstellbar gut!“

hier ist das Zapfen noch echte Handarbeit

„Es ist aber auch die einzige Handpumpe in x Kilometer Umkreis“, fügt Peter noch grinsend hinzu, während wir das dunkelbraune Bier mit seiner feinen, kremigen und stabilen Schaumkrone verkosten, die Biskuit-Aromen des Malzes, den feinen Hefetouch und die weiche Hopfenbittere genießen.

„Sie ist allerdings auch so intensiv im Einsatz, dass ich sie jetzt, nach einem Jahr, schon quasi aufgearbeitet habe. Ich habe mir jetzt eine neue Handpumpe bestellt, ein solideres und aus massiven Materialien gebautes Fabrikat. Hätte ich nie gedacht, dass das so einschlägt!“

Mit dem Glas in der Hand schaue ich mich im Sudhaus um. Neben dem Sudwerk selbst hat Peter nur zwei größere und zwei winzige Gär- und Lagertanks – mehr ist hier im Keller des Wohnhauses gar nicht unterzubringen. „Bei mir bekommt jedes Bier so viel Zeit, wie es auch benötigt, um perfekt zu sein. Nicht so, wie in manchen Gasthausbrauereien, wo das Bier noch grün ist, wenn es ausgeschenkt wird.“

„Aber“, fügt er hinzu, „das macht mich manchmal schon unruhig, wenn ich nur noch ein oder zwei Fässer für den Ausschank habe und die Lagerung des nächsten Sudes noch nicht abgeschlossen ist. Puh, die Leute trinken so viel, und der Laden ist immer so voll, dass ich da manchmal fast nervös werde. Aber trotzdem: Nicht nur beim Gären und Reifen, sondern schon in der Konzeption nehme ich mir für jedes Bier viel Zeit. Ich muss den Kopf frei haben für das Rezept und für den Brautag, und dann ist das für mich ein inneres Ankommen, eine tiefe Erfüllung, wenn ich am Braukessel stehe.“

Peters Augen leuchten, und wir merken: Hier hat jemand seine absolute Bestimmung gefunden.

Das dritte Bier, das wir probieren, ist das Export Stout Who leads the hords of Hydra?. Tiefschwarz, schön röstig, aber nicht zu sehr, mit einem feinen, seidigen Touch von Hafer. Die 6,6% Alkohol, die auch einem Bockbier gut zu Gesichte stünden, schmecken wir nicht. Gefährlich. Das ist ein Bier, von dem mehrere Pints hintereinander kein Problem darstellen würden. Bis dann die Wirkung einsetzt …

„Eins müsst Ihr aber unbedingt noch probieren!“ Peter entlässt uns noch lange nicht. „Ich habe nämlich mit den beiden Jungs von Mücke, die Brauerei kennt Ihr doch, ein Collab gemacht. Ein Rum-Rosinen-Porter mit 8,1% Alkohol. Total Commitment haben wir das genannt, und es ist tatsächlich ein Porter, das wir auf in Rum eingelegten Rosinen gereift haben.“

Es entpuppt sich als wunderbares Dessert-Bier. Rumaromen, Rosinenaromen und alles, was ein ordentliches Porter mitbringt: Schoko-, Mokka- und dezente, aber wirklich nur dezente, Röstaromen. Schlückchenweise genießen wir. Ob wir mal eben um die Ecke flitzen sollten, im Eisladen eine Kugel Vanilleeis dazu holen? Das würde perfekt passen.

Aber uns läuft die Zeit weg. Wir wollen weiter, und Peter hat noch viel zu tun. Ein paar Pläne und Aufträge deutet er noch an, und wir merken: Die Zeit, die er sich gerade für uns genommen hat, die war wirklich wertvoll.

Spannende Biere, eine blitzsaubere und nette Brauerei, ein einerseits noch ein bisschen improvisiert wirkender, andererseits aber in Details schon sehr durchdachter und effizienter Taproom und eine Seele von Mensch hinter der Theke. Das war ein schöner Brauereibesuch!

Wer sich selbst dessen vergewissern möchte: Die Frohnhauser Sudwerkstatt ist donnerstags bis sonnabends ab 17:00 Uhr geöffnet. Mit den Buslinien 145 und 196 kommt man bis zum Frohnhauser Platz und muss dann nur einmal um die Ecke in die Pollerbergstraße gehen. Da ist es das zweite Haus links.

Bildergalerie

Frohnhauser Sudwerkstatt
Pollerbergstraße 3
45 145 Essen
Nordrhein-Westfalen
Deutschland

2 Kommentare

  1. Als Frohnhauser (und Stammkunde) muss ich sagen: den Vibe der FSW exzellent eingefangen! Für mich ein richtiges Refugium. Viele Grüße, Bernhard

    • Dankeschön für Deine netten Worte, Bernhard.

      Schade, dass Essen für mich recht weit weg ist – sonst wäre ich bestimmt auch Stammkunde beim Peter!

      Mit bestem Gruß,

      VQ

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