Die grünen Halbliter-Bierdosen der Lech Browary haben viele Jahre hinweg die polnische Bierszene bestimmt – eines der ersten Biere, das in den neunziger Jahren mit gleichbleibenden Qualitätsstandards und unterstützt von professionellem Marketing nach der Wende in großem Maßstab auf dem polnischen Markt auftauchte.
Heute, am 19. März 2011, habe ich diese grünen Bierdosen erneut gesehen – aber diesmal waren es nicht Halbliterdosen, sondern Dosen mit einem Fassungsvermögen von vielen hunderttausend Litern, handelte es sich diesmal doch um die als Bierdosen gestylten, gigantischen Lagertanks der Lech Browary am südöstlichen Stadtrand Posens. Selbst die Aufschrift „Ein halber Liter dieses Bieres enthält 25 g reinen Ethyl-Alkohol. Selbst eine solche Menge schadet der Gesundheit von schwangeren Frauen und ist gefährlich für Autofahrer.“ war sorgfältig auf die Lagertanks geschrieben worden. Vor dem fantastisch blauen Himmel, den wir heute genießen durften, ein wahrhaftig schöner Anblick, und er ließ für einen Moment vergessen, dass es sich hier einerseits natürlich nicht um eine kleine, mittelständische und jederzeit besuchenswerte Brauerei, sondern um eine riesige Bierfabrik handelte, und dass andererseits selbst diese riesige Bierfabrik schon lange nicht mehr unabhängig ist, sondern seit 1999 zur polenweit vertretenen Kompania Piwowarska gehört, und diese wiederum zum weltweit agierenden, derzeit wohl zweitgrößten Bierkonzern SAB Miller.
Dementsprechend wird hier auch schon lange nicht mehr nur die Marke Lech hergestellt, sondern auch die Marken Tyskie (eigentlich mit dem Brauereibetrieb in Tychy verbunden), Żubr (ursprünglich mal aus Białystok), Pilsner Urquell (wie original ist das denn, wenn es nicht mehr in Pilsen, sondern hier hergestellt wird…), Dębowe sowie die Biermischgetränke der Reihe Redd’s.
Es hatte mit diesem kurzen, aber beeindruckenden Blick aus der Ferne schon fast sein Bewenden, aber dann ergab sich die Gelegenheit, dass uns im Besucherzentrum eine deutschsprachige Führung nur für mich und meine Frau angeboten wurde – ein attraktives Individualprogramm, zu dem wir natürlich nicht nein sagen konnten. Und so spazierten wir dann fast anderthalb Stunden lang durch den gigantischen Industriebetrieb.

kupferne Sud- und Maischepfannen
Das Sudhaus begrüßte uns mir riesigen, kupfernen Sud- und Maischepfannen, und während in den meisten großen Industriebrauereien diese Pfannen nur noch als Museum dienen und moderne Edelstahlanlagen direkt nebenan aus dem Boden wachsen, hat man hier in Posen einen anderen Weg gewählt: Die ansprechenden Kupferhauben wurden den modernen Stahlinstallationen gewissermaßen übergestülpt, so dass unter dem historisch wirkenden „Deckel“ sich modernste Edelstahl-Sudwerk-Technik verbirgt, ohne dass dies unmittelbar sichtbar wird. Erst wenn man die Kupferhaube öffnet, die Abdeckung an die Seite schiebt, werden die Edelstahlinstallationen darunter sichtbar. Eine originelle Lösung.
Während der folgenden Abschnitte des Brauereirundgangs durch die Gär- und Lagerabteilung, den Filterkeller und die Flaschen- und Dosen-Abfüllung galt leider ein Fotografierverbot, gleichwohl waren wir beeindruckt. Insbesondere der Anblick einer Abfülllinie, die unter Volllast läuft und bis zu 60.000 Flaschen beziehungsweise 100.000 Dosen pro Stunde befüllt, ist doch immer wieder beeindruckend.
Zurückgekehrt zum Besucherzentrum unterlagen wir natürlich keinem Fotografierverbot mehr; durften uns noch den obligatorischen Werbefilm ansehen und anschließend das Lech-Bier verkosten. Und zwar, interessanterweise, die Version Lech Pils, die sich vom Lech Premium durch einen etwas höheren Alkoholgehalt und etwas ausgeprägtere Hopfenbittere unterscheidet und im Gegensatz zum Premium auch nur regional im Posener Raum vertrieben wird. Vom Fass durchaus eine, nun ja, Rarität, wenn man bei einer Großbrauerei diesen Begriff überhaupt verwenden darf …
Lech Browary
Kompania Piwowarska
ulica Szwajcarska 11
61-285 Poznań
Polen
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