Mitbringsel
sind immer willkommen (13)

[Blick zurück auf April 2025]

Schnell noch ein paar Reste aufgekauft …

Das Brauprojekt BrewHeart stellt seine Aktivitäten ein. Das war eine von leider vielen negativen Nachrichten aus der Welt der kreativen Biere, die uns 2024 erreicht hat. Ende des Jahres war Schluss, dann wurde nur noch abverkauft.

Wirtschaftskrise? Ukraine-Krieg? Trump-Wahl? Allgemeine Kaufunlust?

Ach, woran es auch immer gelegen haben mag, ich weiß es nicht.

Was ich aber weiß, ist, dass mein lieber Freund Frank, als er das gehört hat, schnell noch eine größere Bestellung aufgab und einiges aus den Restbeständen gekauft hat. Uuuund … mit mir teilt! Eine große Tasche voller Bierflaschen hat er dabei, als er auf eine Tasse Kaffee vorbeikommt.

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„Und weil’s grad so schön war, habe ich Dir nicht nur was von BrewHeart mitgebracht, sondern auch noch ein paar weitere Flaschen! Ich freue mich auf Deine …“

Verkostungsnotizen

Mastri Birrai Umbri – Cotta 68 – Birra Doppio Malto (7,5%)

Die Farbe des Biers ist dunkelgelb, fast schon ins Orangefarbene gehend. Die Trübung ist kräftig und gleichmäßig, verleiht dem Bier aber einen ganz leichten Graustich. Der Schaum ist kremig und üppig sowie mittellang haltbar.

Der Geruch ist primär malzig, sekundär auch fruchtig mit Noten von Banane und getrockneten Aprikosen.

Der süßliche und weiche Antrunk leitet über zu einem runden, kremigen Eindruck auf der Zunge. Die Spundung macht sich auf der Zunge kaum bemerkbar, der Hopfen auch nicht wirklich. Nur eine ganz leichte Herbe ist nach dem Schluck zu spüren. Aber wirklich nur ganz leicht. Stattdessen tut sich retronasal viel: Deutliche Fruchtaromen – Banane, Aprikose, überreifen Renekloden und etwas helle Stachelbeeren. Aber: Alles wirkt fast schon künstlich, parfümiert. Etwas zu viel des Guten.

Mastri Birrai Umbri – IPA (6,5%)

Das Bier hat eine kräftige orangebraune Farbe mit einer intensiven und gleichmäßigen Trübung. Der Schaum entwickelt sich reichlich und steht verhältnismäßig lang.

Der Duft überzeugt mit kräftig-harzigen Aromen klassischer Hopfensorten – sehr schöne Erinnerungen an Tannenwälder in der Sommersonne kommen auf.

Dem herb-hopfigen, aber dennoch weichen Antrunk folgt eine runde, malzsüßliche Vollmundigkeit, die sich im gesamten Mundraum, am Gaumen und im Rachen ausbreitet; begleitet von retronasalen Hopfenaromen, die erneut die schönen Harze präsentieren.

Erst nach dem Schluck wird das Bier spürbar bitter. Eine leichte Rauigkeit, eine feine Adstringenz machen sich auf den Schleimhäuten breit, ohne kratzig zu wirken. Stattdessen: Angenehme Trockenheit und Lust auf den nächsten Schluck.

Kiesbye – Waldbier – Ausseer Mischwald – Vogelbeere / Tanne [2023] (6,5%)

Das Bier ist mittelbraun und gleichmäßig trüb. Der Schaum entwickelt sich nur sehr zurückhaltend, kommt aber, wenn man mit etwas Schwung eingießt.

Der Geruch ist sehr erdig. Vogelbeere? Hm, dafür ist er eigentlich viel zu intensiv. Es sind eher Noten von frisch aufgegrabener, feuchter Walderde, die dick von weißem Pilzmycel durchzogen ist. Fast schon schimmlig riecht das.

Der Antrunk bestätigt diesen Eindruck. Kräftiger, frischer Schimmel, wie bei langsam vor sich hin rottendem Laub im Wald. Das schmeckt nicht.

Da ich das Bier als deutlich besser und ausgewogener in Erinnerung habe, gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder ist die Kombination Vogelbeere mit Tanne nicht gut lagerfähig, oder diese Flasche hat einen Stich, eine Infektion. Das Mindesthaltbarkeitsdatum jedenfalls ist noch dreieinhalb Jahre entfernt.

Seltsam.

BrewHeart – Barrel Aged Imperial Stout – Belize Edition 2022 (12,0%)

Schön schaut sie ja aus, die elegante und schlanke Halbliterflasche. Und sie wiegt schwer in der Hand. Aber: Vor den Genuss haben die Götter den Schweiß gesetzt. Erstmal muss ich das doofe Wachs vom Kronkorken abpulen. Was mich gefühlt eine halbe Stunde kostet. In echt vermutlich nur zwei Minuten. Aber nervig ist und bleibt es.

Dann aber: Herrlicher Genuss!!!

Sanft und ölig fließt das tiefschwarze Bier ins Glas, bildet einen schönen, braunen Schaum aus und duftet intensiv nach Bourbon, nach Holz, nach Vanille und im Hintergrund auch nach Bitterschokolade und nach Mokka. Wunderschön!

Der Antrunk ist kremig und weich, süßlich, aber nicht klebrig, und ein feines Bizzeln zeugt von genau richtiger Spundung, die die Süße etwas auffängt. Im Mund macht sich das Bier sehr dominant breit, süß, malzig, kräftig alkoholisch wärmend schon auf der Zunge. Die Bourbon-Aromen sind sehr präsent, besonders retronasal drängen sie sich sehr in den Vordergrund. Hintendran folgen brav im Gänsemarsch wieder Holz, Vanille, Kakao (Bitterschokolade) und Mokka. Sehr schön, sehr ausgewogen, sehr harmonisch.

Nach dem Schluck wird der Alkohol dominant, aber nicht im spritigen Sinne, sondern im angenehm wärmenden. Sollte man das Bier also nur im Winter trinken, in der kalten Jahreszeit? Nee, ich habe da eine bessere Idee: Jetzt im Sommer, bei schwülheißem Wetter, ist dieses Bier eine fantastische Begleitung zu einem kremigen Tiramisu-Eis. Schnell die große Packung aufgemacht, einen großen Löffel vom kremigen Eis in die Schüssel, und für den Rest des Abends gehe ich in reinem Genuss auf – immer abwechselnd ein winziger Schluck des Biers, ein kleines Löffelchen Eis. Beides ergänzt sich und treibt sich gegenseitig in ungeahnte sensorische Höhen. Hachz!

Mastri Birrai Umbri – Cotta 37 – Rossa Artigianale (5,6%)

„Handwerklich gebrautes Rotbier, unfiltriert und nicht pasteurisiert“, steht in Deutsch auf dem Rückenetikett. Aber es steht noch mehr da, nämlich, dass das Bier mit Platterbsen gebraut sei. Da muss ich erstmal googeln, was das für Feldfrüchte sind. Und das Ergebnis ist zumindest dahingehend spannend, dass die meisten Platterbsen-Arten giftig sind. Bleibt also zu hoffen, dass die Brauer die richtigen Arten ausgewählt haben …

Das Bier ist rötlich-braun und kräftig trüb. Es entwickelt einen enormen, kremigen und leicht beigefarbenen Schaum, so, wie man ihn von einem dunklen Weissbier eher erwarten würde.

Der Duft geht in eine ähnliche Richtung – Bananen rieche ich, aber auch hefige Noten, beides allerdings begleitet von einer dezenten Dumpfheit. Es fehlt an Frische, an spielerischer Aromatik. Stattdessen eher leicht muffige Noten. Nichts, was zu Untrinkbarkeit führen würde, aber irgendwie stellt sich ein ganz leichtes Unbehagen ein.

Der Antrunk ist weich und rund, der erste Eindruck im Mund und am Gaumen recht füllig. Eine feine Bittere macht sich breit, und ich überlege, ob sie eher vom Hopfen oder doch mehr von der Hefe kommt. Oder von den Platterbsen – da ich die nicht kenne, kann ich nicht ausschließen, dass sie ebenfalls eine gewisse pflanzliche Bittere mit hineinbringen.

Leicht rau geht das Bier dann durch den Schlund. Retronasal kommen dumpfe Bananenaromen und ein leicht pflanzlich-grüner Charakter hervor, dahinter ein gemüseartiger Hauch.

Insgesamt ein durchaus interessantes Bier, aber keines, das mich zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Möglicherweise ist es knallfrisch aus der Brauerei attraktiver – so, wie es vor mir steht (bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum sind es noch viereinhalb Monate), vermag es nicht zu begeistern, sondern nur zu nähren und den ersten Durst zu befriedigen.

Vor etwa drei Jahren habe ich dieses Bier schon einmal verkostet – seinerzeit waren meine Eindrücke durchaus positiver.

BrewHeart – Barrel Aged Imperial Stout – Jamaica Edition 2022 (12,0%)

Erneut muss ich pulen. Dicke Wachskrümel verunstalten die Arbeitsplatte in der Küche. Herrje. Aber ich weiß ja, was mich erwartet, und insofern nehme ich die Pulerei gerne in Kauf.

Eine Konsistenz wie Motoröl. Sanft und viskos gleitet das Bier ins Glas. Eine dicke, braune Schaumschicht formt sich, und ich rieche bereits beim Einschenken das leicht melasseartige Rumaroma mit Fruchtaromen (Pflaumen, Rosinen, schwarze Johannisbeeren), etwas Mokka und Bitterschokolade und ein wenig Süßholz.

Wie schon bei der Belize Edition ist die Süße sehr präsent, ohne zu kleben. Eine feine Spundung lockert den feisten Malzkörper auf, verhindert, dass er alles im Mund zupappt. Retronasal spüre ich Lakritze, Melasse, dunklen Rum, Mokka und kräftig, aber nicht spritig, den Alkohol.

Der Schluck wird von Beginn an von einer zarten alkoholischen Wärme begleitet – ich spüre genau, wie weit die Flüssigkeit im Rachen, im Kehlkopf und in der Speiseröhre gewandert ist. Sehr angenehm.

Perfekte Harmonie, und erneut stelle ich mir ein kremiges Eis als die passende Begleitung vor – diesmal aber nicht Tiramisu, sondern schlicht ein Vanilleeis. Ein gutes natürlich, ein zartes, kremiges, sahniges Bourbon-Vanille-Eis. Hmmm!

BrewHeart – Barrel Aged Imperial Stout – Wild Turkey Edition 2022 (12,0%)

Ein letztes Mal pulen, ein letztes Mal genießen. Diesmal musste ein Wild Turkey Bourbon Barrel herhalten, das Bier auszubauen.

Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Barrel Aged Editionen riecht dieses ein kleines bisschen säuerlich. Die Bourbon-Aromen sind präsent und dominant, aber dahinter scheint eine feine Säure auf, die sich auch beim Antrunk und auf der Zunge durchaus spürbar zeigt. Nicht unangenehm, nicht uninteressant, aber doch so prägnant, dass es den fünften Stern kostet …

Ein schönes Bier, aber in diesem Falle leider auch nicht mehr.

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