München hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere mit der Messe Braukunst Live! einen Namen in der noch jungen neuen Bierszene gemacht, und zusehends mehr Craft-Bier-Locations werden hier entdeckt. Sei es das Red Hot oder das Tap House, seien es schon länger existierende Kleinbrauereien, die zunehmend experimentierfreudiger werden, oder seien es Experimente der Großbrauereien, wie die von Paulaner abstammende Brauerei im Eiswerk.
Ein Bild von Münchens Bierkultur wäre aber unvollständig ohne die untrennbar zu Münchens Bierszene gehörenden alten Bierhallen und Ausschänke der Großbrauereien, die ihr ganz eigenes Flair haben. Selbst in den mit dem bayerischen Diminutiv (und meistens noch ohne Deppen-Apostroph…) verniedlichten Bräustüberln (oder Bräustüberl’n…) sitzt der Gast in recht großen Hallen, in denen an großen Tischen ebenso große Gefäße mit Bier serviert werden. Besonders zur Starkbierzeit, der fünften Jahreszeit der Münchner, darf man es sich eigentlich nicht entgehen lassen, auch einem dieser Ausschänke einen Besuch abzustatten und eines der kräftigen und malzigen –ator-Biere zu trinken.
Und so zog es uns am 9. März 2015 nach der Braukunst Live! denn auch noch an den Spiegeleier-, nein, halt, den Stiglmaierplatz, zum Löwenbräukeller.
Vor über 130 Jahren ist hier 1883 ein gewaltiger Bierpalast eröffnet worden, der in der folgenden Zeit Münchens Bierszene geprägt und weit über die Stadt hinaus bekannt geworden ist. Er diente nicht nur als Veranstaltungszentrum für Feste und Karneval, sondern hier wurde immer auch Politik gemacht. Beispielsweise nutzte Adolf Hitler den Löwenbräukeller für seine Versammlungen, als während des Zweiten Weltkriegs der Bürgerbräukeller nicht nutzbar war.
Im Dezember 1944 wurde der Löwenbräukeller zerstört, 1950 wieder aufgebaut, und tauchte fortan immer mal wieder in den Schlagzeilen auf. Sei es, dass 1973 bei einer Massenpanik hier mehrere Menschen ums Leben gekommen sind, sei es, dass der Festsaal 1986 völlig ausbrannte.
Heute, also 2015, ist der Löwenbräukeller nach wie vor eines der berühmtesten Veranstaltungszentren Münchens, und auch wenn die benachbarte Brauerei schon lange abgerissen und der Braubetrieb vor die Tore der Stadt verlegt worden ist, ist der Starkbieranstich hier nach wie vor eine große Attraktion.
Während unseres Besuchs beschränkten wir uns auf das Bräustüberl und wollten hier gut gelaunt den diesjährigen dunklen Doppelbock Triumphator genießen. Blitzschnell brachte die Bedienung das große Glas, und kräftig, dunkel, malzig strahlte uns das Bier an. Aber ach, ein echter Genuss sollte es nicht werden, fühlten wir uns doch vom seltsamen Geschäftsgebaren des Bräustüberls hintergangen und übervorteilt. In der Speise- und Getränkekarate war der halbe Liter mit 4,50 EUR bepreist, aber ein Aufsteller auf dem Tisch machte Reklame für „nur“ 4,90 EUR pro halbem Liter. Und natürlich bestand die Bedienung darauf, auch den höheren Preis abzurechnen.
Eigentlich nicht nur eine Unverschämtheit, sondern auch nicht legal und ein Fall für die Gewerbeaufsicht oder den Verbraucherschutz. Aber wie so oft – wegen 40 ct hat der Gast keine Lust, sich einen Ferientag zu vermiesen und größere Diskussionen anzufangen, gar den Geschäftsführer zu kontaktieren. Dazu war die kurze Zeit in München denn doch zu kostbar; andere Bierdestinationen lockten.
Und so bleiben der schale Nachgeschmack und die Absicht, hier, im Bräustüberl des Löwenbräukellers definitiv nicht wieder einzukehren. Ob’s den Geschäftsführer oder die Familie Schottenhamel stört? Ich weiß es nicht, aber andere Münchener Brauereien brauen auch gutes Starkbier und bieten ebenfalls eine schöne, klassische Bierhallenatmosphäre. Insofern: Alternativen gibt es genug.
Das Bräustüberl im Löwenbräukeller ist täglich durchgehend von 10:00 Uhr bis Mitternacht geöffnet; wer sich über die wunderliche Preisgestaltung amüsieren möchte, erreicht es problemlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln: Sowohl die U-Bahn-Linie 1 als auch die Straßenbahnlinien 20 und 21 halten am Stiglmaierplatz „direkt vor der Haustür“. Mit dem Auto sollte man es besser gar nicht erst versuchen…
Löwenbräukeller – Bräustüberl
Nymphenburger Straße 2
80 335 München
Bayern
Deutschland
Be the first to comment