Deutsche Kreativbrauer e.V.
Gründung und erster gemeinsamer Sud

Die Brauerbünde in Deutschland (Deutscher Brauer-Bund e.V., Bayerischer Brauerbund e.V.) machen in erster Linie mit leeren Ankündigungen, unerfüllten Versprechen, bigotter Dialektik und Paternalismus auf sich aufmerksam. Das sogenannte Reinheitsgebot von 1516 wird gedehnt und interpretiert, um es für die etablierten deutschen Großbrauereien so flexibel wie möglich zu gestalten, damit sie ihre Produktionsprozesse optimieren können, gleichzeitig wird dem ahnungslosen Otto Normalbiertrinker vorgegaukelt, die 1516 erlassene Regelung hätte tatsächlich seit über 500 Jahren unverändert Bestand, und dem kreativen Brauer wird verboten, seinem Bier interessante natürliche Zutaten hinzuzufügen.

Konfrontiert mit Kritik an ihrem Vorgehen, das einerseits die chemische Aufbereitung von Brauwasser erlaubt, die Filtration mit Kunststoffpartikeln nicht verbietet und sowohl Extraktion von Inhaltsstoffen als auch Pasteurisierung akzeptiert, andererseits aber die Zugabe von natürlichen Früchten, Gewürzen oder Kräutern als Teufelswerk verdammt, verkünden die Brauerbünde nun schon seit Jahren, an einer Anpassung der entsprechenden Vorschriften zu arbeiten.

Und?

Nichts passiert.

Behäbigen bayerischen Bierdimpfeln am Stammtisch gleich versucht man offensichtlich, die Sache auszusitzen.

Einigen kleineren deutschen Brauern wurde das nun zu viel, und sie haben 2016 den Verein Deutsche Kreativbrauer e.V. gegründet, um zu zeigen, dass sich etwas ändern muss und dass das paternalistische Aussitzen von berechtigten Wünschen und Ansprüchen und die immergleiche Dialektik ein Ende haben müssen.

Deutsche Kreativbrauer e.V., Reinheitsgebot, Natürlichkeitsgebot
Erster Sud der Deutschen Kreativbrauer
Foto: Rainer Wengel

Und während die Gründung des Vereins letztes Jahr noch weitgehend im Verborgenen und von der biertrinkenden Öffentlichkeit unbemerkt stattfand, war der erste Kreativsud am 22. April 2017, mit dem der Verein an die Öffentlichkeit ging, ein gewaltiger Paukenschlag und fand ein großes Echo in den Medien – sowohl den klassischen als auch den modernen elektronischen.

Im historischen Dorfbrauhaus in Unterweißenbrunn wurde ein Bier eingebraut, zu dem neben Hopfen, Malz, Hefe und Wasser auch Wacholder, Kümmel und Salz verwendet wurden. Eine dreifache Provokation!

Deutsche Kreativbrauer e.V., Reinheitsgebot, Natürlichkeitsgebot
Wacholder? Kümmel? Salz?
Foto: Rainer Wengel

Zum einen – erste Provokation – widersprechen die Zutaten der derzeit gültigen Interpretation des sogenannten Reinheitsgebots deutlich, obwohl sie in der Bayerischen Landesverordnung von 1616, also hundert Jahre nach Erlass des Gebots explizit zugelassen worden waren. Was ist also mit der Aussage der Brauerbünde, das sogenannte Reinheitsgebot habe bereits mehr als 500 Jahre Bestand? Was ist dann mit der Landesverordnung von vor 400 Jahren? Fake News?

Zum zweiten brauten die Kreativbrauer ihren Sud auf bayerischem Territorium. Zwar in der Rhön, ganz nahe der Landesgrenze, aber innerhalb Bayerns. Innerhalb des Bundeslandes also, das bisher keine einzige Ausnahme für Biere zugelassen hat, die andere Zutaten als Hopfen, Malz, Wasser und Hefe enthalten. Ein illegales Bier also. Eigentlich.

Und schließlich fand das Ganze – dritte Provokation – am Vortag des 501. Geburtstags des sogenannten Reinheitsgebots statt, sollte also genau am Tag des Biers, des von den Brauerbünden propagierten Tags des Reinheitsgebots, in der Öffentlichkeit für Reaktionen sorgen.

Deutsche Kreativbrauer e.V., Reinheitsgebot, Natürlichkeitsgebot
Andreas Seufert & Oliver Wesseloh
Foto: Rainer Wengel

Und jetzt? Sollen die Behörden einschreiten und auf das sogenannte Reinheitsgebot verweisen? Sollen sie damit noch mehr Öffentlichkeit herstellen und sich dann der Frage widmen müssen, wie weit es denn nun wirklich her sei mit der angeblich 500 Jahre langen unveränderten Gültigkeit einer längst überkommenen Vorschrift? Oder sollen sie es dulden und ein Auge zudrücken? Mit dem möglichen Resultat, dann faktisch einen Ausnahmetatbestand geschaffen zu haben? Was dann in den Medien sicherlich auch gebührend Beachtung finden wird? Eine feine Zwickmühle, und es wird interessant sein, zu verfolgen, was in den nächsten Tagen und Wochen passiert und wie die Brauerbünde sich zu dieser Aktion positionieren werden.

Die Kreativbrauer fordern statt des überkommenen Reinheitsgebots ein Natürlichkeitsgebot, in dem künstliche Roh- oder Hilfsstoffe und Extrakte genauso wenig Platz finden wie technische Verfahren, die nur der Kostensenkung oder künstlichen Verlängerung der Haltbarkeit dienen.

Ob’s bei den Brauerbünden funkt?

Bleiben wir am Ball!

Ein paar Fakten noch zum Verein Deutsche Kreativbrauer e.V., zitiert aus der Pressemitteilung des Vereins:

„Der neu gegründete Verein Deutsche Kreativbrauer versteht sich als Sprachrohr für die moderne Generation von Brauern, die Ihre Anliegen von bestehenden Vereinigungen nicht vertreten sehen. Der Verein tritt für eine Novellierung des vorläufigen Biergesetzes ein und sieht sich als Lobby der handwerklichen, kreativen Brauer. Die deutschen Kreativbrauer setzen sich für eine deutschland weit einheitliche Regelung ein, die Brauern in allen Bundesländern gleichermaßen das Brauen mit natürlichen Zutaten erlaubt.“

„Wir wollen mit unserem Verein, Deutsche Kreativbrauer e.V., einer modernen Generation von Brauern unter anderem als Sprachrohr dienen und deren Interessen auch abseits des sogenannten Reinheitsgebotes vertreten.

Zweck des Vereins ist die Wahrnehmung und Förderung der gemeinsamen Interessen der Kreativbrauer Deutschlands, die Etablierung und Schutz der Marken ‚Kreativbrauer‘ und ‚Natürlichkeitsgebot‘ so wie die Aufklärung über die Unzulänglichkeiten der rechtlichen Umsetzung des sogenannten ‚Reinheitsgebotes‘ in Form des VorlBierG und der Verordnung zur Durchführung des vorläufigen Biergesetzes.

Der Verein ist parteipolitisch, weltanschaulich und konfessionell unabhängig.

Der Verein tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen und anderen diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegen – das beinhaltet auch ganz explizit die Diskriminierung von kreativen Brauern in Deutschland die natürliche Rohstoffe abseits des sogenannten ‚Reinheitsgebotes‘ verwenden wollen!“

Gründungsmitglieder des Vereins sind:
Andreas Seufert (1. Vorsitzender) – Pax Bräu Oberelsbach
Oliver Wesseloh (2. Vorsitzender) – Kehrwieder Kreativbrauerei
Thomas Wachno (Schriftführer) – Hopfenstopfer
Christian Hans Müller (Kassenwart) – Hanscraft & Co.
Kolja Gigla – Mashsee Brauerei
Johannes Heidenpeter – Heidenpeters
Simon Siemsglüss – Buddelship Brauerei Hamburg
Fritz Wülfing – Ale-Mania Craftbeer
Thorsten Schoppe – Schoppe Bräu Berlin
Maximilian Krieger – Riedenburger Brauhaus

Bilder vom ersten gemeinsamen Sud
Fotos: Rainer Wengel

Deutsche Kreativbrauer e.V.
Gründung und erster gemeinsamer Sud
Schlottergasse / Am Langenberg
97 653 Unterweißenbrunn
Bayern
Deutschland

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6 Kommentare

  1. Dem Vorhaben der deutschen Kreativbrauer kann ich nur uneingeschränkt zustimmen. Das deutsche Reinheitsgebot ist nicht mehr als ein Marketinglabel und wie es bei Werbung so ist, darf der Verbraucher gerne hinters Licht geführt werden.

    Ein Natürlichkeitsgebot wäre ehrlicher und hoffentlich dann auch ohne die heute erlaubten zahlreichen Ausnamhmen des Reinheitsgebotes.

    Als ich vor über 30 Jahren in einer bayerischen Großbrauerei lernte, wunderte ich mich damals schon, was da alles seinen Weg ins ach so reine Bier gefunden hat.

    Also, Gas geben und nicht locker lassen :-)

      • Hallo, Jörg,

        ob der Verein dafür jetzt schon genug Kraft hat, kann ich nicht beurteilen. Ich hoffe es. Und wenn nicht, so hoffe ich, dass er es bald haben wird, denn ich gehe davon aus, dass ihm noch mehr Mitglieder beitreten werden.

        Es bleibt spannend!

        Mit bestem Gruß,

        Volker

    • Danke, Willi, für Deinen Kommentar.

      Ja, ich kann Dir in Deinen Anmerkungen nur voll und ganz zustimmen. Ich habe mittlerweile viele hundert Brauereien besucht (zahlreiche davon natürlich auch außerhalb Deutschlands), und ich bin (auch innerhalb Deutschlands) immer wieder überrascht, wie oft ich Kanister mit Färbebier sehe, die schnell verschämt an die Seite geräumt werden, wenn ich ein Foto machen möchte, und wie oft auch verschiedene Mineralsalze hinzugegeben werden, um den pH Wert der Maische anzupassen, und, und, und. Vieles davon mag vom sogenannten Reinheitsgebot, also dem vorläufigen Biergesetz, gedeckt sein, vieles davon vielleicht auch halblegal gemacht werden. Die Brauerbünde schweigen darüber…

      Mit bestem Gruß,

      Volker

      • Mich würde einmal interessieren, was das Problem mit der Zugabe von Mineralsalzen in Wasser ist. Wasser ist doch immer etwas Anderes als H2O, also in der Regel H2O plus Mineralsalze. Wenn man also Wasser Mineralsalze zusetzt, erhält man nichts anderes als Wasser.

        Was ist denn nun – sog. Reinheitsgebot hin oder her – konkret das Problem mit den Mineralsalzen?

  2. Hallo, David, herzlichen Dank für Deinen Kommentar.

    Was das Problem mit dem Aufsalzen des Brauwassers ist? Wohl grundsätzlich eher ein philosophisches. In der Vergangenheit haben Brauereien ihr Wasser so benutzt, wie sie es vorgefunden haben, und so haben sich in unterschiedlichen Regionen der Welt auch unterschiedliche Bierstile entwickelt. Burton on Trent oder Dortmund mit ihren sehr harten Wässern, Plzeň mit seinem extrem weichen Wasser.

    Lässt man nun ein Aufsalzen, oder mehr noch, ein komplettes Demineralisieren mit anschließendem, kontrolliertem Wieder-Mineralisieren zu, entfernt man sich von der ursprünglichen Idee, beim Brauen ein weitestgehend natürliches Getränk herzustellen.

    Nicht viel anders ist es – eigentlich… – bei der Verwendung von chemisch ziemlich inertem PVPP. Man krümelt Plastik ins Bier, Eiweiß- und sonstige Trubstoffe lagern sich an diese Plastikteilchen an und werden mitsamt dem Plastik wieder rausgefiltert. Wo ist das Problem, wenn doch alles wieder rausgefiltert wird?

    Die Frage ist, wo man die Grenze ziehen möchte.

    Geht es um das sogenannte Reinheitsgebot im Geiste von 1516? Dann sollte man auf jeglichen technischen Krimskrams verzichten. Geht es darum, den größeren Brauereien zu ermöglichen, unabhängig von ihrem Standort und der dortigen Wasserqualität jedes beliebige Bier zu brauen, dann sollte man die Behandlung des Wassers erlauben. Aaaber! Dann sollte man bitteschön, jeglichen Verweis auf das sogenannte Reinheitsgebot weglassen, denn dieses ist ein Gebot aus einer Zeit, in der man von chemischer und physikalischer Behandlung des Brauwasser (fast) nichts wusste.

    Es wird also zu einem Glaubwürdigkeitsproblem.

    Und dieses Glaubwürdigkeitsproblem versuchen die Kreativbrauer auszuräumen, indem sie einerseit auf die Unstimmigkeiten in der sehr beliebigen Interpretation des sogenannte Reinheitsgebots durch die Brauerbünde hinweisen und andererseits dahin streben, nur natürliche und unbehandelte (und das schließt das Wasser eigentlich (!) mit ein…) Zutaten zuzulassen.

    Womit wir beim kritischen Punkt wären: Denn wenn man einfach Wasser „aus dem Wasserhahn“ verwendet, ist es in vielen Regionen Deutschlands doch schon vorbehandelt. Es ist enteisent, gechlort oder manchmal auch – leicht – enthärtet. Sehr schwierig also auch für die Kreativbrauer, wirklich konsequent zu handeln. Deswegen meine Einschränkung „eigentlich (!)“…

    Wie gesagt – eine philosophische Frage.

    Mit bestem Gruß,

    Volker

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