Bierometer 2? Was für ein seltsamer Name für ein Bierlokal mitten im 5. Bezirk Wiens, der lediglich etwas verständlicher wird, wenn man weiß, dass es in den Gasometern in Simmering ein Bier-Restaurant namens Bierometer gibt (dort passt der Name ja auch hin), und dass das Bierometer 2 angelehnt an dessen Konzept entstanden ist. Der Name hat dann zwar mit dem Bezirk Margareten nix mehr zu tun, aber sei’s drum.
Bierometer 2 also.
Mittagszeit in Margareten. Ich bin gerade erst angereist, habe den Koffer ins Hotelzimmer gestellt, noch anderthalb Stunden bis zum ersten Termin und Hunger. Jede zweite Straßenecke hier im Bezirk bietet ein kleines Restaurant oder einen Imbiss für einen schnellen Mittagstisch. Ein kurzer Spaziergang, in meinem Hinterkopf baut sich eine Rangliste auf (indisch, chinesisch, gutbürgerlich wienerisch, …), bis das Bierometer 2 vor mir auftaucht. Mit Leuchtfarbe auf eine schwarze Tafel geschrieben sehe ich eine – kurze! – Craftbier-Liste. Okay, damit ist die mentale Rangliste gegenstandslos, dann wird also hier gegessen.
Mit wenigen Schritten durchquere ich den Terrassenbereich, der heute, in der unangenehmen Kühle, verwaist da liegt, und betrete den Schankraum. Allzu viel los ist nicht über die Mittagszeit, insofern habe ich ziemlich freie Platzwahl und freue mich, einen Tisch direkt am Fenster nehmen zu können.
Die angedeutete Ziegelmauer, die als Theke dient, trägt sieben Zapfhähne, die allerdings nichts Interessantes anbieten. Sechs Biere in Allerwelts-Stilen, streng nach dem Motto: Keine Experimente. Am siebten Hahn hängt ein Radler…
Das Craftbier-Angebot beschränkt sich hier also auf die Flaschen. Etwas von Gusswerk, etwas von BrewAge, etwas von Next Level. Dazu Brooklyn, La Chouffe und Tennents. Und Schluss. Nicht gerade sehr groß, die Auswahl. Ich bestelle mir das Local Hero, ein Easy Pale Ale von Next Level. Ein hopfig-fruchtig-aromatisches Bier mit nicht übermäßig viel Alkohol. Dazu ein Tagesgericht mit Suppe.
Das Bier kommt, gut gekühlt, und der aufmerksame junge Kellner fragt, ob ich lieber selbst einschenken wolle. Pluspunkt! Das möchte ich in der Tat. Nichts ist schlimmer als die Attitüde in selbsternannten Edellokalen, bei denen der Kellner lustlos einen Schluck Bier ins Glas schüttet, um der Etikette Genüge getan zu haben, dabei aber bar jeglicher Ahnung herumpantscht und schlimmstenfalls einen Hefebodensatz, der besser in der Flasche geblieben wäre, aufwirbelt.
Während ich noch einschenke, kommt die Tagessuppe ebenfalls schon an den Tisch. Der Service ist blitzschnell; offensichtlich hat man sich angepasst an die Gäste, die nur eben in ihrer knapp bemessenen Mittagspause ganz schnell etwas essen möchten.
Das Bier gefällt. 5,3% Alkohol, schöne, fruchtige Hopfenaromen, die beim Einschenken schon in die Nase steigen, ein erfrischender, leicht spritziger Antrunk, auf der Zunge dann recht schlank mit einer ausgeprägten, aber nicht zu dominanten Bittere, die im Abgang ganz sauber bleibt. Ein schönes Bier!
Der Hauptgang wird serviert, als ich die Suppe gerade aufgegessen habe. Es geht wirklich Schlag auf Schlag. Und kaum habe ich die Gabel nach dem letzten Bissen an die Seite gelegt, werde ich auch schon freundlich gefragt, ob ich es eilig habe und die Rechnung haben möchte, oder ob noch Zeit für einen Kaffee sei. Das Ganze geschieht unaufdringlich, eher im Bewusstsein, dass der Gast vermutlich keine Zeit haben könnte. Nicht so, wie in den USA, wo Restaurantbesuche allein schon deshalb keinen Spaß mehr machen, weil man nach dem letzten Bissen geradezu zum Bezahlen und Verlassen genötigt wird, der Tisch muss ja für die nächsten Gäste freiwerden.
Ich blicke auf die Uhr. Vom Betreten des Lokals bis zum Bezahlen hätte ich es in 25 Minuten schaffen können. In der Tat, mittagspausenoptimiert!
Ich gönne mir allerdings noch einen Kaffee, sprenge damit die imaginäre Zeitkalkulation und gewinne einen Moment Zeit zum Nachdenken. Hat es mir hier jetzt gefallen? Eigentlich schon. Die Atmosphäre ist nett, der Service blitzschnell, sehr aufmerksam und freundlich, der Mittagstisch einfach, aber preiswert, und das eine Bier, das ich probiert habe, war ausgezeichnet.
Und doch: Unter der Bezeichnung Bierometer hätte ich mir eine größere und abwechslungsreichere Bierauswahl gewünscht. Hier steht der Begriff Bierlokal noch für eine Kultur, die eher auf Menge als auf Qualität ausgerichtet ist, auch wenn mit dem Flaschenbierangebot ein erster Schritt in die richtige Richtung erfolgt ist. Der Weg ist aber noch ein weiter.
Das Bierlokal Bierometer 2 in Margareten ist täglich ab, tja, ab wann denn nun geöffnet? Die Facebook-Seite spricht von 10:00 Uhr, die eher etwas anfängerhaft gestaltete Website in einem angepinnten Notizzettel von 11:00 Uhr, in der Fußnote, in der auch die Adresse steht, von 08:00 Uhr. Aber mit der Internetpräsenz hat man es offensichtlich sowieso nicht so. Die letzte Aktualisierung der Facebook-Präsenz erfolgte vor einem Jahr; und auf der Website hat das Craftbier-Angebot noch keine Erwähnung gefunden. Nicht nur dilettantisch, sondern auch ärgerlich, wenn ein Gast sich auf Angaben, die er im Netz recherchiert, verlässt und dann statt des erhofften Frühstücks oder Frühschoppens nur eine verschlossene Tür vorfindet. Mittags bis abends ist aber geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist das Lokal von der U-Bahn-Station Pilgramgasse (Linie U4) in drei Minuten zu Fuß.
Bierometer 2
Margaretenplatz 9
1050 Wien
Österreich
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